Brüssel. Die belgische Polizei hat zwölf mutmaßliche Terroristen festgenommen. Bei Razzien in der Nacht waren 40 Wohnungen durchsucht worden.

Nach einer großen Anti-Terror-Aktion mit Dutzenden Hausdurchsungen haben die Behörden in Belgien drei Verdächtige in Haft genommen. Den belgischen Staatsbürgern werde versuchter „terroristischer“ Mord sowie die Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen, teilte die Staatsanwaltschaft am Samstagabend in Brüssel mit. Die Männer im Alter von 27, 29 und 40 Jahren waren in der Nacht auf Samstag bei großangelegten Polizeiaktionen im Land gefasst worden. Neun weitere festgenommene Verdächtige wurden nach Verhören wieder freigelassen.

Bei nächtlichen Anti-Terror-Razzien hatten Einsatzkräfte im Land Dutzende Häuser durchsucht und zahlreiche Verdächtige festgesetzt. Zwölf Menschen sind festgenommen und 40 vernommen worden, teilte die Staatsanwaltschaft am Samstag in Brüssel mit. Es seien weder Waffen noch Sprengstoff gefunden worden, hieß es weiter. Ermittlungsergebnisse hätten jedoch ein „unmittelbares Einschreiten“ erfordert.

Dem TV-Sender VTM zufolge stehen die Festgenommenen im Verdacht, für dieses Wochenende einen Anschlag in Brüssel geplant zu haben, und zwar während eines Fußballspiels der belgischen Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft in Frankreich. Das Team sollte am Samstagnachmittag um 15 Uhr in Bordeaux gegen die Auswahl Irlands antreten.

Bericht: Schutz für Regierungsmitglieder verstärkt

Die belgische Zeitung „Le Soir“ berichtete unter Berufung auf Sicherheitskreise, potenzielle Ziele seien Public-Viewing-Zonen, wo Fans sich EM-Spiele anschauen, oder andere stark belebte Orte wie Einkaufszentren und Bahnhöfe. Eine offizielle Bestätigung dafür gab es zunächst nicht. Der Sender RTBF berichtete, das belgische Krisenzentrum habe am Freitag verstärkten Schutz für einige Regierungsmitglieder angeordnet, darunter Ministerpräsident Charles Michel.

Die belgische Polizei hatte vergangene Woche Sicherheitskreisen zufolge eine Warnung erhalten, dass sich Kämpfer der Extremistenmiliz IS auf den Weg nach Europa gemacht und Anschläge in Belgien und Frankreich geplant hätten. Ein Ermittlungsrichter sollte im Laufe des Tages entscheiden, ob die zwölf Festgenommenen in Haft bleiben.

Großeinsatz knapp drei Monate nach den Anschlägen in Brüssel

Der Großeinsatz erfolgte knapp drei Monate nach den verheerenden Terroranschlägen in Brüssel. Selbstmordattentäter hatten am 22. März am Brüsseler Flughafen und in einer Metrostation in der Innenstadt 32 Menschen mit in den Tod gerissen.

In der Nacht auf Samstag durchsuchten Sicherheitskräfte nun insgesamt 152 Garagen und Dutzende Häuser in 16 Gemeinden. Darunter waren unter anderem die als Islamisten-Hochburg bekannte Brüsseler Stadtgemeinde Molenbeek. Dort war unter anderem im März Salah Abdeslam gefasst worden. Zu dem Zeitpunkt gehörte der 26-Jährige im Zusammenhang mit den Anschlägen von Paris im November 2015 zu den meistgesuchten Terroristen in Europa.

Diesmal standen deutlich mehr belgische Gemeinden im Fokus der Ermittler. Durchsuchungen gab es demnach unter anderem in den Brüsseler Gemeinden Schaerbeek und Forest sowie in den im französischsprachigen Südteil des Landes gelegenen Städten Tubize und Lüttich. Zwischenfälle habe es bei den Razzien nicht gegeben, hieß es. Ob belastendes Material sichergestellt wurde, wurde zunächst nicht bekannt.

Terrorwarnstufe 3: Anschlag „möglich und wahrscheinlich“

Bereits im Laufe der vergangenen Woche war die Anspannung in Belgien wieder gestiegen. Die Tageszeitung „La Dernière Heure“ und andere Blätter berichteten, dass Dschihadisten Syrien verlassen hätten, um in Belgien und Frankreich Attentate zu verüben. So sei beispielsweise ein Ladenzentrum in der Brüsseler Innenstadt bedroht. Für die Berichte gab es keine offizielle Bestätigung.

Die in Belgien zuständige Stelle zur Bewertung der Terrorbedrohung (Ocam) hat die Terrorwarnstufe im Land unverändert auf der zweithöchsten Stufe gelassen. Die Terrorwarnstufe 3 (von insgesamt 4) bedeutet, dass eine Terrorattacke möglich und wahrscheinlich ist.

Bereits am Freitag hatten die Behörden in Belgien einen 30 Jahre alten Mann in Haft genommen. Im Zusammenhang mit den Attentaten vom 22. März würden ihm unter anderem „terroristische“ Morde und Mordversuche vorgeworfen, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Im Rahmen der Ermittlungen seien zudem Ereignisse in einem Haus in der Brüsseler Gemeinde Etterbeek „rekonstruiert“ worden. Es sei vermutlich vor den Anschlägen von der Terrorgruppe als Unterschlupf genutzt worden. (dpa/rtr)