Berlin/Düsseldorf. CDU und FDP könnten in Düsseldorf zusammen regieren, doch am Morgen nach der NRW-Wahl errichtet der Chef der Liberalen hohe Hürden.

Eigentlich müsste Christian Lindner vor Zufriedenheit platzen. Vielleicht auch ein bisschen müde wirken, aber vor allem glücklich. Doch nach dem besten Ergebnis der FDP bei einer Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen wirkt der Parteichef und Spitzenkandidat am Montagmorgen eher genervt.

Wenige Stunden nach den ersten Hochrechnungen ist er nach Berlin aufgebrochen, dorthin, wo die Liberalen vom 24. September an wieder selbstverständlich zu Hause sein wollen, auf der bundespolitischen Bühne. Doch obwohl es nach Sonntag gut aussieht dafür, ist Lindner alles andere als euphorisch. Der junge Parteichef bemüht sich an diesem Morgen, entspannt zu wirken. Es gelingt ihm nicht immer.

Christian Lindner gibt sich distanziert

„Das Ergebnis ist so gut, dass es jetzt nicht ganz leicht ist, damit umzugehen“, sagt Lindner. Die Liberalen sind unter seiner Führung mit 12,6 Prozent drittstärkste Kraft im Düsseldorfer Landtag geworden. Eine Koalition aus CDU und FDP ist knapp, aber möglich. Die SPD ließ am Montagabend wissen, dass eine große Koalition mit ihr nicht zu machen sei.

Lindner: Liberale bereit "in die Verantwortung zu gehen"

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    Lindner jedoch hört sich an diesem Montag fast so an, als wolle er sich vor einer schwarz-gelben Koalition drücken. Oder will er nur die Preise hochtreiben? Der CDU signalisieren: Wir sind nicht so billig zu haben? Lindner gibt sich distanziert. Armin Laschet habe sich noch nicht bei ihm gemeldet, sagt er am Vormittag. „Wahrscheinlich“ werde es Sondierungsgespräche geben. „Selbstverständlich“ sei die FDP bereit, in die Verantwortung zu gehen.

    Lindner hebt Eigenständigkeit der FDP

    „Natürlich“ würde er die Koalitionsgespräche, wenn es denn welche geben sollte, federführend leiten. Er klingt nicht gerade glücklich, als er das sagt. Als hätte es ihm besser gefallen, wenn es nicht für Schwarz-Gelb gereicht hätte. Als würde er lieber mit einem guten Ergebnis, aber ohne den Ballast der Regierungsverantwortung in den Bundestagswahlkampf gehen. Lindner hebt immer wieder die Eigenständigkeit der FDP hervor. Soll heißen: Die Liberalen sind nicht als Anhängsel der Union gewählt worden. Die CDU habe sogar „gegen uns Wahlkampf gemacht“, sagt Lindner.

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    Eine Koalition wird es nach seinen Worten nur geben, wenn ein „echter Politikwechsel“ erreicht wird. Sonst gehe die FDP eben in die Opposition. Zudem plant Lindner, sollte es zu einer Koalition kommen, die Mitglieder zu befragen. Die sei eine „kleine Zäsur“ in der Geschichte der Liberalen, sagt er, früher seien solche Entscheidungen im kleinen Kreis gefällt worden.

    Koalition auf Bundesebene ein Trauma für FDP

    Schwarz-Gelb weckt bei den Liberalen die Erinnerung an ihr Trauma: Die Regierungsbildung der letzten schwarz-gelben Koalition auf Bundesebene, bei der sich die Liberalen bei der Steuerpolitik und anderen Themen über den Tisch ziehen ließen. Es folgten schwierige Jahre, die schließlich damit endeten, dass die FDP zum ersten Mal in ihrer Geschichte an der Fünfprozenthürde scheiterte und aus dem Bundestag flog. Darauf geht der FDP-Chef auch kurz ein: Die Hürde lege jetzt höher als 2009.

    NRW-WAHL: Großer Erfolg für die FDP mit Lindner

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      FDP-Parteivize Wolfgang Kubicki stößt ins selbe Horn: „Die Oppositionsoption bleibt immer“, sagt der Liberale aus Kiel, es gehe nicht darum, einfach nur in eine Regierung hineinzugehen. „Diese Lernerfahrung haben wir 2009 und 2013 gemacht.“ Auch

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      zweiter Mann in der NRW-FDP, Fraktionsvize Joachim Stamp, betont, es sei für die Liberalen „überhaupt kein Problem“, auch in die Opposition zu gehen. Differenzen zur NRW-CDU gebe es unter anderem bei der Kriminalitätsbekämpfung und in der Schulpolitik.

