Nizza/Berlin. Wortkarg, verheiratet, drei Kinder: Mohamed Lahouaiej-Bouhlel war der Polizei nur für belanglose Delikte bekannt. Eine Spurensuche.

Der Mann, der am Donnerstag einen Lkw in ein Menschenmenge in Nizza steuerte und mehr als 80 Menschen tötete, hat nie gegrüßt, wenn man auf der Straße „Hallo“ zu ihm sagte. Das haben Nachbarn erzählt, als man sie am Tag nach dem Anschlag fragte, was der 31-Jährige denn für ein Typ gewesen sei.

Ein Einzelgänger sei er gewesen, einer, der kaum geredet hat, sagten sie. Shorts und Boots habe er meistens getragen, erzählt einer. Sein Fahrrad habe er immer in den ersten Stock getragen. Ob er religiös gewesen sein? Eher nicht, zumindest nicht äußerlich erkennbar. Die französische Zeitung „Le Monde“ schreibt, er sei Kraftfahrer gewesen, habe Waren ausgefahren.

Sollte er sich tatsächlich radikalisiert haben, worüber man bislang nur spekulieren kann, dann muss sich diese Entwicklung also verdeckt abgespielt haben. Nur so viel scheint klar: Die Tat war geplant. Den Lkw hatte der Täter laut Ermittler bereits einige Tage vor dem Anschlag im Süden Frankreichs gemietet.

Verheiratet, drei Kinder

Die französische Polizei hat den Namen des Mannes inzwischen veröffentlicht: Mohamed Lahouaiej-Bouhlel, 31 Jahre alt, verheiratet, drei Kinder. Ein Tunesier mit einer französischen Aufenthaltsgenehmigung, der in Nizza lebte. Beamte hatten Papiere in dem Lkw gefunden, die die Ermittler auf die Spur des Mannes brachten. Fingerabdrücke in dem Kühlwagen, der zum Tatwerkzeug wurde, passten auch zu Lahouaiej-Bouhlel. Am Morgen stürmte die Polizei seine Wohnung.

Das Foto des Attentäters Mohamed Lahouaiej-Bouhlel auf seiner Aufenthaltsgenehmigung.
Das Foto des Attentäters Mohamed Lahouaiej-Bouhlel auf seiner Aufenthaltsgenehmigung. © AFP/Getty Images | Getty Images

Die tunesischen Behörden sagten der Nachrichtenagentur Reuters, Lahouaiej-Bouhlel komme aus der Stadt M’saken, nicht weit von Monastir. Dort sei er das letzte Mal vor vier Jahren gewesen. Bekannt war ihnen Lahouaiej-Bouhlel demnach nicht. Weder wegen Verbindungen zu terroristischen Vereinigungen noch wegen anderer Delikte.

Sein Vater sagt, Mohamed sei vor vielen Jahren in psychiatrischer Behandlung gewesen. Damals, es war zwischen 2002 und 2004, habe er einen Nervenzusammenbruch erlitten. „Er wurde cholerisch, er schrie, schlug alles kaputt, was er fand“, sagte Mohamed Mondher Lahouaiej-Bouhlel. Aber religiös? Nein, das sei sein Sohn nicht gewesen, versichert er. „Er betete nicht, er fastete nicht, er trank Alkohol und nahm sogar Drogen.“

Zick-Zack auf der Promenade

Die Polizei in Nizza kannte Mohamed Lahouaiej-Bouhlel, allerdings nicht wegen Verbindungen zum Terrorismus, sondern schlichtweg wegen kleinerer Delikte, Schlägereien und Diebstählen. Belanglos. Das letzte Mal stand er im März vor Gericht, der Vorwurf: Körperverletzung. Auf einer Beobachtungsliste der Polizei habe Lahouaiej-Bouhlel aber nicht gestanden. Beamte fanden in dem Lastwagen eine inaktive Granate und einige Gewehrattrappen. Das Attentat wird als Terrorakt behandelt, bisher hat sich aber noch keine Gruppierung oder Organisation dazu bekannt.

Augenzeugen erzählten, der Lastwagen sei mit hoher Geschwindigkeit in die Menschen auf der Promenade am Strand von Nizza gefahren. Er habe mindestens einmal die Richtung geändert, sei Zick-Zack gefahren. Offenbar, um möglichst viele Menschen zu treffen.

Die Polizei hat Lahouaiej-Bouhlel schließlich erschossen. Ob er Komplizen hatte, ist noch unklar, die Ermittler befragen derzeit Bekannte des Mannes.