Berlin. Ist der 2013 eingeführte Rundfunkbeitrag verfassungskonform oder nicht? Das muss ab Mittwoch das Bundesverwaltungsgericht entscheiden.

Drei Jahre ist es her, dass der geräteunabhängige Rundfunkbeitrag eingeführt wurde. Gelegt hat sich die Kritik an der vermeintlichen „Zwangsgebühr“ seither kaum. Am Mittwoch und Donnerstag verhandelt nun das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig über die Rechtmäßigkeit der Abgabe. Mehrere private Kläger hatten Klage erhoben. Wofür genau wird der Rundfunkbeitrag erhoben? Was sind die Kritikpunkte? Und wie geht es nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts weiter? Ein Überblick.

• Warum wird der Rundfunkbeitrag erhoben?

Der Rundfunkbeitrag ist die Haupteinnahmequelle von ARD, ZDF und Deutschlandradio. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk finanziert dadurch sein „vielfältiges Programm“, wie es auf der Beitrags-Internetseite heißt.

• Wer muss den Rundfunkbeitrag bezahlen?

„Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Institutionen sowie Einrichtungen des Gemeinwohls zahlen den Rundfunkbeitrag und finanzieren damit gemeinsam den öffentlich-rechtlichen Rundfunk“, lautet die Antwort auf rundrunkbeitrag.de. Für Privatleute gilt die Regel: Eine Wohnung – ein Beitrag. Dabei ist es egal, wie viele Menschen der Haushalt umfasst und wie viele Rundfunkgeräte bereitstehen.

Der Rundfunkbeitrag hatte 2013 die alte Rundfunkgebühr abgelöst. Sie richtete sich nach der Anzahl und der Art der Empfangsgeräte. Heute müssen also nicht mehr diejenigen zahlen, die einen Fernseher, ein Radio oder einen internetfähigen Computer besitzen. Stattdessen werden Wohnungsbesitzer oder Mieter pro Haushalt zur Kasse gebeten.

Ausnahmen gibt es nach wie vor: Die Befreiung vom Rundfunkbeitrag oder ein ermäßigter Beitragssatz ist etwa für Empfänger von Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld II oder Grundsicherung, BAföG-Empfänger oder Menschen mit Behinderung möglich.

• Wer erhebt den Rundfunkbeitrag?

Eingezogen werden die Rundfunkbeiträge vom sogenannten Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio. Als Nachfolger der Gebühreneinzugszentrale GEZ verwaltet sie die rund 42 Millionen Beitragskonten von Privatleuten, Unternehmen und Institutionen. Zudem bearbeitet der Beitragsservice Befreiungsanträge und soll als Servicestelle Fragen rund um den Rundfunkbeitrag beantworten.

• Wie hoch ist der Rundfunkbeitrag?

Momentan liegt der Beitragssatz bei 17,50 Euro pro Monat und Haushalt. Das macht insgesamt 210 Euro pro Jahr. Dabei schlägt die unabhängige Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) die Höhe des Beitragssatzes vor. Festgesetzt wird er anschließend durch die Gesetze der Länderparlamente.

Jüngst hatte die KEF den Ländern empfohlen, die Beitragszahler zu entlasten. Demnach sollte der monatliche Betrag ab 2017 um 29 Cent auf dann 17,21 Euro gesenkt werden. Hintergrund ist, dass die Umstellung auf den geräteunabhängigen Beitrag zu erheblichen Mehreinnahmen geführt hat. Die KEF beziffert das Plus für die Jahre 2017 bis 2020 auf 526 Millionen Euro.

• Wie hoch sind die Einnahmen durch den Rundfunkbeitrag?

Im Jahr 2014 haben die Öffentlich-Rechtlichen durch die Rundfunkbeiträge insgesamt 8,324 Milliarden Euro eingenommen. Aktuellere Zahlen liegen bislang nicht vor. Insgesamt rechnen die Rundfunkanstalten aber damit, bis Ende 2016 1,5 Milliarden Euro mehr einzunehmen, als sie zur Finanzierung ihres Programms benötigen. Behalten dürften die Sender das Plus jedoch nicht, heißt es im Geschäftsbericht des Beitragsservices von 2014. Zur Verfügung stehe den Sendern nur das Geld, das die KEF als Finanzbedarf anerkannt habe.

