Berlin. Der katalanische Ministerpräsident Puigdemont und Spaniens Ministerpräsident Rajoy sollten nach dem Referendum einen Moment innehalten.

Die Bilder aus Barcelona passen nicht zu einem Europa, das auf Werte wie Demokratie und Rechtsstaatlichkeit so stolz ist. Das Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien wurde zu einem unwürdigen Schauspiel politischer Eskalation – von beiden Seiten. Die spanische Polizei ging mit Schlagstöcken und Gummigeschossen gegen Bürger vor, die über die Abspaltung ihrer Region von Spanien abstimmen wollten.

Ein einseitiges Votum ist zwar nach der spanischen Verfassung nicht erlaubt. Doch dies rechtfertigt nicht einen derart massiven Einsatz der Sicherheitskräfte, der jedes Gespür für die Verhältnismäßigkeit der Mittel vermissen lässt. Hier schießt der konservative Ministerpräsident Mariano Rajoy weit über das Ziel hinaus. Der katalanische Regierungschef Carles Puigdemont wiederum will die Loslösung von Spanien durchdrücken – koste es, was es wolle.

Puigdemont und Rajoy liefern sich verbissenes Duell

Es ist ein Duell der Hitzköpfe, in das sich Puigdemont und Rajoy verbissen haben. Nach der Zuspitzung vom Sonntag sollten beide Akteure einen Moment innehalten und Abstriche von ihren Maximal-Positionen machen. Ein unabhängiges Katalonien passt nicht in die Landschaft einer global vernetzten Welt, in der es vor allem auf verstärkte Zusammenarbeit und Kommunikation ankommt. Europa braucht nicht noch mehr Kleinstaaterei. Wohin soll das führen: Zu einem unabhängigen Flandern, Korsika oder Tirol?

Es wäre eine rückwärtsgewandte Flickenteppich-EU. Dennoch ist der Unmut der Katalanen zu verstehen. Sie verfügen über eine eigene Sprache und Kultur, die sich über Jahrhunderte entwickelt haben. Zudem fühlt sich die wirtschaftsstarke Region finanziell von Madrid untergebuttert. 16 Milliarden Euro pro Jahr fließen an die Zentrale. Der Wunsch nach mehr Autonomie und Selbstverwaltung ist nachvollziehbar. Vielleicht sollten die EU-Oberen Rajoy beim Konflikt-Management etwas Nachhilfe erteilen.