Rom. Schleuserbanden, die Flüchtlingsretter im Mittelmeer finanzieren? Drei deutsche Organisationen müssen sich in Italien rechtfertigen.

Deutsche Hilfsorganisationen müssen sich vor dem italienischen Parlament gegen den Verdacht verteidigen, bei der Bergung von Flüchtlingen im Mittelmeer mit Schleusern zusammenzuarbeiten. Die Organisationen Jugend Rettet und Sea Watch (beide Berlin) sowie Sea Eye (Regensburg) wurden vor den Verteidigungsausschuss des Senats in Rom zitiert.

„Wir haben nichts zu verbergen“, sagte Ruben Neugebauer von Sea Watch. Ein italienischer Staatsanwalt hatte privaten Seenotrettern vorgeworfen, möglicherweise mit Schleppern zu kooperieren beziehungsweise gar von ihnen finanziert zu werden. „Das ist völliger Quatsch und eine Verleumdungskampagne“, sagte Neugebauer. Die Vorwürfe würden gezielt und ohne Belege gestreut.

Sterben auf dem Mittelmeer werde bewusst in Kauf genommen

Die EU und die Operation Sophia – der EU-Marineeinsatz gegen kriminelle Schleusernetze vor der libyschen Küste – würden sich bei der Rettung von Migranten immer mehr zurückziehen. Das Sterben auf dem Mittelmeer werde bewusst in Kauf genommen, um den Menschen zu signalisieren, dass sie nicht erwünscht sind.

„Man will die Mittelmeerroute schließen, indem man andere sterben lässt.“ Die Finanzierung von Sea Watch sei transparent, aus Italien habe es bisher keine Anfrage zur Offenlegung der Finanzen gegeben.

Aussage vor Verteidigungsausschuss für Mittwochabend angesetzt

Jugend Rettet hatte am Dienstag vor dem Ausschuss ausgesagt und die Vorwürfe ebenfalls zurückgewiesen. Man hätte sich gewünscht, dass der Staatsanwalt direkt an die Vereinigungen herangetreten wäre, statt „unkonkrete, aber doch schwerwiegende Anschuldigungen“ hervorzubringen.

„Wir arbeiten grundsätzlich transparent und hätten Gespräche mit ihm geführt“, sagte die Sprecherin Pauline Schmidt nach der Anhörung. Die Aussage vor dem Verteidigungsausschuss von Sea Watch und Sea Eye war für den späten Mittwochabend angesetzt.

Allein 2016 kamen 180.000 Migranten in Italien an

Hintergrund der Anhörung ist eine hitzige Diskussion in der italienischen Öffentlichkeit, die der Staatsanwalt Carmelo Zuccaro aus dem sizilianischen Catania ausgelöst hat. Im Februar hatte Zuccaro erklärt, Untersuchungen zu mutmaßlichen Verbindungen zwischen Schleppern und NGOs eingeleitet zu haben.

Die EU-Grenzschutzorganisation Frontex hatte zuvor in einem Bericht die Vermutung geäußert, dass die Rettungsaktionen der NGOs „unbeabsichtigt den Verbrechern“ helfen, „ihre Ziele mit minimalem Kostenaufwand zu erreichen“. In Italien stecke jede Menge politischer Zündstoff in der Debatte. Das Land ist besonders von der Flüchtlingskrise betroffen, allein 2016 kamen mehr als 180.000 Migranten an den Küsten an. (dpa)