Berlin. CSU-Chef Horst Seehofer sieht sich vor den Gesprächen mit der CDU und Angela Merkel mit einer ersten Rücktrittsforderung konfrontiert.

Es wird ein entscheidendes Wochenende: Für die Union, aber auch für die Idee einer Jamaika-Koalition aus Union, FDP und Grünen. Am Sonntag um zwölf Uhr treffen sich Verhandlungsgruppen der Schwesterparteien in der Berliner CDU-Zentrale. Zuvor versuchen die CDU-Vorsitzende, Bundeskanzlerin Angela Merkel, und CSU-Chef Horst Seehofer unter vier Augen eine Grundlage für eine Einigung zu schaffen. Ziel des Treffens ist, mit einer gemeinsamen Linie in die möglichen Sondierungen mit FDP und Grünen zu gehen.

Der seit Monaten laufende Streit über eine Obergrenze wird zentrales Thema des Spitzentreffens sein. Die CSU fordert die Aufnahme von höchstens 200.000 Flüchtlingen pro Jahr. Merkel lehnt eine solche pauschale Festlegung klar ab – Grüne und FDP auch. Doch Seehofer gab sich am Freitag unnachgiebig. „Ich kann ohne eine Lösung zur Obergrenze zu meiner Basis nicht zurück“, sagte er in München. Ob er auf dem Wort Obergrenze bestehen wird, ließ er allerdings offen.

Personelle Konsequenzen sollen im November Thema werden

Seehofer steht parteiintern weiter unter Druck. Der CSU-Politiker Peter Gauweiler forderte seine Partei beispielsweise auf, vor dem Eintritt in Koalitionsverhandlungen die Führungsfrage zu klären. Die CSU müsse jetzt entscheiden, ob sie weiter von Seehofer oder vom bayerischen Finanzminister Markus Söder geführt werden soll, sagte Gauweiler der „Süddeutschen Zeitung“ .

Peter Gauweiler (CSU).
Peter Gauweiler (CSU). © imago/Klaus W. Schmidt | Klaus W. Schmidt

Koalitionsverhandlungen seien nicht dazu da, das Ende eines Parteichefs hinauszuschieben. Gauweiler sagte, es gebe von Rilke das schöne Gedicht über den Herbst, in dem es heißt: „Herr, es ist Zeit, der Sommer war sehr groß“. Das gelte jetzt für die CSU: „Horst, es ist Zeit.“ Über mögliche personelle Konsequenzen nach der Wahl will die bayerische Schwester der CDU erst auf dem Parteitag im November entscheiden. Die CSU war bei der Bundestagswahl auf 38,8 Prozent abgestürzt, mehr als zehn Prozentpunkte weniger als 2013.

Mehrheit der Deutschen ist für die Obergrenze

Auch Merkel muss sich Kritik gefallen lassen. Die Junge Union (JU) pochte zum Auftakt ihres „Deutschlandtags“ in Dresden auf eine Schärfung des konservativen Profils – und eine klare Begrenzung der Zuwanderung. Der Chef des CDU-Wirtschaftsrats, Wolfgang Steiger, sagte unserer Redaktion: „Die offene und verdeckte Einwanderung in die Sozialsysteme via Asylrecht muss begrenzt werden. Der notwendige, zeitweilige humanitäre Schutz kann nicht zum Dauerbleiberecht werden und Sozialtransfers begründen.“

Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov zufolge befürwortet eine Mehrheit der Deutschen mittlerweile eine Obergrenze für den Zuzug von Flüchtlingen. 56 Prozent seien für die Forderung der CSU, eine konkrete Zahl im neuen Koalitionsvertrag zu verankern. 28 Prozent der Befragten sprachen sich dagegen aus. Bei den Unions-Wählern sind 55 Prozent dafür und 36 Prozent dagegen.