      Rückflug nach Düsseldorf

      Die gedämpfte Stimmung des Parteichefs dürfte eine kleine Episode noch verstärkt haben, die sich am Sonntagabend bei einer Gesprächsrunde des WDR-Fernsehens im Düsseldorfer Landtag abspielte: Die beiden Verliererinnen der NRW-Wahl, Noch-Regierungschefin Hannelore Kraft und ihre grüne Bildungsministerin Sylvia Löhrmann, prophezeiten Lindner einen herben Zusammenstoß mit der Realität, sollte er auf schnelle Erfolge, etwa in der Bildungspolitik, setzen

      Später am Tag dann sah die Welt Lindner doch wieder lachen: Der Parteichef twitterte ein Selfie mit CDU-Wahlsieger Laschet, die beiden hatten dasselbe Flugzeug für den Rückflug nach Düsseldorf gebucht. „Zufällige Begegnung auf dem Weg von Berlin nach Düsseldorf“, schrieb Lindner.

      Und am Abend kam dann gar die Nachricht, dass CDU und FDP ein erstes Gespräch über eine Regierungsbildung vereinbart haben. Laschet habe sich bei Lindner gemeldet und ihn zu einem ergebnisoffenen Sondierungsgespräch eingeladen. Einen Termin legten die Parteien noch nicht fest.

