Brüssel. Die EU will die Beziehungen zu sechs postsowjetischen Staaten ausbauen – und wird beim Gipfel in Brüssel auf nötige Reformen drängen.

Es ist ein ehrgeiziges Projekt der EU-Außenpolitik: Nach der EU-Ost­erweiterung von 2004 sollen die neuen Nachbarn weiter östlich in einem „Ring von Freunden“ näher an die Union rücken: Sechs postsowjetischen Staaten – Ukraine, Moldau, Georgien, Aserbaidschan, Armenien und Weißrussland – macht die EU deshalb in einer 2008 ins Leben gerufenen „Östlichen Partnerschaft“ umfangreiche Kooperations- und Hilfsangebote. So sollen die Beziehungen zur EU gestärkt, die wirtschaftliche Zusammenarbeit ausgebaut und beides an politische Reformen geknüpft werden.

Doch wenn an diesem Freitag in Brüssel die Regierungschefs der EU und der sechs östlichen Partnerländer zu ihrem fünften Gipfel zusammenkommen, herrscht Ernüchterung: Die Partner sind unzufrieden mit ihrer Perspektive, die EU vermisst Reformfortschritte.

Die Region ist weiter von Instabilität geprägt, sagt EU-Politiker David McAllister

Der EU-Außenpolitiker David McAllister (CDU) plädiert schon für eine Überarbeitung der Angebote: Zwar sieht er Fortschritte in vielen Feldern, etwa durch die Freihandelszonen mit Georgien, Moldau und der Ukraine.

Doch der Chef des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten des EU-Parlaments stellt ebenso klar: „Die politische Wirklichkeit hat gezeigt, dass das System der Anreize teilweise missverstanden oder ignoriert wurde. Notwendige Reformen kommen nur schleppend voran.“ Die Region sei weiter von großer Instabilität geprägt, wie nachbarschaftliche Spannungen, Menschenrechtsverstöße, Korruption oder Verletzungen der Medienfreiheit zeigten.

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    Finanzhilfen sind von der Reformbereitschaft abhängig

    Die Gipfelerklärung wird nicht ganz so deutlich ausfallen, aber die Botschaft ist klar: Die EU will ihre Beziehungen zu den östlichen Nachbarländern ausbauen, dringt aber auf Fortschritte bei rechtsstaatlichen Reformen. Die finanzielle Unterstützung der EU, Umfang und Tiefe der Zusammenarbeit werde durch konkrete Reformschritte bestimmt, heißt es im Erklärungsentwurf, der dieser Zeitung vorliegt. Hervorgehoben werden die Notwendigkeit von Reformen in der öffentlichen Verwaltung sowie im Justizwesen und die Bekämpfung der Korruption.

    Russland betrachtet Partnerschaft skeptisch

    Uneinigkeit zwischen den Gipfelteilnehmern herrschte im Vorfeld bei der Bewertung von Konflikten in der Region, vor allem dem Vorgehen Russlands auf der Krim und in der Ostukraine. EU-Diplomaten in Brüssel berichten von zähen Verhandlungen. Die EU wird den Staaten zusichern, dass ihre territoriale Unversehrtheit und Souveränität unterstützt wird.

    Wohl mit Blick auf Russland heißt es aber auch, die Zusammenarbeit richte sich gegen niemanden. Russland betrachtet die Östliche Partnerschaft von Anfang an sehr skeptisch. „Das Projekt war nie als konfrontative Maßnahme gegen Russland konzipiert“, versichert McAllister. Und er betont: „Eine EU-Mitgliedschaft war und ist nicht Ziel der Östlichen Partnerschaft“.

    Um einen Fahrplan für den EU-Beitritt wird es nicht gehen

    Doch Georgien, Moldau und die Ukraine machen Druck für einen schnellen EU-Beitritt. Sie forderten sogar, der Gipfel müsse dafür einen Fahrplan festlegen. Das wird nicht passieren. Stattdessen verspricht die EU nun Unterstützung beim Grenzmanagement, dem Kampf gegen Terrorismus, organisierte Kriminalität oder illegale Migration. Der Luftverkehr soll ausgebaut, die Zusammenarbeit im Energiebereich verbessert werden.