Berlin. Nach den Übergriffen in Köln will Justizminister Heiko Maas das Sexualstrafrecht reformieren. Nun stimmt der Bundesrat darüber ab.

Seit der Kölner Silvesternacht hat der Druck auf die Politik für eine Verschärfung des Sexualstrafrechts massiv zugenommen. Nach der ersten Lesung der Regierungspläne im Bundestag befasst sich am Freitag auch der Bundesrat mit der umstrittenen Reform.

Die Länderkammer hatte die schwarz-rote Bundesregierung bereits im März aufgefordert, strengere Regeln vorzubereiten. So müsse schon das fehlende Einverständnis des Opfers eine Strafbarkeit auslösen – es gelte der Grundsatz „Nein heißt Nein“. „Dieser Ansatz verträgt keine Einschränkungen“, sagte Unions-Rechtsexpertin Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU) vor der Debatte im Bundesrat.

Opferverbände sind skeptisch

Die Regierung möchte Frauen und Männer nach den vorliegenden Plänen von Justizminister Heiko Maas (SPD) besser vor sexueller Gewalt schützen. Maas' Gesetzentwurf sieht für Übergriffe auch dann bis zu zehn Jahre Haft vor, wenn sich Opfer nicht massiv wehren oder wehren können – allerdings nur unter bestimmten Bedingungen. Dazu zählt etwa, dass der Täter das Opfer überrascht.

Dies bestätigt Winkelmeier-Becker zufolge „letztlich nur das überholte Grundkonzept, dass es immer einen Widerstand braucht“. „Wir sind dafür, dass es ausreicht, den erkennbaren Willen eines Opfers zu überschreiten, um sich strafbar zu machen.“

Inzwischen kristallisiert sich heraus, dass auch die Fraktionsspitzen von Union und SPD diesen Ansatz verankern wollen. Maas zeigte sich offen dafür. Die Reform, die ursprünglich Mitte des Jahres in Kraft treten sollte, könnte daher noch einmal überarbeitet werden.

Reform wurde bereits vor Silvester angestoßen

Maas hat daneben für den Herbst Ergebnisse einer Expertenkommission zur Überarbeitung des gesamten Sexualstrafrechts angekündigt. Dann wolle er auch Diskussionen über sogenannte Grapscherfälle „positiv begleiten“, sagte er in der Bundestagsdebatte vor zwei Wochen. Die Verschärfungen werden im Lichte der massenhaften Übergriffe auf Frauen in der Silvesternacht in Köln und anderen Städten diskutiert. Die Reform war allerdings bereits zuvor angestoßen worden.

Bundesweit werden pro Jahr rund 8000 Vergewaltigungen angezeigt. Experten schätzen, dass nur jedes zehnte Opfer zur Polizei geht. Und nur etwa jeder zehnte Verdächtige wird verurteilt. Winkelmeier-Becker zeigte sich skeptisch, ob die Reform daran etwas ändern wird: „Ich kann nicht versprechen, dass die Verurteilungsquoten signifikant steigen. Ich kann aber versprechen, dass Schutzlücken in konkreten einzelnen Fällen geschlossen werden.“

Feministinnen, Rechtsanwältinnen und Betroffenenverbände kritisieren, es gelte – bis auf Ausnahmefälle – weiterhin der Grundsatz, dass sich das Opfer physisch zur Wehr setzen oder eine Fluchtmöglichkeit nutzen müsse. Manchen Juristen geht allerdings schon der vorliegende Entwurf zu weit – es könne allzu leicht zu falschen Beschuldigungen kommen. (dpa)