Brüssel/Berlin. Bisher galt er „nur“ als kriminell: Ein mit Terrorist El Bakraoui aus der Türkei ausgewiesener Düsseldorfer wurde nun eilig verhaftet.

Nach einer eigentlich bekannten Nachricht aus den Niederlanden haben die deutschen Sicherheitsbehörden am Donnerstagabend schnell reagiert: In Düsseldorf wurde ein Mann aus Salafistenkreisen festgenommen, der eine Verbindung zum Brüsseler Selbstmordattentäter Ibrahim El Bakraoui hat.

Ausschnitt aus dem Schreiben: So wurde die niederländische Botschaft über die Ankunft von Ibrahim El Bakraoui und einem deutschen Staatsbürger informiert.
Ausschnitt aus dem Schreiben: So wurde die niederländische Botschaft über die Ankunft von Ibrahim El Bakraoui und einem deutschen Staatsbürger informiert. © FMG

Der 28-jährige Samir E. ist Deutscher und war mit dem Brüsseler Terroristen aus der Türkei ausgewiesen und in den Flieger in die Niederlande gesetzt worden. Die Behörden seien damals über die Ankunft von El Bakraoui und eines Deutschen informiert worden, teilte der niederländische Justizminister Ard van der Steur am Nachmittag mit. In einer schriftlichen Unterrichtung des Parlaments erklärte er, die türkischen Behörden hätten in einer als „very urgent“ gekennzeichneten E-Mail vom 14. Juli 2015 mitgeteilt, dass Samir E. und der belgische Staatsbürger Ibrahim El Bakraoui das Land um 10.40 Uhr mit Flug PC671 der Pegasus Airline nach Amsterdam verlassen.

Zu dem Deutschen könne er keine weiteren Informationen geben, erklärte van der Steur . Darum sei er von Deutschland gebeten worden. Zeitgleich bereitete sich in Düsseldorf die Polizei auf die Festnahme von Samir E.vor. Kurz nach 20 Uhr stand ein Spezialkommando vor der Tür von Samir E. im Düsseldorfer Stadtteil Stadtteil Bilk, teilte die Staatsanwaltschaft mit.

Deutschland wurde früher informiert

Nach Angaben aus den Niederlanden hatten die belgischen und die deutschen Behörden eine ähnliche Nachricht erhalten. Deutschland sei demnach am 13. Juli über die Reise informiert worden, einen Tag vor dem Flug. Belgien erhielt die Nachricht angeblich über die Ankunft von El Bakraoui am Tag des Fluges.

Ibrahim El Bakraoui, mutmaßlicher Attentäter in der Brüsseler Metrostation, wurde in der Türkei festgenommen und in die Niederlande ausgeflogen. Mit ihm musste auch ein Deutscher das Land verlassen.
Ibrahim El Bakraoui, mutmaßlicher Attentäter in der Brüsseler Metrostation, wurde in der Türkei festgenommen und in die Niederlande ausgeflogen. Mit ihm musste auch ein Deutscher das Land verlassen. © REUTERS | STRINGER

Aus der vom belgischen Justizminister veröffentlichten E-Mail an die niederländische Botschaft geht kein Grund für die Ausweisung der beiden Männer hervor. Von El Bakraoui ist inzwischen bekannt, dass die türkischen Behörden in ihm einen möglichen „terroristischen ausländischen Kämpfer“ sahen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte am Mittwoch gesagt, man habe die belgischen Behörden gewarnt. Bei Samir E. hegte die Türkei einen ähnlichen Verdacht, schreibt “Spiegel Online“. Das könnte das plötzliche Handeln der deutschen Behörden erklären: ohe Fluchtgefahr nach den Veröffentlichungen über die Ausweisung des Mannes aus der Türkei mit El Bakraoui.

Die belgischen Behörden hätten im Sommer keine Verbindungen zum Terrorismus finden können, hatte Erdogan gesagt. Nach Berichten belgischer Medien soll der verurteilte Räuber mit der Reise in die Türkei aber gegen Bewährungsauflagen verstoßen haben. Im Oktober 2014 wurde er freigelassen. Bereits vier Jahre nach seiner Verurteilung zu zehn Jahren Haft.

Staatsanwaltschaft: „Hatten ihn im Blick“

Und auch bei Samir E. sprachen Sicherheitskreise zunächst nur von „allgemeiner Kriminalität“, als es um seine plötzliche Festnahme ging. Der polizeibekannte 28-Jährige sei bereits wegen Eigentumsdelikten rechtskräftig zu einer Gefängnisstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt worden, aber noch auf freiem Fuß. Sein Anwalt habe eine – wohl aussichtslose – Revision gegen das Urteil eingelegt. Weil aber inzwischen ein weiteres Verfahren wegen Bandenkriminalität gegen ihn läuft, sei er nun festgenommen worden, erklärte die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft. Die Behörden wollten nun untersuchen, ob sich E. und Bakraoui näher gekannt haben. Sie räumt auch ein, dass E. der salafistischen Szene angehört. „Wir hatten ihn Blick.“ Es gebe aber derzeit keine belastbaren Anhaltspunkte, „dass hier konkret irgendeine Tat beabsichtigt wurde“. Allerdings: Gegen den Festgenommenen werde auch „wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat“ ermittelt.

Nach Informationen des „Spiegels“ wurde E. im Sommer 2015 von den türkischen Behörden im Grenzgebiet zwischen der Türkei und Syrien aufgegriffen. Von deutschen Stellen gibt es dafür bisher keine Bestätigung. Im der Region war auch El Bakraoui am 14. Juni 2015 festgenommen worden, drei Tage nach seiner Einreise.

Durch Kontakte und Route verdächtig gemacht

Die Zeitung „Daily Sabah“ berichtet unter Berufung auf Sicherheitskreise, dass er den Behörden aufgefallen war, weil er in Kontakt mit Terrorverdächtigen war und nach seiner Landung drei Tage zuvor eine Route wählte, die typisch für ausländische Kämpfer mit Ziel Syrien sei. Einen Monat nach der Festnahme musste er mit dem Deutschen das Land verlassen – und ihre Heimatländer wurden darüber informiert.

Der belgische Justizminister Koen Geens und der Innenminister Jan Jambon hatten am Donnerstag ihren Rücktritt als Reaktion auf die Sicherheitspannen angeboten. Geens hatte Erdogans Vorwürfe am Mittwoch zurückgewiesen: El Bakraoui habe vor den Anschlägen in Belgien keine terroristischen Taten begangen, er sei lediglich als normaler Straftäter auf Bewährung bekannt gewesen. Reuters berichtete am Donnerstag, der Terrorist sei im August erneut in die Türkei geflogen und ein weiteres Mal ausgewiesen worden. (mit gämi und dpa)