Düsseldorf. Die Absage von Netanjahu für das Treffen mit Gabriel hat viel Wirbel erzeugt. Viele befürworten das Verhalten des Außenministers.

Nach dem Eklat beim Israel-Besuch haben sich etliche Politiker zum Vorgehen von Außenminister Sigmar Gabriel geäußert. Neben Lob gab es auch Kritik. So hätte sich die Vize-Präsidentin der Deutsch-Israelischen Gesellschaft „mehr Fingerspitzengefühl des Ministers gewünscht“, sagte Gitta Connemann (CDU), der „Rheinischen Post“ .

Es sei Tradition, bei Besuchen im Ausland mit regierungskritischen Organisationen zu sprechen. Im Falle Gabriels habe sie aber „Sorgfalt bei der Auswahl“ vermisst. „Breaking the Silence prangert an, legt aber seine Quellen nicht offen“, sagte Connemann der Zeitung. „Damit können israelische Behörden die Vorwürfe und Anschuldigungen nicht überprüfen.“

Zustimmung für Gabriel

Die NGO erhalte nun durch das Gespräch mit dem Außenminister einen Ritterschlag, sagte sie. „Deshalb verstehe ich die Kritik der israelischen Seite.“ Kerstin Müller, Leiterin der Heinrich-Böll-Stiftung in Tel Aviv, kann den Unmut ebenfalls nachvollziehen. „In Israel versteht die Mehrheit der Gesellschaft nicht, warum sich Regierungsvertreter mit NGOs treffen, ausgerechnet mit solchen, die man als sehr regierungskritisch betrachtet“, sagte die Grünen-Politikerin.

Gabriel: "Ich halte das nicht für eine Katastrophe"

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    Trotzdem habe Müller Verständnis für Gabriel. „Ich finde es richtig, dass man der rechtskonservativen Regierung das klare Signal setzt, dass diese Nichtregierungsorganisationen wichtig sind.“

    Kritik an Entscheidung von Netanjahu

    Der ehemalige Botschafter Israels in Deutschland, Shimon Stein, kritisierte Netanjahu dafür, ausländischen Vertretern Treffen mit Regierungskritikern zu verwehren. „Ich sehe das mit Sorge. Ich halte die Entscheidung des Ministerpräsidenten bezogen auf diese Regelung für eine Schwäche und nicht eine Stärke“, sagte Stein im „Heute-Journal“.

    Ähnlich äußerte sich auch Norbert Röttgen. Er hoffe, dass es sich bei der Absage „um einen Ausrutscher handelt“, sagte er der „Heilbronner Stimme“. Zudem unterstrich der CDU-Außenpolitiker die Wichtigkeit von „Gesprächen in der gesamten Bandbreite von Politik und Gesellschaft.“

    „Unsere Armee ist die moralischste Armee der Welt“

    „Nur dies entspricht der Tiefe und der Besonderheit der Beziehung unserer Länder und Gesellschaften“, sagte er weiter. Roderich Kiesewetter (CDU), Unions-Obmann im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages, lobte den Außenminister. Er habe „völlig richtig gehandelt, sein Programm beizubehalten – leider eine verpasste Chance für den Regierungschef Netanjahu“, sagte der Politiker zu dem Blatt.

    Rückendeckung erhielt Netanjahu von Staatspräsident Reuven Rivlin, mit dem sich Gabriel zuvor getroffen hatte. Er warb um Verständnis für die Absage. Israel als demokratischer Staat sei es gewöhnt, kritisiert zu werden, sagte er. Aber diese Kritik müsse auf dem Boden der Realität stattfinden. „Unsere Armee ist die moralischste Armee der Welt.“

    Breaking the Silence schreibt über Soldaten-Dienste

    Die Aussage zielt auf eine der Organisationen ab, mit denen sich Gabriel getroffen hatte. Breaking the Silence setzt sich kritisch mit der israelischen Siedlungspolitik auseinander und listet Schilderungen von Mitgliedern, selbst vor allem Soldaten und Reservisten, über ihre Erfahrungen im besetzten Westjordanland auf. Die Aussagen werden anonym veröffentlicht. (bekö/dpa)

