Chemnitz. In der Nacht zu Montag hat die Polizei den gesuchten Terrorverdächtigen aus Syrien in Leipzig festgenommen. Was bislang bekannt ist.
Der flüchtige Terrorverdächtige Dschaber al-Bakr, der der Polizei bei einem Anti-Terror-Einsatz in Chemnnitz entwischt war, ist in der Nacht zu Montag in Leipzig festgenommen worden. Der 22-jährige Syrer war seit Samstag auf der Flucht. Die Umstände der Festnahme sind noch ungeklärt. Was wir bisher wissen:
Wer ist der Hauptverdächtige?
Bei dem Hauptverdächtigen handelt es sich um den 22 Jahre alten Syrer Dschaber al-Bakr. Er wird der Vorbereitung eines Bombenanschlags verdächtigt. Das Landeskriminalamt hatte ihn bundesweit öffentlich zur Fahndung ausgeschrieben. Er hatte aller Wahrscheinlichkeit Kontakte zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS), wie der sächsishe Innenminister Markus Ulbig am Montag erklärte. Al-Bakr war am Samstag dem Zugriff nur knapp entkommen. Die Beamten hatten in dem Wohnviertel einen Warnschuss abgegeben.
Am Montag bekam die Polizei dann einen Hinweis, dass al-Bakr von Landsleuten in einer Leipziger Wohnung festgehalten wird. Die Beamten konnten den Verdächtigen daraufhin festnehmen. Er wurde ihnen, so LKA-Chef Jörg Michaelis, „in gefesseltem Zustand übergeben“.
Die Sicherheitsvorkehrungen an Bahnhöfen und Flughäfen waren nach dem Einsatz in Chemnitz verschärft worden. Die Bundesanwaltschaft hatte die Ermittlungen übernommen, es gehe um den Verdacht einer schweren, staatsgefährdenden Gewalttat (Paragraf 89a StGB). Auf Twitter hatte die Polizei zur Vorsicht gemahnt.
Der Syrer ist im Februar 2015 nach Sachsen gekommen und war in Eilenburg (Nordsachsen) gemeldet, wie die Deutsche Presse-Agentur am Montag aus Sicherheitskreisen erfuhr. Im Juli wurde der Syrer als Flüchtling anerkannt. Beim Verfassungsschutz hätten „Erkenntnisse“ zu ihm vorgelegen.
Wird ein terroristischer Hintergrund vermutet?
Die Polizei geht davon aus, dass der junge Mann einen „islamistisch motivierten Anschlag“ begehen wollte. Dem Bericht zufolge stand der Syrer offenbar über das Internet in Verbindung mit dem IS. Weiteres Indiz: Der Sprengstoff, der in Chemnitz sichergestellt werden konnte, gleicht in seiner Art dem, den die Attentäter der Anschläge von Paris im November 2015 verwendet haben.
Nach Informationen von „Süddeutscher Zeitung“, NDR und WDR fanden sich in der Chemnitzer Wohnung etwa 500 Gramm bereits gemischter Sprengstoff und etwa ein weiteres Kilo Chemikalien, die zum Bombenbau geeignet sind. Außerdem stellte die Polizei Zünder sicher und Teile, die nach erster Bewertung zur Herstellung von Rohrbomben gedient haben könnten. Beamte zerstörten das Material mit einer kontrollierten Sprengung noch in dem Wohngebiet.
Gab es konkrete Anschlagspläne?
Medienberichten zufolge sollte der Anschlag einem deutschen Flughafen gelten, teils war auch von Berliner Flughäfen die Rede. Weder das LKA Sachsen noch der Verfassungsschutz wollten diese Berichte kommentieren. Es brauche aber nur geringe Fantasie, um sich vorzustellen, welche Ziele für einen Täter attraktiv seien, sagte LKA-Sprecher Bernhardt: Dies seien gewöhnlich öffentliche Orte, kritische Infrastrukturen oder Verkehrsknotenpunkte. Die Polizei werde sich dazu aber erst dann äußern, wenn sie konkrete Fakten habe.
Terror-Verdächtiger von Syrern gefasst
Wer sind die vier festgenommenen Verdächtigen?
Am Samstag wurden drei Männer festgenommen. Sie stehen laut LKA im Verdacht, Kontakt zu dem Hauptverdächtigen gehabt zu haben. Einen der Verdächtigen hatte die Polizei am Samstag in der durchsuchten Plattenbausiedlung festgenommen. Zwei weitere Männer fasste die Polizei am Chemnitzer Hauptbahnhof. Ein Spezialroboter untersuchte dort anschließend einen roten Koffer, den die Männer bei sich hatten. Die Polizei sperrte den Bahnhof teilweise ab. Der Koffer erwies sich schließlich als harmlos.
Ein vierter Mann wurde am Sonntag in Gewahrsam genommen und befragt. Auch er soll Kontakt zu Al-Bakr gehabt haben, wie die Polizei mitteilte. Ein Spezialeinsatzkommando hatte ihn in einer Wohnung im Chemnitzer Yorckgebiet festgenommen.
Die drei am Samstag als mögliche Komplizen festgenommenen Bekannten von Al-Bakr wurden am Sonntag dem Haftrichter vorgeführt. Zwei kamen wieder frei. Der Dritte ist in Untersuchungshaft genommen worden. Gegen ihn wurde nach Angaben der Staatsanwaltschaft vom Montag in Dresden Haftbefehl wegen Beihilfe zur Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat (Paragraf 89a StGB) erlassen. Der Syrer ist der Mieter der Wohnung, in der der Sprengstoff gefunden wurde.
Woher kamen die Hinweise auf die Tat?
Auslöser des Einsatzes in Chemnitz war nach Angaben des LKA-Sprechers eine Warnung des Verfassungsschutzes. Stefan Mayer, Sprecher des Bundesamtes für Verfassungsschutz in Köln, bestätigte auf dpa-Anfrage, seine Behörde habe den Hinweis am Freitag gegeben. Erste Hinweise auf al-Bakr hat es laut LKA-Chef Jörg Michaelis bereits Mitte September gegeben. (jei/dpa)