• Worum geht es in den Klagen vor dem Bundesverwaltungsgericht?

Eine Reihe von privaten Klägern zweifelt an der Rechtmäßigkeit des Rundfunkbeitrags. Insgesamt geht es um 26 Klagen zum Rundfunkbeitrag für private Haushalte. 14 dieser Klagen werden am Mittwoch und Donnerstag mündlich verhandelt, acht weitere im Juni. Über vier Klagen entscheidet das Gericht im März ohne mündliche Verhandlung, weil die Kläger darauf verzichtet haben. In vier Klagen geht es zudem um die Rundfunkbeiträge für Unternehmen.

Die Kläger kritisieren mehrere Punkte. Zum einen handle es sich in den Augen der Kläger nicht um einen Beitrag, sondern um eine versteckte Steuer. Die Landesparlamente hätten aber nicht die nötige Gesetzgebungskompetenz, um diese zu erheben. Zum anderen werde der Beitrag pro Wohnung erhoben, obwohl der Empfang des Rundfunkangebots auch außerhalb der Wohnung möglich sei.

Zudem sollen die Richter prüfen, ob der pro Haushalt erhobene Beitrag gegen das grundrechtliche Gleichbehandlungsgebot verstößt. Die Kläger argumentieren: Wer kein Rundfunkempfangsgerät besitzt, muss genauso viel zahlen wie jemand, der eines oder mehrere Geräte sein Eigen nennt.

In erster Instanz waren alle Klagen einheitlich abgewiesen, die Berufung in zweiter Instanz dann zurückgewiesen worden. Ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig wird nicht vor Freitag erwartet.

• Wie geht es nach der Entscheidung am Bundesverwaltungsgericht weiter?

Wenn das Bundesverwaltungsgericht dem Rundfunkbeitrag abspricht, verfassungsgemäß zu sein, muss letztendlich das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eine Entscheidung treffen. Halten die Leipziger Richter den Beitrag jedoch für verfassungskonform und auch in den anderen Punkten für rechtmäßig, weisen sie die Revision der Kläger zurück. Wahrscheinlich ist, dass die Kläger in diesem Fall Verfassungsbeschwerde einlegen werden – und am Ende dann doch die Karlsruher Richter gefragt sein könnten.

• Was sagen Experten?

Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesfinanzministerium hatte die Politik bereits 2014 dazu aufgefordert, über Alternativen zum Rundfunkbeitrag nachzudenken. Zur Debatte steht demnach unter anderem eine echte Steuer. Befürworter argumentieren, Steuern seien sozial gerechter, weil sie sich am Einkommen orientierten. Gebühren und Beiträge seien dagegen ungerecht, weil alle gleich viel bezahlen müssen. Nach Einschätzung von Experten würde eine Steuer aber europarechtliche Probleme verursachen, weil dann von einer staatlichen Finanzierung der Sender gesprochen werden könnte.

• Wie protestieren die Beitrags-Gegner?

Immer mal wieder sorgen Gegner des Rundfunkbeitrags mit kreativen Protestaktionen für Aufsehen. Im Mai 2015 etwa hatte der Handelsblatt-Journalist Norbert Häring für seinen Blogbeitrag viel Aufmerksamkeit bekommen. Damals wollte er eine Möglichkeit gefunden haben, die Beitragszahlung zu umgehen. Er hatte gefordert, die Beträge in bar zu entrichten. Der Hessische Rundfunk verweigert die Annahme. Ein Rechtsstreit läuft, wie der Journalist in seinem Blog schreibt. Allerdings: Bis zum Abschluss des Gerichtsverfahrens sind die Forderungen gestundet. (mit dpa und epd)