Berlin. Der Europäische Gerichtshof hat ein salomonisches Kopftuch-Urteil gefällt. Das Problem liegt aber tiefer als auf juristischer Ebene.

Religion lebt auch von Symbolen. Für viele Gläubige gehören sie zum Leben, zu ihrer Persönlichkeit. Gleichzeitig soll ein demokratischer Staat neben Religionsfreiheit im öffentlichen Leben größtmögliche Neutralität gewähren. Ein Spannungsfeld, das kaum konfliktfrei gestaltet werden kann. So werden auch die Urteile des Europäischen Gerichtshofes in Sachen Kopftuch am Arbeitsplatz nicht alle Seiten zufriedenstellen können. Dort kann es nach dem EuGH-Urteil nun verboten werden – unter bestimmten, eng gefassten Voraussetzungen. Muss aber nicht. Ein salomonisches Urteil.

Immer stärkere Betonung des Religiösen

Das Problem liegt auch viel tiefer als auf der formaljuristischen Ebene. In Belgien war die Rezeptionistin Samira A. entlassen worden. Sie hatte angekündigt, das Kopftuch künftig auch während der Arbeitszeit tragen zu wollen. Das widersprach der internen Arbeitsordnung. Mit anderen Worten: Samira A. hatte es bisher nichts ausgemacht, ohne Kopftuch ihrer Tätigkeit nachzugehen.

Bei vielen Muslimen in Europa ist eine immer stärkere Betonung des Religiösen zu beobachten. Was auch noch nicht bedenklich wäre, gäbe es im Islam eine Unterscheidung von Politik und Religion. Die Errungenschaften der Aufklärung sind am Islam bisher weitgehend vorübergegangen.

Demokratische Prinzipien gegen Radikale verteidigen

Rechtsstaat und Toleranz sind aber die Voraussetzungen dafür, dass Menschen unterschiedlichen Glaubens friedlich zusammen leben können. Offensichtlich sehen viele Menschen nicht nur in Deutschland diese Prinzipien in Gefahr – durch wachsende Einwanderung aus islamischen Ländern und durch zunehmende Religiosität bis hin zur Radikalisierung Einzelner.

Das „christlich-jüdische Europa“, das nebenbei auch eine antike Vergangenheit hat und den Geist der Aufklärung atmet, ist es wert, erhalten zu werden. Nicht nur gegen religiöses Eiferertum – auch gegen politische Radikale, die sich die wachsenden Spannungen zunutze machen wollen.