Barcelona/Madrid. „Wir werden alle Mittel nutzen“: Spaniens Ministerpräsident Rajoy zeigt, dass er eine Abspaltung Kataloniens unbedingt verhindern will.

Lange hüllte sich Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy darüber in Schweigen, wie er die einseitige Abspaltung der spanischen Region Katalonien aufhalten will. Kurz vor der erwarteten Unabhängigkeitserklärung ließ er die Katze aus dem Sack: Er drohte der katalanischen Separatistenregierung in Barcelona mit der zwangsweisen Entmachtung, wenn sie nicht ihren rechtswidrigen Sezessionskurs aufgebe.

„Wir werden alle Mittel nutzen, die uns die Gesetzgebung gibt“, sagte Rajoy in einem Gespräch mit „El Pais“, Spaniens größter Tageszeitung. Zu diesen Mitteln zähle der Artikel 155 der spanischen Verfassung, mit welchem die spanische Zentralregierung in Madrid die Kontrolle über die Region und die Funktionen der katalanischen Regierung übernehmen kann. Auch die Ausrufung des Notstandes, mit dem die Befugnisse von Regierung, Polizei und Militär ausgeweitet werden, sei möglich.

Rajoy lehnt Verhandlungen ab

„Ich schließe nichts aus“, sagte Rajoy. Er machte klar, dass die Suspendierung der katalanischen Autonomie und die Einschränkung der Bürgerrechte das letzte Mittel seien, um die illegale Abspaltung Kataloniens zu stoppen. „Es wäre wünschenswert, wenn wir keine drastischen Entscheidungen treffen müssen.“ Aber damit dies nicht geschehe, müsse die katalanische Regionalregierung umschwenken und ihrem gegen die Verfassung verstoßenden Unabhängigkeitsplan abschwören.

Verhandlungen mit der katalanischen Führung lehnt Rajoy unter Hinweis auf das verfassungsfeindliche Vorgehen der Separatisten ab: „Glaubt wirklich jemand, dass irgendeine Staatsregierung angesichts einer angedrohten Abspaltung verhandeln wird?“ Zumal die katalanische Regierung nur das Ziel der Unabhängigkeit vor Augen habe und sich „keinen Zentimeter“ bewege.

Größte prospanische Demonstration in Europa

Kataloniens Ministerpräsident Carles Puigdemont hatte angekündigt, dass er am Dienstagnachmittag um 18 Uhr im katalanischen Parlament erscheinen will, um die Abgeordneten „über die aktuelle politische Lage“ zu informieren. Eine Sitzung der Kammer an diesem Montag war vom spanischen Verfassungsgericht suspendiert worden. Spaniens Regierung befürchtet, dass Puigdemonts Auftritt nur als Vorwand dazu dienen könnte, um die Unabhängigkeitserklärung zu präsentieren und zu verabschieden.

Spanische, katalanische und europäische Flaggen schwenkten die Demonstranten in Barcelona.
Spanische, katalanische und europäische Flaggen schwenkten die Demonstranten in Barcelona. © Getty Images | Jeff J Mitchell

Am Sonntag demonstrierten Hunderttausende in der katalanischen Hauptstadt Barcelona – diesmal gegen eine Unabhängigkeitserklärung. Sie trafen sich im Stadtzentrum mit spanischen und katalanischen Flaggen. Die Polizei sprach von 350.000 Demonstranten, die Organisatoren von einer Million. Aufgerufen zur Kundgebung hatte die „Katalanische Zivilgesellschaft“, die die schweigende Mehrheit der Katalanen mobilisieren will. Es war die größte prospanische Demonstration in Barcelona.

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