Berlin. Jenny Günther wurde AfD-Mitglied, um etwas zu verändern. Doch dann bekam sie mit, was hinter den Kulissen geschieht. Sie trat aus.

  • Jenny Günther wechselte die Partei – von der Jungen Union zur AfD
  • Doch schnell merkete sie, dass dies für sie keine politische Alternative war
  • Nun erzählt die junge Frau, wie es hinter den Kulissen der AfD zugeht

Jenny Günther trat 2015 aus der Jungen Union aus, um zur Alternative für Deutschland zu wechseln. Sie habe sich Sorge gemacht, hatte Angst vor dem Kontrollverlust wegen der Flüchtlingskrise und „wollte etwas daran ändern“, wie sie in einem Beitrag für die „Huffington Post“ schreibt.

Doch jetzt, nach nicht mal zwei Jahren, ist ihre Zeit in der Partei schon wieder vorbei. „Eigentlich hätte mir schon nach wenigen Monaten in der AfD klar sein müssen, wo ich gelandet war“, schreibt sie.

Den Frust von der Seele reden

Sie habe zunächst gar nicht sehen wollen, was für eine Partei die Alternative für Deutschland eigentlich sei, zu ähnlich seien die Inhalte mit der CDU gewesen. „In den ersten Monaten war ich überrascht davon, wie viel CDU in dieser Partei steckte. Unter den Mitgliedern: viele enttäuschte Konservative.“

Mit ihnen habe sie sich ihren Frust von der Seele reden können. „Über die Flüchtlingspolitik, die Anpassung der Löhne in Ost und West, die Rente“, so Günther weiter.

Machtkampf in der Partei

Doch in den kommenden fast zwei Jahren sei ihr immer klarer geworden, „was für ein unerbittlicher Machtkampf in der AfD tobte“. Sie sei zwischen die Fronten geraten. Mit Björn Höcke, dem Thüringer Landesparteichef, auf der rechten, Parteichefin Frauke Petry, auf der anderen Seite. Nach Informationen unserer Zeitung will Günther sich zunächst aus dem aktiven politischen Geschehen fernhalten.

Als stellvertretende Vorsitzende der Jungen Alternativen sei sie 2016 Mitglied in Facebook- und WhatsApp-Gruppen geworden, in denen der in der Partei gefürchtete rechte Flüge „am lautesten“ gewesen sei. „Der Flügel ist ein auf Höcke und AfD-Vorstand André Poggenburg eingeschworener rechter Parteikader“, schreibt Günther in der „Huffington Post“ weiter.

Persönliche Anfeindungen in der AfD

Sie schildert, dass eine regelrechte Euphorie nach den beiden im Flügel herrsche. Wer sich kritisch über sie äußert oder zum verfeindeten Petry-Lager gehört, komme auf eine spezielle Liste und werde an den „Pranger gestellt“.

„Diese beinahe diktatorische Atmosphäre sorgt immer wieder für persönliche Anfeindungen in den Netzwerken“, schreibt Günther. Ziel sei es, die auf der Liste stehenden Mitglieder „auszuschalten“.

„Nazi-Vokabular“ hat Methode

In WhatsApp-Gruppen werden unliebsame Mitglieder diffamiert.
In WhatsApp-Gruppen werden unliebsame Mitglieder diffamiert. © Privat | Privat

So zeigt sie Screenshots von Chatverläufen, in den zu sehen ist, wie eines der unliebsamen Mitglieder auf einem Foto mit einer toten Ratte symbolisiert wird, die neben einer Katze liegt. „Es ist menschenverachtend“, fasst Günther Äußerungen ihrer ehemaligen Parteikollegen zusammen.

Auch sie selbst sei einmal angegriffen worden, nachdem sie sich in einer WhatsApp-Gruppe darüber erzürnt hatte, dass ein AfD-Mitglied den Hitlergruß verharmlost hatte. Sie habe immer mehr begriffen, dass die Verwendung von „Nazi-Vokabular“ Methode habe.

Partei macht Rechtsextremismus „salonfähig“

Jenny Günther wird selbst angegriffen, nachdem sie Kritik äußerte.
Jenny Günther wird selbst angegriffen, nachdem sie Kritik äußerte. © Privat | Privat

Als sie von den geleakten Chatprotokollen der AfD Sachsen-Anhalt und der von Poggenburg getätigte Aussage „Deutschland den Deutschen“ erfuhr und sie die Rechtfertigung von André Poggenburg hörte, dass das kein schlechter Gedanke sei, habe sie endgültig den Entschluss getroffen, aus der AfD auszutreten. „Mir reicht’s. Mit dieser Partei will ich nichts mehr zu tun haben“, schreibt sie weiter.

Genau wie die Stellvertreterin der Thüringer AfD, Steffi Bröner, die ebenfalls ihren Rücktritt vor einigen angekündigte, wirft sie der AfD vor, Rechtsextremismus „salonfähig“ zu machen. Die „skandalösen Sätze“ von Höcke oder Poggenburg seien keine Ausrutscher, „sie sind nur ein Ausschnitt der Realität, die sich tagtäglich hinter den Kulissen abspielt“, schließt Günther ihren Beitrag in der „Huffington Post“.