Bangkok. Vietnam bedauert die scharfe Reaktion nach der Verschleppung eines Geschäftsmannes aus Deutschland. Hanoi wirft ihm Veruntreuung vor.

Strategische Beziehungen zwischen Vietnam und Deutschland statt Respektierung von internationalem Recht: In einer Stellungnahme des Außenministeriums von Vietnam vom Donnerstag betonte die Sprecherin Le Thi Thu Hang: „Vietnam respektiert die strategischen Beziehungen zu Deutschland und will sie entwickeln.“ Zur Verschleppung von Ex-Politbüro-Mitglied Trinh Xuan Thanh hatte sie ebenso wenig zu sagen wie zur Ausweisung eines als vietnamesischen Diplomat getarnten Geheimdienstlers durch Berlin.

Vielmehr findet Hanoi die scharfen Äußerungen Berlins wegen der Verschleppung am helllichten Tag wenig hilfreich. „Ich finde die Erklärung des Sprechers des deutschen Außenministerium vom 2. August bedauerlich“, erklärte Sprecherin Le Thi Thu Hang am Donnerstag. Trinh Xuan Thanh galt bis zu seiner Verschleppung aus Berlin als meistgesuchter Mann Vietnams. Der Generalsekretär der Kommunistischen Partei Vietnams Nguyen Phu Trong hatte öffentlich verlauten lassen: „Wir werden ihn mit allen Mitteln suchen und verhaften lassen.“

Veruntreuung von rund 142 Millionen US-Dollar

In Vietnam sollte niemand erfahren, dass zu solchen Methoden auch Kidnapping und die Missachtung internationalen Rechts gehören. Die offizielle Version lautet, dass Trinh Xuan Thanh nach fast einjähriger Flucht wie von Geisterhand plötzlich in Hanoi auftauchte und sich den Behörden stellte.

Hanoi wirft ihm die Veruntreuung von rund 142 Millionen US-Dollar als Chef des staatlichen Unternehmens PetroVietnam Construction Company (PVC) vor. Er soll sich an der Spitze des Betriebes mit einer kompletten Räuberbande umgeben haben, die sich nach allen Regeln der Kunst in die eigene Tasche wirtschaftete.

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Schleichender Niedergang der Partei

Trinh Xuan Thanh, der in Berlin Asyl beantragt hatte, besiegelte seinen unfreiwilligen Trip von Berlin in eine Gefängniszelle in Hanoi mit einer Drohung an die Machthaber in Vietnam. Er soll bereit gewesen sein, „richtig auszupacken“. Das jedenfalls sagen Vietnamesen aus seinem Umfeld. Der als Hardliner geltende KP-Generalsekretär Nguyen Phu Trong wollte dieses Risiko offenbar vermeiden.

KP-Generalsekretär Nguyen wurde an die Spitze der Einheitspartei gewählt, weil er den schleichenden Niedergang der Partei stoppen soll. Mehr als die Hälfte der Vietnamesen wurde nach dem Ende des Vietnamkriegs 1975 geboren. „In die KP tritt nur noch ein, wer in der Regierung Karriere machen will oder wer Kontakte für sein Unternehmen benötigt“, sagt ein junger Familienvater in der Stadt Danang.