Frankfurt. Trotz großer Kritik sind am Donnerstag 34 Afghanen in ihre Heimat abgeschoben worden. Innenminister de Maizière verteidigt die Aktion.

Unter den aus Deutschland nach Afghanistan abgeschobenen 34 abgelehnten Asylbewerbern waren nach Angaben von Innenminister Thomas de Maizière (CDU) ein Drittel Straftäter. Sie seien wegen Vergehen wie Diebstahl, Raub, Drogendelikten, Vergewaltigung und Totschlag verurteilt worden, sagte de Maizière am Donnerstag in Berlin.

Teilweise seien die Afghanen direkt aus der Haft heraus abgeschoben worden. Unter den Männern seien keine freiwillig Ausgereisten gewesen. Die Lage für sie sei in Afghanistan „hinreichend sicher“. Das Flugzeug mit den abgelehnten Asylbewerbern war am Donnerstag um kurz nach fünf Uhr (Ortszeit) von Frankfurt am Main kommend in der afghanischen Hauptstadt Kabul gelandet.

Seehofer begrüßt Abschiebungen

Dort wurden sie laut de Maizière von der Polizei, Vertretern der Internationalen Organisation für Migration (IOM), des afghanischen Flüchtlingsministeriums und Mitarbeitern der deutschen Botschaft empfangen.

CSU-Chef Horst Seehofer begrüßte die Maßnahme. „Und ich hoffe, dass es keine einmalige Aktion ist“, sagte er in der ARD. „Wir können das Schutzbedürfnis für wirklich Verfolgte nur erfüllen, wenn wir den Missbrauch dieses Asylrechts nicht zulassen“, so Seehofer.

Weitere Abschiebungen angekündigt

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hatte am Mittwochabend bestätigt, dass unter den Abgeschobenen auch acht Afghanen aus Bayern waren. Er kündigte weitere Abschiebungen auch nach Afghanistan an und widersprach Kritik an dieser Praxis. Für den Januar ist offenbar die nächste Maschine gechartert.

Gegen die Abschiebungen hatte es in den vergangenen Wochen Proteste gegeben. Kritiker verweisen darauf, dass viele afghanische Regionen als nicht sicher gälten und Rückkehrern vor Ort Repressalien drohten.

Grünen-Fraktionschef Hofreiter sprach „unbarmherzigen Spiel“

Am Mittwoch protestierten Hunderte Menschen am Frankfurter Flughafen gegen die Abschiebung von 34 Afghanen.
Am Mittwoch protestierten Hunderte Menschen am Frankfurter Flughafen gegen die Abschiebung von 34 Afghanen. © dpa | Susann Prautsch

Am Frankfurter Flughafen protestierten mehrere Hundert Demonstranten gegen die Abschiebung. Sie trugen Schilder mit der Aufschrift: „Stopp - Keine Abschiebung nach Afghanistan“. In Sprechchören forderten sie: „Abschiebung ist Folter, Abschiebung ist Mord, Bleiberecht für alle, jetzt sofort!“

Kritik kam auch von der Opposition und Nichtregierungsorganisationen wie Pro Asyl. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sprach von einem „unbarmherzigen Spiel“ von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Die Ärzteorganisation IPPNW hält die Maßnahme für unvereinbar mit der Achtung der Menschenrechte.

Pro Asyl appelliert an Landesregierungen

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl appellierte an die Grünen in Landesregierungen, Sammelabschiebungen von nicht als Asylbewerber anerkannten Afghanen zu verhindern. „Wir wenden uns explizit an die Grünen in Hessen, Baden-Württemberg und Hamburg, alles zu tun, dass diese Menschen nicht abgeschoben werden“, sagte Geschäftsführer Günter Burkhardt.

Der Direktor der Internationalen Organisation für Migration (IOM), William Lacy, sagte dagegen der Zeitung „Die Welt“, er halte die Rückführung von Afghanen in vielen Fällen für ausreichend sicher.

Gericht stoppt Abschiebung in Einzelfall

Kurz vor dem Start des Flugzeugs in Frankfurt hatte das Bundesverfassungsgericht wegen besonderer Umstände in einem Einzelfall die Abschiebung eines Afghanen ausgesetzt. Das Gericht hatte in seiner Entscheidung im Fall des 29-Jährigen die Frage, ob angesichts der aktuellen Lage in Afghanistan Abschiebungen verfassungsrechtlich vertretbar sind, ausdrücklich offengelassen.

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Bundesinnenminister Thomas de Maizière will mit den Abschiebungen auch ein Signal aussenden, dass nicht alle afghanischen Einwanderer in Deutschland Asyl bekommen. Mehrfach hat der CDU-Politiker betont, dass die Sicherheitslage in den einzelnen Regionen des Landes unterschiedlich zu bewerten sei.

Integrationsbeauftragte teilt Bedenken gegen Abschiebepraxis

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz, sagte der „Stuttgarter Zeitung“, sie teile die Bedenken einiger Bundesländer. Die freiwillige Rückkehr sei sinnvoller. (rtr/dpa)