Berlin. Martin Schulz muss Niederlagen erklären, statt Siege zu feiern – während die Kanzlerin ihren Amtsbonus ausspielt. Was nun, Herr Schulz?
Martin Schulz ist ein gefragter Mann am Tag nach dem SPD-Wahldebakel in Nordrhein-Westfalen. „Was nun, Herr Schulz?“, will das ZDF am Montagabend ab 19.20 Uhr von dem SPD-Kanzlerkandidaten wissen. „Farbe bekennen“ fordert wiederum die ARD in einer Sondersendung, die ab 20.30 Uhr ausgestrahlt wird.
Und so hockt Schulz an diesem Montagnachmittag bei der Aufzeichnung im Hauptstadtstudio des Ersten bei Studiochefin Tina Hassel und ARD-Chefredakteur Rainald Becker und soll erklären, was ihm selbst wohl unerklärlich ist: der atemberaubende Aufstieg und der dramatische Absturz des SPD-Politikers Martin Schulz in den letzten Monaten.
Kraft wollte keine Bundespolitik im NRW-Wahlkampf
Der 61-Jährige wirkt müde, etwas angefasst. Gerade hat er stundenlang in den Gremien der Partei beraten. Schulz schwärmt von der „große Geschlossenheit“ und davon, dass man nun den Bundestagswahlkampf angehen werde. Was man halt so sagt nach einer herben Klatsche. „Möglicherweise hätte ich mich stärker einbringen müssen“, sagt Schulz im Rückblick auf die Pleite in NRW. Aber Hannelore Kraft habe keine bundespolitischen Akzente in ihrem Wahlkampf haben wollen, das habe er akzeptiert.
Es war ein „Höllenritt“, den der Kandidat Schulz hingelegt hat. Seine Proklamation zum Kanzlerkandidaten, der Hype innerhalb der SPD mit Tausenden Neueintritten, der Höhenflug in den Umfragen bis zur Augenhöhe mit der CDU – und dann der jähe Absturz bei den drei Landtagswahlen mit dem Tiefpunkt am Sonntag in NRW. Inzwischen ist die SPD fast wieder dort gelandet, wo sie mit dem Parteichef Sigmar Gabriel stand – meilenweit hinter der Union.
Angela Merkel produziert die besseren Bilder
Während Schulz im ARD-Studio Rede und Antwort steht, empfängt Kanzlerin Angela Merkel den neuen französischen Präsidenten Emmanuel Macron: Schöne Bilder für die „Tagesschau“. So wird es noch oft sein im gerade heraufziehenden Bundestagswahlkampf. War es ein Fehler von Schulz, als Kanzlerkandidat nicht in die Bundesregierung zu gehen und somit Merkel die Bilder zu überlassen? „Es wäre unehrlich gewesen, in die Regierung zu gehen“, beharrt Schulz. Nur von außen habe er die nötige „Souveränität“, um Merkel zu attackieren.
CDU jubelt, SPD und Grüne am Boden
Er sei „auch kein Zauberer“ hatte Schulz am Wahlabend nach der Pleite von Düsseldorf erklärt. Das klang arg nach Ratlosigkeit. Inzwischen lautet die Devise des SPD-Chefs: Die herben Niederlagen vom Saarland, Schleswig-Holstein und NRW abhaken, die Bundestagswahl ist ein neues Spiel. Es sei „eine lange Wegstrecke“ bis zur Wahl am 24. September, so Schulz am Tag nach der Niederlage. „Die ist steinig und wird hart werden.“ Er sagt auch: „Es steht nicht 0:3. Die Bundestags-Wahlkampagne beginnt heute. Da ist das Spiel gerade angepfiffen worden.“
Das sagt Martin Schulz zu Schwarz-Rot im Bund
Auf Koalitionsspekulationen lässt sich Schulz bei der ARD nicht ein. Über diese „Farbenspiele“ würden am Ende die Wähler entscheiden. Und was ist mit einer Neuauflage von Schwarz-Rot im Bund? „Nun“, meint der Kandidat, „eine große Koalition unter unserer Führung, da habe ich nichts dagegen.“ Was man halt so sagt. Er lächelt etwas gequält. Dann fährt er weiter zum ZDF.