Berlin. Bisher werden die „Reichsbürger“ nicht vom Verfassungsschutz beobachtet – zu zersplittert. Diese Einschätzung könnte sich nun ändern.

Nach den tödlichen Schüssen eines „Reichsbürgers“ auf Polizisten soll der Inlandsgeheimdienst die radikale Gruppierung genauer ins Visier nehmen. Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Stephan Mayer, will die Bewachung der zersplitterten Organisation durch das Bundesamt für Verfassungsschutz prüfen lassen.

Anlass ist der Angriff eines 49-jährigen „Reichsbürgers“ auf vier Polizisten in Franken, bei dem ein Beamter starb. „Der Fall muss Konsequenzen haben“, sagte Mayer der „Berliner Zeitung“ am Freitag.

De Maizière kündigt Neubewertung an

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) kündigte eine Neubewertung der Bewegung an. Sie erkennt die Bundesrepublik nicht als Staat an und behauptet stattdessen, das Deutsche Reich bestehe bis heute fort. De Maizière sagte der „Rheinischen Post“ am Freitag, bislang habe der Verfassungsschutz die „Reichsbürger“ als sehr zersplitterte und heterogene Bewegung gesehen.

Die innenpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, erhob schwere Vorwürfe gegen den Verfassungsschutz. Der Inlandsgeheimdienst habe das Gefahrenpotenzial der Bewegung unterschätzt, sagte Mihalic im ARD-„Morgenmagazin“. Es sei seit längerem bekannt, dass die Gruppierung „in hohem Maße aggressiv ist, dass sie sich in Teilen auch bewaffnet“.

Erneuter „Reichsbürger“-Angriff auf Polizisten in Sachsen-Anhalt

In Sachsen-Anhalt hat es unterdessen wieder eine „Reichsbürger“-Attacke gegeben. Ein Anhänger der Bewegung griff Beamte in einem Bürger-Center der Stadt Salzwedel an. Dabei beschimpfte der Mann die Polizisten als Nazis und schlug unvermittelt auf sie ein. Als die Polizisten sich wehrten, wurden sie auch von der 34-jährigen Ehefrau angegriffen.

In Bayern sind nach Informationen des „Münchner Merkurs“ auch vier Polizisten bei den „Reichsbürgern“ aktiv. Dies habe ein Sprecher des Innenministeriums bestätigt, berichtet die Zeitung am Freitag. Ein Polizeihauptkommissar, der als Ausbilder tätig sei, wurde demnach suspendiert. Bei drei weiteren Polizisten unter Verdacht werde deren Einstellung zu den „Reichsbürgern“ geprüft. (dpa)