Osnabrück. Kontensperrung, Verhandlungs-Stopp, keine Visafreiheit: In Deutschland wird der Ruf nach Sanktionen gegen die Türkei immer lauter.

Die Linke-Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen fordert Sanktionen gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. „Wir brauchen wegen seiner brutalen Verfolgungspolitik mit Folter und Massenverhaftungen in der Türkei endlich Sanktionen gegen Erdogan. Seine Konten müssen gesperrt werden“, sagte Dagdelen der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.

Dagdelen forderte zudem, die Entsendung von Imamen nach Deutschland zu stoppen und Staatsverträge mit der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib) aufzukündigen: „Wer Ditib in die deutschen Klassenzimmer lässt, lässt quasi Erdogan in die Klassenzimmer.“ Der Verband gilt als der verlängerte Arm der türkischen Regierungspartei AKP von Erdogan in Deutschland.

Steinbach: Visafreiheit ist undenkbar

Die CDU-Bundestagsabgeordnete Erika Steinbach dagegen wandte sich trotz heftiger Kritik an den aktuellen Vorgängen in der Türkei gegen Sanktionen. „Ich glaube, das sollte man nicht machen“, sagte sie dem Deutschlandfunk. Steinbach ist Sprecherin ihrer Fraktion für Menschenrechtsfragen. Die Türkei sei inzwischen ein „autokratischer Staat“ geworden. Steinbach forderte die Europäische Union aber auf, sich in der Flüchtlingspolitik unabhängig von der Türkei zu machen. Die Beitrittsverhandlungen sollten gestoppt und das Flüchtlingsabkommen aufgekündigt werden. Visafreiheit für Türken derzeit sei „völlig undenkbar“.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sieht erst einmal Ankara am Zug: „Es gibt Bedingungen für die Visafreiheit, und diese sind allen Seiten bekannt“, sagte er der „Rheinischen Post“. Die Türkei habe da „noch Arbeit vor sich“. „Es bringt jetzt nichts, sich gegenseitig Ultimaten zu stellen und zu drohen“, fügte er hinzu.

CDU-Vize Thomas Strobl mit Blick auf das Ultimatum des türkischen Außenministers Mevlüt Cavusoglu: „So haben Staaten nicht miteinander umzugehen.“ Cavusoglu hatte am Montag den Flüchtlingspakt mit der EU infrage gestellt und ultimativ die versprochene Visumfreiheit für Türken gefordert. Die EU-Kommission hat die Aufhebung der Visumpflicht bisher nicht zugesagt, weil Ankara nicht alle 72 Bedingungen dafür erfüllt hat, darunter die Reform der türkischen Anti-Terror-Gesetze. (dpa/rtr)