    Die Karriere von Sigmar Gabriel

    Sigmar Gabriel war lange Vorsitzender der SPD und mehrfach Minister in Bundesregierungen. Wir zeigen Stationen seines Wegs in Bildern. Zuletzt war er Außenminister.
    Sigmar Gabriel war lange Vorsitzender der SPD und mehrfach Minister in Bundesregierungen. Wir zeigen Stationen seines Wegs in Bildern. Zuletzt war er Außenminister. © dpa | Britta Pedersen
    Einen Streit mit Parteikollege Martin Schulz trug Sigmar Gabriel öffentlich aus. Zu seinem Ausscheiden aus dem Ministeramt und dem Weg ins Private zitierte Gabriel gegenüber unserer Redaktion seine Tochter: „Du musst nicht traurig sein, Papa, jetzt hast Du doch mehr Zeit mit uns. Das ist doch besser als mit dem Mann mit den Haaren im Gesicht.“
    Einen Streit mit Parteikollege Martin Schulz trug Sigmar Gabriel öffentlich aus. Zu seinem Ausscheiden aus dem Ministeramt und dem Weg ins Private zitierte Gabriel gegenüber unserer Redaktion seine Tochter: „Du musst nicht traurig sein, Papa, jetzt hast Du doch mehr Zeit mit uns. Das ist doch besser als mit dem Mann mit den Haaren im Gesicht.“ © dpa | Kay Nietfeld
    Sigmar Gabriel bei seinem Sprung in die Spitzenpolitik: Am 15. Dezember 1999 wurde der gebürtige Goslarer als Ministerpräsident Niedersachsens vereidigt. Schon 1977 war er als 18-Jähriger in die SPD eingetreten. Nach einigen Jahren in der Kommunalpolitik zog Gabriel 1990 in den Landtag ein.
    Sigmar Gabriel bei seinem Sprung in die Spitzenpolitik: Am 15. Dezember 1999 wurde der gebürtige Goslarer als Ministerpräsident Niedersachsens vereidigt. Schon 1977 war er als 18-Jähriger in die SPD eingetreten. Nach einigen Jahren in der Kommunalpolitik zog Gabriel 1990 in den Landtag ein. © REUTERS | REUTERS / Peter Mueller
    Gratulation und Unterstützung gab es besonders von Genosse Gerhard Schröder.
    Gratulation und Unterstützung gab es besonders von Genosse Gerhard Schröder. © REUTERS | REUTERS / Christian Charisius
    Gabriel war damals der dritte Ministerpräsident in einer Legislaturperiode. Zuvor hatten Gerhard Schröder und Gerhard Glogowski das Amt niederlegen müssen. Schröder wegen seines Wechsels ins Kanzleramt, Glogowski wegen des Vorwurfs, er habe sich durch seine Stellung materielle Vorteile verschafft.
    Gabriel war damals der dritte Ministerpräsident in einer Legislaturperiode. Zuvor hatten Gerhard Schröder und Gerhard Glogowski das Amt niederlegen müssen. Schröder wegen seines Wechsels ins Kanzleramt, Glogowski wegen des Vorwurfs, er habe sich durch seine Stellung materielle Vorteile verschafft. © imago stock&people | imago
    „Klar für Sigmar“ sollte Niedersachsen auch 2003 sein, zumindest nach Vorstellung der SPD. Allerdings setzte es bei der Landtagswahl in diesem Jahr eine schallende Ohrfeige: minus 14,5 Prozent, während die CDU mit Spitzenkandidat Christian Wulff über zwölf Prozent zulegte und die Wahl gewann.
    „Klar für Sigmar“ sollte Niedersachsen auch 2003 sein, zumindest nach Vorstellung der SPD. Allerdings setzte es bei der Landtagswahl in diesem Jahr eine schallende Ohrfeige: minus 14,5 Prozent, während die CDU mit Spitzenkandidat Christian Wulff über zwölf Prozent zulegte und die Wahl gewann. © imago stock&people | imago
    Von 2003 bis 2005 war Gabriel stellvertretender Vorsitzender der SPD in Niedersachsen und Chef des SPD-Bezirks Braunschweig. Und er hatte noch genug Zeit, um sich als Partei-Beauftragter für Popkultur und Popdiskurs einspannen zu lassen. Spitzname: Siggi Pop.
    Von 2003 bis 2005 war Gabriel stellvertretender Vorsitzender der SPD in Niedersachsen und Chef des SPD-Bezirks Braunschweig. Und er hatte noch genug Zeit, um sich als Partei-Beauftragter für Popkultur und Popdiskurs einspannen zu lassen. Spitzname: Siggi Pop. © imago stock&people | imago
    2005 stand für Gabriel dann der Umzug nach Berlin an. Er war erstmals zur Bundestagswahl angetreten und gewann das Direktmandat seines Wahlkreises mit 52,3 Prozent der Erststimmen. Auch bei den Wahlen 2009 und 2013 holte er das Mandat. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) berief ihn in der großen Koalition zum Chef des Umweltministeriums, Bundestagspräsident Norbert Lammert (rechts) vereidigte ihn am 22. November.