In Bildern: Sieger und Verlierer der Bundestagswahl

Die Alternative für Deutschland (AfD) ist eine der Gewinnerinnen der Bundestagswahl. Spitzenkandidat Alexander Gauland ist dementsprechend gut gelaunt.
Die Alternative für Deutschland (AfD) ist eine der Gewinnerinnen der Bundestagswahl. Spitzenkandidat Alexander Gauland ist dementsprechend gut gelaunt. © REUTERS | WOLFGANG RATTAY
Auch Beatrix von Storch, stellvertende Parteisprecherin der AfD, strahlt. Die Partei zieht erstmals in den Bundestag ein - und dann gleich als drittstärkste Kraft.
Auch Beatrix von Storch, stellvertende Parteisprecherin der AfD, strahlt. Die Partei zieht erstmals in den Bundestag ein - und dann gleich als drittstärkste Kraft. © dpa | Bernd Von Jutrczenka
Ausgelassene Stimmung auf der Wahlparty der AfD.
Ausgelassene Stimmung auf der Wahlparty der AfD. © dpa | Bernd Von Jutrczenka
Auf der Wahlparty der SPD sorgt die erste Prognose dagegen für lange Gesichter. Die Partei stürzt auf ein Rekordtief.
Auf der Wahlparty der SPD sorgt die erste Prognose dagegen für lange Gesichter. Die Partei stürzt auf ein Rekordtief. © dpa | Christian Charisius
Auch diese Gäste der Wahlparty der SPD reagieren enttäuscht und müssen erst einmal durchatmen.
Auch diese Gäste der Wahlparty der SPD reagieren enttäuscht und müssen erst einmal durchatmen. © dpa | Wolfgang Kumm
„Keine GROKO mehr“: Nicht nur dieser SPD-Anhänger sondern auch das Spitzenpersonal der Partei erklärt die Große Koalition aus Union und SPD für beendet.
„Keine GROKO mehr“: Nicht nur dieser SPD-Anhänger sondern auch das Spitzenpersonal der Partei erklärt die Große Koalition aus Union und SPD für beendet. © dpa | Christian Charisius
SPD-Spitzenkandidat Martin sprach vor den Anhängern von einem bitteren Tag für die Sozialdemokratie.
SPD-Spitzenkandidat Martin sprach vor den Anhängern von einem bitteren Tag für die Sozialdemokratie. © REUTERS | MICHAEL DALDER
Anhänger der Union jubeln. Aber ganz zufrieden können die Christdemokraten nicht sein. Sie werden zwar die größte Fraktion stellen, haben aber dramatisch an Wählerstimmen verloren.
Anhänger der Union jubeln. Aber ganz zufrieden können die Christdemokraten nicht sein. Sie werden zwar die größte Fraktion stellen, haben aber dramatisch an Wählerstimmen verloren. © REUTERS | KAI PFAFFENBACH
Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte in ihrer ersten Reaktion: „Wir haben einen Auftrag, eine Regierung zu bilden. Und gegen uns kann keine Regierung gebildet werden.“
Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte in ihrer ersten Reaktion: „Wir haben einen Auftrag, eine Regierung zu bilden. Und gegen uns kann keine Regierung gebildet werden.“ © REUTERS | KAI PFAFFENBACH
Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer erlebte ein Desater. Die Partei fuhr das vorraussichtlich schlechteste Bundestagswahlergebnis seit 1949 ein.
Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer erlebte ein Desater. Die Partei fuhr das vorraussichtlich schlechteste Bundestagswahlergebnis seit 1949 ein. © REUTERS | Michaela Rehle
Katja Kipping, Bundesvorsitzende der Partei Die Linke, freut sich mit Parteianhängern.
Katja Kipping, Bundesvorsitzende der Partei Die Linke, freut sich mit Parteianhängern. © dpa | Britta Pedersen
Auch die Gäste der Wahlparty von Bündnis 90/Die Grünen sind mit dem Abschneiden ihrer Partei zufrieden.
Auch die Gäste der Wahlparty von Bündnis 90/Die Grünen sind mit dem Abschneiden ihrer Partei zufrieden. © dpa | Soeren Stache
Die Spitzenkandidaten der Partei, Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt, sind sichtlich erleichtert.
Die Spitzenkandidaten der Partei, Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt, sind sichtlich erleichtert. © dpa | Ralf Hirschberger
Die Anhänger der FDP freuen sich darüber, dass der Partei nach vier Jahren die Rückkehr in den Bundestag gelingt.
Die Anhänger der FDP freuen sich darüber, dass der Partei nach vier Jahren die Rückkehr in den Bundestag gelingt. © REUTERS | RALPH ORLOWSKI
Christian Lindner, Bundesvorsitzender und Spitzenkandidat der FDP, wird im Hans-Dietrich-Genscher-Haus in Berlin frenetisch bejubelt.
Christian Lindner, Bundesvorsitzender und Spitzenkandidat der FDP, wird im Hans-Dietrich-Genscher-Haus in Berlin frenetisch bejubelt. © dpa | Federico Gambarini
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