Berlin. Wer im Ausland für eine Terrororganisation kämpft, soll ausgebürgert werden. Das plant zumindest Innenminister Thomas de Maizière.

Wer im Ausland für eine Terrororganisation kämpft, soll ausgebürgert werden. Das plant Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) nach Informationen unserer Redaktion. Der Minister knüpft mit seinem Gesetzentwurf an eine bestehende Regelung für Soldaten an, die ohne Zustimmung der Bundeswehr in den Dienst einer anderen Armee eintreten.

Die Illoyalität und Abwendung von der Bundesrepublik rechtfertigt laut Paragraf 28 des Staatsangehörigkeitsrechts den „Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft“. Was für Soldaten gilt, soll künftig auch Terroristen drohen.

Grundgesetz verbietet Staatenlosigkeit

Soldaten wie Terrorkämpfer dürfen allerdings nur ausgebürgert werden, wenn sie neben der deutschen noch eine weitere Staatsbürgerschaft haben – etwa die türkische oder die russische. Denn Artikel 16 des Grundgesetzes verbietet es, einen Menschen in die Staatenlosigkeit zu entlassen.

Schon bisher kann der Staat Deutschen den Pass oder Ausweis entziehen, um ihre Ausreise in den Dschihad zu verhindern. Aber: Sie bleiben Deutsche. In mehreren Fällen war dieses präventive Eingreifen der Behörden erfolgreich, in manchen Fällen konnte eine Ausreise dennoch nicht verhindert werden. Diese Menschen nun auszubürgern, hat allerdings eine neue Qualität.

Gabriel ist gegen den Vorschlag

De Maizières Initiative ist auch in der großen Koalition umstritten. Vize-Kanzler Sigmar Gabriel hat sich quergelegt. SPD-Fraktionsvize und Innenexpertin Eva Högl erläutert die rechtlichen und politischen Bedenken: „Der Vorschlag, die Staatsangehörigkeit zu entziehen, steht im Widerspruch zum bisherigen Prinzip, den Reisepass einzubehalten. Straftäter müssen in Deutschland bestraft werden.“

Zudem werte ein Entzug der Staatsbürgerschaft wie bei illoyalen Soldaten „den IS politisch auf, denn er würde mit dieser Regelung so behandelt wie Streitkräfte anderer Staaten“, sagte sie unserer Redaktion. Eine solche Regelung würde deutschen Dschihadisten in Syrien die Chance für einen Ausstieg verbauen. Es gebe keinen Weg zurück.

870 Deutsche in Syrien und dem Irak

Derzeit sind laut Bundeskriminalamt 870 Kämpfer aus Deutschland nach Syrien und Irak ausgereist. Häufig wissen die Sicherheitsbehörden nicht, was der einzelne Dschihad-Reisende in Syrien oder dem Irak treibt. Und so ist auch die Zahl der Dschihadisten mit doppelter Staatsbürgerschaft nicht genau bekannt: eine „niedrige dreistellige Zahl“ schätzt das BKA. Auf diese Gruppe zielt der Vorstoß von de Maizière ab.

Der Innenminister setzt sich im Alleingang über Bedenken seines Koalitionspartners hinweg. Im Kabinett liegt sein Gesetzentwurf bereits zur Abstimmung vor. Demnach ist eine Terrormiliz – vergleichbar einer Armee – ein Verband, „der hinsichtlich seiner Größenordnung sowie seines operativen und territorialen Wirkens in der Lage ist und beabsichtigt, zumindest regional staatsähnliche Machtstrukturen auszubilden“, wie es im Entwurf heißt.

De Maizière hörte sich 2014 noch anders an

Auch müsse man berücksichtigen, dass sich Staaten in vielen Konfliktlagen auflösten und nicht mehr bestünden. Das heißt: Es gibt im Einzelfall keine reguläre Armee mehr, wohl aber Milizen. Entscheidend für den Verlust der Staatsbürgerschaft ist, dass der Betroffene kämpft (nicht nur in eine Armee eintritt), sich im Ausland aufhält und „in den Herrschaftsbereich der Terrormiliz begeben hat“.

Noch 2014 sagte de Maizière im „Stern“, „es sind unsere Söhne und Töchter. Ein Großteil wurde hier geboren. Wir tragen für dessen Radikalisierung Verantwortung“. De Maizière gibt zu, dass er lange gedacht habe, die Ausbürgerung sei „nicht prioritär“.

CDU sich als Sicherheitsgarant profilieren

Nun erfindet sich der Minister neu. Seine Partei will sich im Bundestagswahlkampf als Garant für Sicherheit profilieren. Härte ist gefragt. „Wer unseren Staat mit Terror bekämpft“, sagt der Minister, „muss mit einer harten Antwort rechnen.“