      CDU jubelt, SPD und Grüne am Boden

      Die Söhne von Armin Laschet, Julius und Johannes (v.l.) jubeln, als die ersten Prognosen erscheinen. Die CDU wurde stärkste Kraft in Nordrhein-Westfalen.
      Die Söhne von Armin Laschet, Julius und Johannes (v.l.) jubeln, als die ersten Prognosen erscheinen. Die CDU wurde stärkste Kraft in Nordrhein-Westfalen. © REUTERS | KAI PFAFFENBACH
      Armin Laschet siegte mit 34,4 Prozent laut ersten Hochrechnungen.
      Armin Laschet siegte mit 34,4 Prozent laut ersten Hochrechnungen. © REUTERS | KAI PFAFFENBACH
      Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner (l) gratulierte Laschet. Eine schwarz-gelbe Koalition scheint greifbar. Die Linke könnte den Einzug ins Düsseldorfer Parlament verpassen.
      Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner (l) gratulierte Laschet. Eine schwarz-gelbe Koalition scheint greifbar. Die Linke könnte den Einzug ins Düsseldorfer Parlament verpassen. © dpa | Michael Kappeler
      Armin Laschet (CDU) und Hannelore Kraft (SPD) am Wahlabend. Für die SPD war es ein bitteres Ergebnis.
      Armin Laschet (CDU) und Hannelore Kraft (SPD) am Wahlabend. Für die SPD war es ein bitteres Ergebnis. © dpa | Marius Becker
      Betroffene Gesichter bei der SPD im Willy-Brandt-Haus in Berlin.
      Betroffene Gesichter bei der SPD im Willy-Brandt-Haus in Berlin. © dpa | Bernd von Jutrczenka
      Die SPD fuhr bei der Wahl das schlechteste Ergebnis in der Geschichte Nordrhein-Westfalens ein.
      Die SPD fuhr bei der Wahl das schlechteste Ergebnis in der Geschichte Nordrhein-Westfalens ein. © REUTERS | FABRIZIO BENSCH
      Für die Grünen war der Wahlabend ein Debakel: Die Partei halbierte ihren Stimmanteil und kam nur noch auf sechs Prozent. Die Spitzenkandidatin der Grünen für die Bundestagswahl, Katrin Göring-Eckardt (l), und die NRW-Spitzenkandidatin Sylvia Löhrmann verfolgten die ersten Prognosen mit starrem Gesicht.
      Für die Grünen war der Wahlabend ein Debakel: Die Partei halbierte ihren Stimmanteil und kam nur noch auf sechs Prozent. Die Spitzenkandidatin der Grünen für die Bundestagswahl, Katrin Göring-Eckardt (l), und die NRW-Spitzenkandidatin Sylvia Löhrmann verfolgten die ersten Prognosen mit starrem Gesicht. © dpa | Ina Fassbender
      „Wir haben einen sehr schweren Abend. Diese Koalition ist abgewählt worden“, sagte Löhrmann am Abends. „Daran haben auch wir Grüne mit unserer Regierungsarbeit einen Anteil.“
      „Wir haben einen sehr schweren Abend. Diese Koalition ist abgewählt worden“, sagte Löhrmann am Abends. „Daran haben auch wir Grüne mit unserer Regierungsarbeit einen Anteil.“ © REUTERS | THILO SCHMUELGEN
      NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) trat am Abend als SPD-Vorsitzende in NRW und stellvertretende Bundesvorsitzende zurück.
      NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) trat am Abend als SPD-Vorsitzende in NRW und stellvertretende Bundesvorsitzende zurück. © dpa | Federico Gambarini
      „Die Entscheidungen, die getroffen worden sind, dafür übernehme ich persönlich die Verantwortung“, sagte Kraft. „Deshalb werde ich mit sofortiger Wirkung von meinem Amt als Landesvorsitzende der SPD und als stellvertretende Bundesvorsitzende zurücktreten, damit die NRW-SPD eine Chance auf einen Neuanfang hat.“
      „Die Entscheidungen, die getroffen worden sind, dafür übernehme ich persönlich die Verantwortung“, sagte Kraft. „Deshalb werde ich mit sofortiger Wirkung von meinem Amt als Landesvorsitzende der SPD und als stellvertretende Bundesvorsitzende zurücktreten, damit die NRW-SPD eine Chance auf einen Neuanfang hat.“ © dpa | Boris Roessler
      Der SPD-Vorsitzende Martin Schulz bezeichnete die Wahl als „wirklich krachende Niederlage“. Es sei „ein schwerer Tag für die SPD. Es ist ein schwerer Tag auch für mich persönlich“, sagte der Kanzlerkandidat der Sozialdemokraten. „Wir haben eine wichtige Landtagswahl verloren.“ Schulz stammt aus dem nordrhein-westfälischen Würselen.
      Der SPD-Vorsitzende Martin Schulz bezeichnete die Wahl als „wirklich krachende Niederlage“. Es sei „ein schwerer Tag für die SPD. Es ist ein schwerer Tag auch für mich persönlich“, sagte der Kanzlerkandidat der Sozialdemokraten. „Wir haben eine wichtige Landtagswahl verloren.“ Schulz stammt aus dem nordrhein-westfälischen Würselen. © REUTERS | FABRIZIO BENSCH
      Am Vormittag war die SPD-Spitzenkandidatin Kraft noch zuversichtlich gewesen. „Wir haben fleißig gearbeitet und die Partei war bis zur letzten Minute unterwegs.“ Am Abend trat sie als SPD-Vorsitzende in NRW und stellvertretende Bundesvorsitzende zurück.
      Am Vormittag war die SPD-Spitzenkandidatin Kraft noch zuversichtlich gewesen. „Wir haben fleißig gearbeitet und die Partei war bis zur letzten Minute unterwegs.“ Am Abend trat sie als SPD-Vorsitzende in NRW und stellvertretende Bundesvorsitzende zurück. © dpa | Kay Nietfeld
      Sie war zusammen mit Mann und Sohn zu Wahl gegangen.
      Sie war zusammen mit Mann und Sohn zu Wahl gegangen. © dpa | Michael Kappeler
      Kraft hatte ihre Stimme in Mülheim an der Ruhr abgegeben.
      Kraft hatte ihre Stimme in Mülheim an der Ruhr abgegeben. © Getty Images | Maja Hitij
      Neben ihrem Mann Udo und Sohn Jan (l) hatte sie das Wahllokal verlassen.
      Neben ihrem Mann Udo und Sohn Jan (l) hatte sie das Wahllokal verlassen. © dpa | Michael Kappeler
      Ähnlich optimistisch war auch Armin Laschet, Spitzenkandidat der CDU, am Vormittag aufgetreten.
      Ähnlich optimistisch war auch Armin Laschet, Spitzenkandidat der CDU, am Vormittag aufgetreten. © REUTERS | THILO SCHMUELGEN
      Er war zusammen mit seiner Susanne in Aachen zur Abstimmung gegangen.
      Er war zusammen mit seiner Susanne in Aachen zur Abstimmung gegangen. © dpa | Oliver Berg
      „Es gibt eine reale Chance auf einen Sieg der CDU“, hatte er gesagt.
      „Es gibt eine reale Chance auf einen Sieg der CDU“, hatte er gesagt. © REUTERS | THILO SCHMUELGEN
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