    2005 stand für Gabriel dann der Umzug nach Berlin an. Er war erstmals zur Bundestagswahl angetreten und gewann das Direktmandat seines Wahlkreises mit 52,3 Prozent der Erststimmen. Auch bei den Wahlen 2009 und 2013 holte er das Mandat. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) berief ihn in der großen Koalition zum Chef des Umweltministeriums, Bundestagspräsident Norbert Lammert (rechts) vereidigte ihn am 22. November. © imago stock&people | imago
    In seiner Zeit als Umweltminister nahm Gabriel nicht nur Hybrid-Autos unter die Lupe, wie hier im Juni 2008 mit dem damaligen VW-Boss Martin Winterkorn – er setzte sich auch auf anderen Wegen für die Energiewende ein und forcierte den Atomausstieg.
    In seiner Zeit als Umweltminister nahm Gabriel nicht nur Hybrid-Autos unter die Lupe, wie hier im Juni 2008 mit dem damaligen VW-Boss Martin Winterkorn – er setzte sich auch auf anderen Wegen für die Energiewende ein und forcierte den Atomausstieg. © imago stock&people | imago stock&people
    Am 13. November 2009 wurde Gabriel auf dem Bundesparteitag in Dresden zum SPD-Vorsitzenden gewählt. 94,2 Prozent der Delegierten stimmten damals für ihn.
    Am 13. November 2009 wurde Gabriel auf dem Bundesparteitag in Dresden zum SPD-Vorsitzenden gewählt. 94,2 Prozent der Delegierten stimmten damals für ihn. © imago stock&people | imago stock&people
    Sigmar Gabriel beim Bierchen mit der damaligen NRW-Vizechefin Hannelore Kraft beim Politischen Aschermittwoch der SPD im Jahr 2010. In den folgenden Jahren wurde Gabriels Rückhalt in der Partei langsam, aber sicher immer kleiner. Beim Bundesparteitag 2011 vereinte er 91,6 Prozent der Stimmen auf sich, 2013 waren es nur noch 83,6 Prozent. Bei der Bundestagswahl 2013 ging Peer Steinbrück als Spitzenkandidat der SPD ins Rennen.
    Sigmar Gabriel beim Bierchen mit der damaligen NRW-Vizechefin Hannelore Kraft beim Politischen Aschermittwoch der SPD im Jahr 2010. In den folgenden Jahren wurde Gabriels Rückhalt in der Partei langsam, aber sicher immer kleiner. Beim Bundesparteitag 2011 vereinte er 91,6 Prozent der Stimmen auf sich, 2013 waren es nur noch 83,6 Prozent. Bei der Bundestagswahl 2013 ging Peer Steinbrück als Spitzenkandidat der SPD ins Rennen. © imago stock&people | imago stock&people
    Nach dem Desaster für die FDP bei der Bundestagswahl 2013 wurde die SPD wieder Koalitionspartner der Union. Gabriel ist seitdem Vize-Kanzler und war bis Januar 2017 Wirtschaftsminister.
    Nach dem Desaster für die FDP bei der Bundestagswahl 2013 wurde die SPD wieder Koalitionspartner der Union. Gabriel ist seitdem Vize-Kanzler und war bis Januar 2017 Wirtschaftsminister. © imago/ZUMA Press | imago stock&people
    2015 äußerte Gabriel, dass er bei der Bundestagswahl „natürlich“ Kanzlerkandidat werden wolle. Das hat sich geändert. Am 24. Januar 2017 bestätigter er seinen Verzicht auf die SPD-Kanzlerkandidatur und legte auch den SPD-Vorsitz nieder.
    2015 äußerte Gabriel, dass er bei der Bundestagswahl „natürlich“ Kanzlerkandidat werden wolle. Das hat sich geändert. Am 24. Januar 2017 bestätigter er seinen Verzicht auf die SPD-Kanzlerkandidatur und legte auch den SPD-Vorsitz nieder. © REUTERS | AMIR COHEN
    Mit dem Wechsel von Frank-Walter Steinmeier ins Bundespräsidentenamt wurde Gabriel für die restliche Legislaturperiode Außenminister der Koalition. Dieses Foto zeigt ihn während seiner Rede am 21. September 2017 bei der 72. UN-Vollversammlung in New York (USA).
    Mit dem Wechsel von Frank-Walter Steinmeier ins Bundespräsidentenamt wurde Gabriel für die restliche Legislaturperiode Außenminister der Koalition. Dieses Foto zeigt ihn während seiner Rede am 21. September 2017 bei der 72. UN-Vollversammlung in New York (USA). © dpa | Bernd von Jutrczenka
    Gabriel im Gespräch mit Flüchtlingskindern im Flüchtlingslager „Hasansham U3“ bei Baschika, unweit von Mossul.
    Gabriel im Gespräch mit Flüchtlingskindern im Flüchtlingslager „Hasansham U3“ bei Baschika, unweit von Mossul. © dpa | Kay Nietfeld
    Gabriel und der ehemalige US-Aussenminister Henry Kissinger im August 2017 in Kent (USA).
    Gabriel und der ehemalige US-Aussenminister Henry Kissinger im August 2017 in Kent (USA). © imago/photothek | Inga Kjer
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