Berlin. Menschen sollen nicht mehr wegen Sozialhilfe nach Deutschland ziehen: EU-Ausländer erhalten künftig erst nach fünf Jahren diese Hilfe.

Wer aus einem anderen EU-Land nach Deutschland zieht und keine Arbeit hat, soll künftig erst nach fünf Jahren Anspruch auf Sozialhilfe bekommen. Der Bundestag beschloss am Donnerstagabend ein von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) vorgelegtes Gesetz. Danach sind EU-Ausländer, die in Deutschland nicht arbeiten oder zuvor nie gearbeitet haben, weitgehend von Sozialhilfeleistungen ausgeschlossen.

Künftig besteht für sie erst nach fünf Jahren ein Leistungsanspruch gemäß den Sozialgesetzbüchern II und XII, „nach eingetretener Verfestigung des Aufenthaltes“, wie es im Gesetz heißt. Bisher steht Zuwanderern ohne Arbeit nach einem halben Jahr Aufenthalt in Deutschland Sozialhilfe zu. Dafür müssen die Kommunen und Landkreise aufkommen. Städte und Gemeinden drängten daher auf eine gesetzliche Neuregelung, die ihre Ausgaben für Sozialleistungen senkt.

Bundessozialgericht hatte Recht bejaht

Mit dem Gesetz reagierte die Bundesregierung auf Urteile des Bundessozialgerichts vom Dezember 2015. Die obersten Sozialrichter hatten entschieden, dass EU-Bürger zwar keine Hartz-IV-Leistungen beanspruchen können, wenn sie zur Arbeitssuche nach Deutschland einreisen, dann aber keine Arbeit finden. Es stehe ihnen aber nach sechs Monaten Sozialhilfe zu.

An dem Urteil hatte es Kritik gegeben, weil es als Einladung an Menschen in den ärmsten EU-Ländern verstanden werden könnte. Geklagt hatte ein rumänischer Familienvater, der nach mehreren erfolglosen Versuchen, mit Arbeit Geld zu verdienen, bei den Behörden Hartz IV beantragt hatte und die Geldleistungen dann vor Gericht erstritten hat.

Offenbach hatte Antragsteller ausweisen wollen

Die Stadt Offenbach hatte danach bundesweit Schlagzeilen gemacht mit der Ankündigung, EU-Bürgern die Aufenthaltserlaubnis zu entziehen, wenn sie Sozialhilfe beantragen. Offenbachs Kämmerer und Sozialdezernent Felix Schwenke (SPD) hatte dabei eine schnelle Gesetzesänderung angemahnt. „Es muss sehr schnell eine neue gesetzliche Grundlage geben, nach der arbeitssuchende EU-Ausländer in Deutschland keinen Anspruch mehr auf Sozialleistungen haben!“

Das Bundeskabinett hatte bereits Mitte Oktober den Gesetzentwurf von Nahles gebilligt. Die Neuregelung sieht vor, dass hilfebedürftige Ausländer im Zeitraum bis zur Ausreise für einen Monat eine Überbrückungsleistung für Ernährung und Unterkunft erhalten sollen sowie die Kosten für die Rückreise erstattet bekommen können.

Nahles: Anspruch für Beitragszahler

Nahles hatte seinerzeit betont, wer hier lebe, arbeite und Beiträge zahle, habe auch Anspruch auf Sozialleistungen. Wer jedoch nie gearbeitet habe und auf staatliche Leistungen angewiesen sei, müsse diese in seinem Heimatland beantragen.

Die Opposition lehnt die Einschränkung der Sozialhilfeleistungen für EU-Bürger ab. Die Grünen plädieren dafür, dass EU-Ausländer bereits ab dem vierten Monat ihres Aufenthalts Anspruch auf Hartz IV haben sollten. Die Linksfraktion beklagte, die Regierung verrate die europäische Idee. Das Grundrecht auf die Sicherung des Existenzminimums müsse für alle Menschen in Deutschland gelten.

Kritik kam jüngst auch vom Paritätischen Wohlfahrtsverband, der in einer Anhörung des Parlaments von einem Tabubruch sprach. Es sei nicht akzeptabel, Menschen, die sich legal in Deutschland aufhalten, fünf Jahre lang von existenzsichernden Sozialleistungen auszuschließen. (epd/law)