Brüssel. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn kritisiert Ungarn heftig für dessen Flüchtlingspolitik. „Typen wie Orbán“ schadeten der EU.

Wenige Tage vor dem Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs in Bratislava hat Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn den Ausschluss Ungarns aus der EU gefordert. „Wer wie Ungarn Zäune gegen Kriegsflüchtlinge baut oder wer die Pressefreiheit und die Unabhängigkeit der Justiz verletzt, der sollte vorübergehend oder notfalls für immer aus der EU ausgeschlossen werden“, sagte Asselborn der „Welt“. Dies sei die einzige Möglichkeit, um den Zusammenhalt und die Werte der EU zu bewahren.

„Der Zaun, den Ungarn baut, um Flüchtlinge abzuhalten, wird immer länger, höher und gefährlicher. Ungarn ist nicht mehr weit weg vom Schießbefehl gegen Flüchtlinge“, sagte Asselborn weiter. Wenn das Land heute EU-Mitglied werden wollte, hätte es keine Chance, aufgenommen zu werden, sagte Asselborn. Auch dem Ansehen Europas in der Welt würde dies schaden.

Steinmeier weist Forderung zurück

„Typen wie Orbán haben uns eingebrockt, dass die EU in der Welt dasteht wie eine Union, die sich anmaßt, nach außen Werte zu verteidigen, aber nach innen nicht mehr fähig ist, diese Werte auch aufrecht zu erhalten“, sagte Asselborn weiter. „Und das in einem Land, aus dem 1956 hunderttausende Menschen vor den Sowjets nach Europa geflohen sind.“

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hat die Forderung zurückgewiesen. „Das ist nicht meine persönliche Haltung, einem europäischen Mitgliedstaat die Tür zu weisen. Wir müssen uns den komplizierten Debatten, die es gibt, auch stellen“, sagte Steinmeier am Dienstag in Riga nach einem Treffen mit seinen baltischen Kollegen. Er könne aber verstehen, „dass mit Blick auf Ungarn einige in Europa ungeduldig werden angesichts der fortdauernden Debatten zwischen der EU-Kommission und der ungarischen Regierung“.

Kritik auch von anderen EU-Außenministern

Auch die Außenminister Lettlands und Litauens kritisierten den Luxemburger. „Diese Rhetorik ist nicht hilfreich, auch nicht, wenn man über eine Art Ausweisung oder andere Strafmaßnahmen spricht. Diese Politik im Megaphon-Stil hilft nicht“, sagte der lettische Außenminister Edgars Rinkevics.

Sein litauischer Kollege Linas Linkevisius fügte hinzu: „Wir müssen miteinander reden, nicht übereinander – insbesondere nicht in der Öffentlichkeit.“ Der österreichische Außen-Staatssekretär Harald Mahrer sagte, er halte solche öffentlichen Äußerungen für wenig hilfreich. „Die Ungarn machen eine vernünftige Aufgabe, weil sie sichern die Schengen-Außengrenze“, sagte Mahrer in Wien.

Informelles „Brexit“-Treffen am Freitag

27 EU-Staats- und Regierungschefs treffen sich am Freitag ohne Großbritannien informell in der slowakischen Hauptstadt Bratislava. Sie wollen über die Zukunft der EU nach einem „Brexit“ beraten. (dpa)