Berlin. Der Bundesverfassungsgericht erhöht wegen überzogener Frist den Druck auf die Politik. Die Erbschaftssteuerreform soll rasch kommen.

Eigentlich wollte sich der Politikbetrieb in den kommenden Tagen in die Sommerpause verabschieden. In der vergangenen Woche hatten Bundestag und Bundesrat zum letzten Mal getagt und unangenehme Themen in den Herbst verschoben – zum Beispiel die Erbschaftsteuerreform. Dieser Plan aber dürfte nicht aufgehen: Das Bundesverfassungsgericht hat Bundestag, Bundesrat und Ministerien nun mit der Nachricht aufgeschreckt, sich Ende September erneut mit eben jener Reform befassen zu wollen. Die sommerliche Ruhe ist vor allem deshalb gestört, weil unklar ist, was die Richter meinen, wenn sie in einem Brief an Bundestag und Bundesrat schreiben, sie würden sich mit dem Thema „befassen“.

Um die Nachricht aus Karlsruhe zu verstehen, muss man wissen, dass Bund und Länder die Reform der Erbschaftsteuer bis Ende Juni hätten abschließen sollen. Diese Frist hatte Karlsruhe in seinem Urteil vor eineinhalb Jahren gesetzt. Das Gericht hatte bemängelt, die Ausnahmen für Firmenerben seien zu großzügig. Seitdem streiten Bund und Länder, SPD und Union um eine Lösung. Dass das Gericht dem tatenlos zusehen würde, war unwahrscheinlich. Experten sehen das Signal aus Karlsruhe deshalb als Mahnung, solche Fristen ernst zu nehmen. Die Botschaft: Wenn nicht bald klar ist, wie ein Kompromiss aussieht, kann es ungemütlich werden. Dann könnte das Gericht androhen, selbst tätig zu werden. Nicht mit einem eigenen Gesetz, sondern schlicht dadurch, dass es die Paragrafen, die für Firmenerben wichtig sind, für nicht mehr anwendbar erklärt. Das hätte dramatische Folgen für Unternehmen und ihre Erben.

Schäuble mahnt zur Eile

Das Bundesfinanzministerium von Wolfgang Schäuble (CDU) mahnt nun zur Eile. Man solle den Sommer „nicht ungenutzt verstreichen lassen“, hieß es im Ministerium. Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat solle bald zusammentreten und die Reform endlich über die Bühne bringen.

Der Vorsitzende dieses Ausschusses, der CDU-Abgeordnete Johann Wadephul, hingegen sagte unserer Redaktion: „Es bleibt dabei, dass der Vermittlungsausschuss erst Anfang September zusammenkommen wird.“ Der Sommer solle und könne aber für informelle Gespräche genutzt werden: „Bis Ende September ist es bei gutem Willen möglich, dass Vermittlungsverfahren erfolgreich zu Ende zu bringen.“

SPD-Fraktionsvize Carsten Schneider gab der CSU und ihren Sonderwünschen die Schuld an der Verzögerung der Reform. In der Wirtschaft wurde die Reaktion des Verfassungsgerichts positiv gesehen. Nun müsse es rasch ein Ergebnis geben, hieß es beim DIHK.