Berlin. Bei den Sondierungsgesprächen von CDU, CSU, FDP und Grüne stand am Montag Soziales im Fokus. Das Gesprächsklima hat sich verbessert.

Glaubt man den Managern von CDU, CSU, FDP und Grünen, haben die Verhandlungen der Jamaika-Parteien am Montag in „sehr guter“, in „sehr konstruktiver“ oder auch in „sehr aufgeräumter“ Atmosphäre stattgefunden. Das stürmische Wetter habe geholfen, dass „der Pulverdampf vom vergangenen Donnerstag verflogen“ sei, meinte der Bundesgeschäftsführer der Grünen, Michael Kellner. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer nannte die Tage, in denen nicht verhandelt wurde, eine „Denkpause“, die gut getan habe.

Demonstrativ scherzend waren die beiden mit ihren Kollegen von CDU und FDP, Peter Tauber und Nicola Beer, am Abend vor die Kameras gegangen. Sie wollten zeigen, dass man gut zusammenarbeiten kann auf dem Weg in eine Jamaika-Koalition. In der vergangenen Woche sah das stellenweise anders aus. Da hatten sich die Unterhändler ordentlich verhakt. Die Fragen, wie die Zahl der Flüchtlinge begrenzt und wie die Menge an Treibhausgasen gesenkt werden kann, gelten seither als die Punkte, an denen ein schwarz-gelb-grünes Regierungsbündnis noch scheitern kann.

Verschwiegenheit und Verlässlichkeit testen

Damit es nicht so weit kommt, hatten sich die fünf Parteichefs und Chefverhandler am Sonntagabend in der bayerischen Landesvertretung zu einem bis zuletzt geheim gehaltenen Gespräch getroffen. Viereinhalb Stunden bis kurz vor Mitternacht saß man da beim Wein in kleinster Runde zusammen und versuchte, gegenseitig mehr Vertrauen zueinander zu fassen. Mehr wurde über das Treffen nicht bekannt, was auch genau das Ziel war: die Verschwiegenheit und Verlässlichkeit der anderen zu testen.

Als sicher gilt jedoch, dass dabei nicht nur angestoßen wurde, sondern dass auch genau die kritischen Themen Migration und Klimaschutz angesprochen wurden. Im ersten Fall braucht die CSU einen sichtbaren Erfolg, beim zweiten die Grünen. CSU-Chef Horst Seehofer lobte Montagfrüh die gute Atmosphäre bei dem Treffen, auch wenn man in den nächsten Wochen „bei den Inhalten noch viel auflösen“ müsse. Man wolle ein Zukunftsprojekt für eine stabile Regierung formulieren. Ins Detail wollte Seehofer nicht gehen, denn: „Wer Lösungen will, muss miteinander reden und in der Öffentlichkeit zurückhaltend sein.“

Kanzlerin äußerte sich noch nicht

Das galt dann aber nur für die Chefetage. Denn noch während Seehofer das sagte, hatte sich der Chef der CSU-Abgeordneten im Bundestag, Alexander Dobrindt, vor eine andere Fernsehkamera gestellt und schoss weiter gegen die Grünen: Die würden bei der Migration noch immer eine weltfremde Haltung an den Tag legen und „das Scheitern der Verhandlungen provozieren“. Während er das sagte, ging CDU-Chefin Angela Merkel im Hintergrund wie immer wortlos an den Kameras vorbei. Die Kanzlerin hat sich bisher noch nicht öffentlich zum Verlauf der Gespräche geäußert.

Die Hoffnung, dass die Sondierungen und später die eigentlichen Koalitionsverhandlungen schneller fertig werden, näherte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Vor Weihnachten könne man „im Grunde fertig“ sein, sagte er voraus. Im Januar werde dann möglicherweise die Kanzlerin gewählt. Bis auf den Klimaschutz und die Migration könnten bei allen Themen Kompromisse gefunden werden.

Das Bafög soll modernisiert werden

Bei der Rente zum Beispiel wollten alle Beteiligten möglichst viel Flexibilisierung erreichen. „Möglichst viele Menschen sollen dann aussteigen, wenn sie es wollen“, sagte Haseloff. Grundsätzlich wolle man an der Rente mit 67 festhalten. Ein Ende der für einige Arbeitnehmer inzwischen möglichen Rente mit 63 werde es nicht geben, widersprach Haseloff einer Forderung seines Parteifreunds Jens Spahn.

An konkreten Ergebnissen konnten die vier Parteien am Montag vermelden, dass sie die Ausgaben für Bildung und Forschung steigern wollen. In den nächsten acht Jahren sollen dafür zehn Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung aufgewendet werden. Für Forschung und Entwicklung sollen 3,5 Prozent ausgegeben werden. Mehr Studierende sollen ihre Ausbildung finanziert bekommen, indem das Bafög modernisiert wird.

Um die Digitalisierung voranzutreiben, wollen Union, FDP und Grüne noch mehr Glasfaserkabel verlegen, den Mobilfunk schneller machen und Funklöcher schließen.Wie das bezahlt werden soll, ist aber noch offen. Auch darüber, wie die Bürgerrechte im digitalen Zeitalter gewahrt werden, soll noch gesprochen werden. Nach der Feiertagspause sollen am Donnerstag die beiden bisher größten Streitthemen Klima und Migration noch einmal auf den Tisch kommen. Dann wird sich zeigen, ob die gute Stimmung tatsächlich hält.