Moskau/Paris. Russlands Außenminister hat neue Verhandlungen über den Bürgerkrieg in Syrien angekündigt. Nicht nur die USA sitzen dann mit am Tisch.

Neue Hoffnung im Syrien-Konflikt: Russlands Außenminister Sergej Lawrow kommt am 15. Oktober zu direkten Gesprächen mit seinem US-Kollegen John Kerry in Lausanne zusammen. Das teilte das Außenamt in Moskau am Mittwoch mit.

An dem Treffen am Samstag im schweizerischen Lausanne sollen auch Vertreter wichtiger Länder in der Krisenregion teilnehmen. Im Gespräch sind etwa die Türkei, der Iran und Saudi-Arabien. Gemeinsam sollen Wege einer politischen Lösung im Syrien-Krieg gesucht werden, hieß es.

Washington und Moskau verfolgen verschiedene Interessen

Die USA hatten vor einer Woche den Dialog mit Russland über eine neue Waffenruhe in der umkämpften syrischen Großstadt Aleppo ausgesetzt. Da Washington und Moskau grundverschiedene Interessen in Syrien verfolgen, gilt die Gefahr einer Eskalation im gesamten Nahen Osten und darüber hinaus als beträchtlich.

Wegen der andauernden russischen Luftangriffe in der syrischen Großstadt Aleppo ist das Verhältnis zwischen Russland und dem Westen zerrüttet. Am Wochenende hatten die UN-Vetomächte Russland und Frankreich gegenseitig Resolutionen im Weltsicherheitsrat blockiert. Frankreich spricht angesichts der Luftangriffe in Aleppo von mutmaßlichen Kriegsverbrechen und fordert eine Untersuchung des Weltstrafgerichts.

Putin weist Vorwurf von Kriegsverbrechen zurück

Russlands Präsident Wladimir Putin wies den Vorwurf von Kriegsverbrechen in Aleppo indes zurück. „Das ist politische Rhetorik, die nicht viel Sinn hat und die Realitäten in Syrien nicht berücksichtigt“, sagte Putin in einem am Mittwochabend ausgestrahlten Interview des französischen Senders TF1. „Ich bin tief überzeugt, dass es unsere westlichen Partner sind, allen voran natürlich die Vereinigten Staaten, die für die Situation in der Region allgemein und besonders in Syrien verantwortlich sind.“

Der Kremlchef hatte bereits zuvor scharfe Kritik an Frankreich geübt, nachdem er am Vortag einen für 19. Oktober geplanten Besuch in Paris abgesagt hatte. Putin sagte, Frankreich habe bei der Abstimmung über eine Syrien-Resolution im UN-Sicherheitsrat vorsätzlich falschgespielt. Russland habe keine andere Wahl gehabt, als ein Veto gegen den Entwurf einzulegen. Frankreich habe „antirussische Hysterie“ anheizen wollen und im Auftrag der USA gehandelt.

Westen erhebt Vorwürfe gegen Russland

Premierminister Manuel Valls verteidigte dagegen die Haltung seiner Regierung. Die Position Russlands sei unverantwortlich. Die syrischen Regierungstruppen könnten ohne die massive Hilfe von Russland nicht an der Schlacht um Aleppo teilnehmen.

In dem von Frankreich und Russland blockierten Resolutionsentwurf ging es um die Lage in der heftig umkämpften Stadt. Westliche Regierungen warfen Russland nach dem Veto vor, kein Interesse an einem Ende der Gewalt zu haben. Russland ist der wichtigste Verbündete des syrischen Staatschefs Baschar al-Assad.

Russische Luftangriffe auf Ziele in Syrien

Der Föderationsrat in Moskau bestätigte derweil ein Abkommen über die unbefristete Stationierung von Kampfjets auf einer russischen Basis in Syrien. Die 2015 von Moskau und Damaskus auf den Weg gebrachte Vereinbarung sieht unter anderem Straffreiheit für russische Soldaten sowie freie Hand beim Transport von Munition und Waffen vor.

Moskau fliegt als Partner des Regimes in Damaskus seit über einem Jahr Angriffe auf Ziele in Syrien. Neben dem Stützpunkt Hamaimim in der Provinz Latakia verfügt Russland in Syrien über eine Marinebasis.

Viele Tote in Aleppo

Zuletzt wurden bei neuen Luftangriffen nahe einem Markt im Rebellengebiet Aleppos nach Angaben von Helfern mindestens 25 Menschen getötet. Zudem seien am Mittwoch mehr als 20 Menschen bei dem Bombardement im Stadtteil Al-Ferdous in der syrischen Stadt verletzt worden, teilte die Organisation der Weißhelme mit.

Die Angriffe wurden vermutlich von den Truppen von Machthaber Baschar al-Assad oder deren Verbündetem Russland ausgeführt. Aktivisten berichteten, es seien bunkerbrechende Bomben eingesetzt worden.

Nach Tagen relativer Ruhe waren am Dienstag erstmals wieder schwere Bombardements auf Aleppo niedergegangen. Bei den Weißhelmen handelt es sich um eine Hilfsorganisation, die in Aleppo und anderen Gebieten des Bürgerkriegslands Überlebende nach Angriffen sucht. Ihre Informationen erwiesen sich in der Vergangenheit als verlässlich. (dpa/rtr)