Wahl in NRW zeigt: Wer schlecht regiert, wird abgewählt
Landtagswahl
Wahl in NRW zeigt: Wer schlecht regiert, wird abgewählt
| Lesedauer: 3 Minuten
Jörg Quoos
NRW-Wahl: So eng wird es jetzt für Martin Schulz
NRW-Wahl: So eng wird es jetzt für Martin Schulz
Debakel für die SPD. Ist die Bundestagswahl für Martin Schulz noch zu retten?
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Der Wähler bestraft Fehler und politische Schwächen schneller und härter als früher. Das musste auch SPD-Politikerin Kraft lernen.
Berlin.
Für die deutschen Sozialdemokraten ist mit dem Ausgang der Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen ein Albtraum wahr geworden. Drei Wahlniederlagen in kurzer Folge – brutaler hätte der Hype um den neuen Parteivorsitzenden Martin Schulz nicht enden können.
Dreimal hat die SPD seit der 100-Prozent-Wahl von Schulz ihr erklärtes Wahlziel verpasst: Im Saarland gab es keine Wende. Schleswig-Holstein blieb nicht rot, sondern ein selbstgefälliger SPD-Ministerpräsident wurde eiskalt abgewählt. Und jetzt das Drama um Hannelore Kraft.
Dünne Bilanz von Hannelore Kraft
Ausgerechnet die sozialdemokratische „Landesmutter“ mit Amtsbonus verliert in der Herzkammer der Sozialdemokratie nach nur einer Amtszeit die Wahl. Was ist da passiert?
Auch wenn viele aus durchsichtigen Gründen jetzt Martin Schulz die Schuld geben, ist es zuallererst Hannelore Kraft, die als Ministerpräsidentin versagt hat. Zu dünn war ihre Bilanz nach sieben Jahren Rot-Grün und zu groß die Lücke zwischen selbstgerechtem Auftritt und den realen Verhältnissen in Deutschlands bevölkerungsreichstem Bundesland.
Thema Sicherheit war wichtiger als Kraft dachte
Was sich in Umfragen abzeichnete, hat die NRW-SPD mit dem Wahlergebnis jetzt schwarz auf weiß: Die Bürger sind nicht zufrieden mit der rot-grünen Leistungsbilanz und sind die Sprüche leid, mit denen die unterdurchschnittliche Performance schöngeredet wurde. „Kein Kind zurücklassen“ klingt gut. Aber dann müssen Schul- und Betreuungssystem auch wirklich top sein. Sonst lässt der enttäuschte Wähler die Sprücheklopfer zurück.
Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion
Hinter den Kulissen der Politik - meinungsstark, exklusiv, relevant.
Am gravierendsten war wohl die Fehleinschätzung Hannelore Krafts, wie sehr das Thema Sicherheit die Wähler tatsächlich bewegt. Die schlimme Silvester-Nacht von Köln und die unfassbare Wurstigkeit der NRW-Sicherheitsbehörden im Fall des Weihnachtsmarkts-Attentäters Anis Amri haben das Vertrauen in die Landesregierung – nicht nur in NRW – nachhaltig gestört. Dass der Innenminister und Kraft-Freund Ralf Jäger trotzdem im Amt bleiben und bis zum Schluss die Fehler bei den anderen suchen durfte, hat sich am Wahltag bitter gerächt.
FDP: So gelang den Liberalen das erstaunliche Comeback
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Sensationserfolg für die Liberalen
Und nun zu Martin Schulz: Der SPD-Chef und Kanzlerkandidat kann seit Sonntag endgültig nicht mehr auf eine Schulz-Euphorie bauen. Die Zustimmung zum neuen Vorsitzenden hat sich als trügerisch erwiesen. Schöne Zahlen in Beliebtheitsumfragen sind eben noch keine reale Politik.
Es muss Schulz und seinem Wahlkampfteam auch zu denken geben, dass ausgerechnet in Nordrhein-Westfalen die These des ungerechten Deutschlands beim Wähler nicht verfing. Im Gegenteil: Die Liberalen mit ihrem Glauben an die Kraft des Marktes erzielten einen Sensationserfolg.
Wähler bestraft politische Schwächen
Wie also soll diese SPD-Wahlkampfstrategie am 24. September in ganz Deutschland funktionieren? 86 Prozent der Deutschen erklärten in einer repräsentativen Umfrage, dass sie mit ihrer wirtschaftlichen Lage zufrieden sind. Mit dem Rest wird die SPD die Bundestagswahl sicher nicht gewinnen können.
Bundeskanzlerin Angela Merkel wird bei der ersten Hochrechnung am Sonntagabend vor dem Fernsehschirm eine besonders gute Flasche geöffnet haben. Wer sie kennt, weiß: Noch mehr als die langen Gesichter bei der SPD genießt sie die überschwänglichen Lobeshymnen und Ergebenheitsadressen ihrer schärfsten Kritiker aus der Union.
Zu siegessicher sollte sie das allerdings nicht stimmen. Bis zum 24. September ist noch eine lange Zeit und spätestens seit Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen wissen wir: Der Wähler bestraft Fehler und politische Schwächen schneller und härter als früher. Das muss nicht schlecht sein für die Demokratie.
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