München/Moskau/Aleppo. Die Münchner Sicherheitskonferenz spricht von baldiger Waffenruhe in Syrien, Staatschef Assad von der Rückeroberung des ganzen Landes.

Die Einigung bei der Münchner Sicherheitskonferenz auf eine baldige Waffenruhe in Syrien ist noch am Freitag von neuen schweren Kämpfen überschattet worden. Ein Interview von Machthaber Baschar al-Assad nährt zudem die Zweifel am Willen des syrischen Regimes. Der „Spiegel“ berichtet unterdessen, dass auch russische Bodentruppen in dem Land kämpfen. Russland hat das bisher immer zurückgewiesen.

Die Außenminister von Russland, Sergej Lawrow , sowie den USA, John Kerry, und der UN-Syrien-Sondergesandte Staffan de Mistura verkünden die Ergebnisse der Syrienkonferenz. Kerry und Lawrow hatten gemeinsam zu der Konferenz eingeladen, auf der Pressekonferenz herrschte aber eine recht eisige Atmosphäre.
Die Außenminister von Russland, Sergej Lawrow , sowie den USA, John Kerry, und der UN-Syrien-Sondergesandte Staffan de Mistura verkünden die Ergebnisse der Syrienkonferenz. Kerry und Lawrow hatten gemeinsam zu der Konferenz eingeladen, auf der Pressekonferenz herrschte aber eine recht eisige Atmosphäre. © dpa | Sven Hoppe

Russland, die USA und wichtige Regionalmächte wie Iran, die Türkei und Saudi-Arabien hatten sich in der Nacht zu Freitag in München auf das Ziel einer Feuerpause in Syrien geeinigt. Binnen einer Woche sollen demnach die Waffen schweigen. Die Milizen Islamischer Staat und Al-Nusra-Front sollen jedoch weiter bekämpft werden können. Zudem einigte sich die Münchner Konferenz darauf, dass jetzt schnell humanitäre Hilfe in belagerte Orte gelangen soll. In Genf wurde eine neue Task Force für humanitäre Hilfe zusammengerufen, die sich um die Hilfsoperationen für die notleidende Bevölkerung kümmern soll. Der russische Außenminister Sergej Lawrow hatte gesagt: „Das Wichtigste ist, dass Regierung und Opposition der Waffenruhe zustimmen.“

Ein Interview mit Assad erweckt nicht den Eindruck: Er erklärte in einem Exklusivgespräch mit der Nachrichtenagentur AFP, die Kämpfe gegen die Rebellen könnten „lange“ dauern. so Assad. Es dürfte im Interesse des Regimes liegen, weiter zu kämpfen. Mit massiver russischer Luftunterstützung und Hilfe aus dem Iran hat die Armee im Norden Syriens zuletzt wichtige Erfolge erzielt.

Angeblich Hilfe durch russische Bodentruppen

Auch die Aufständischen glauben nicht an den Plan, eine Waffenruhe binnen einer Woche zu erreichen. „Das Regime und seine russischen Verbündeten sind entschlossen, den gesamten Norden Aleppos zu zerstören, ehe sie eine Feuerpause am Boden umsetzen“, sagte Abu Terki, ein Kommandeur der Aufständischen in der Region.

Möglicherweise erhält die syrische Armee inzwischen auch Unterstützung von russischen Bodentruppen. Das meldet der „Spiegel“ unter Berufung auf das Conflict Intelligence Team. Die oppositionellen russischen Internetaktivisten haben Videomaterial ausgewertet und dabei klare Anhaltspunkte gefunden. Russische Soldaten beteiligen sich demnach an einer Offensive der Regierungstruppen in der Provinz Latakia in Nordwestsyrien nahe der türkischen Grenze, Kommandos zum Abfeuern von russischen Artilleriegeschützen erfolgten demnach auf russisch.

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte bei der Konferenz gesagt, sie habe bei der Verständigung auf die Waffenruhe einen „Funken Hoffnung“. Aber: „Die angekündigte Waffenruhe muss sich in den Straßen von Aleppo erfüllen. Denn wer wirklich Frieden will, der muss nicht wochenlang warten.“ Bei der Münchner Sicherheitskonferenz beraten mehr als 30 Staats- und Regierungschefs sowie etwa 60 Außen- und Verteidigungsminister auch, wie der Bürgerkrieg in Syrien beendet werden könnte.

Deutschland und Großbritannien mahnen Russland

Russland und die USA wollten schon an diesem Freitag eine Arbeitsgruppe für die Umsetzung der Waffenruhe in Syrien bilden. Diplomaten und Militärvertreter beider Seiten würden sich erstmals in Genf treffen und dann regelmäßig tagen, sagte Lawrow. Er forderte die rasche Wiederaufnahme der Syrien-Friedensgespräche in Genf.

Demonstration vor der russischen Botschaft in Paris: Eine kleine Gruppe von Aktivisten forderte dort ein Ende der Bombardierung von Aleppo.
Demonstration vor der russischen Botschaft in Paris: Eine kleine Gruppe von Aktivisten forderte dort ein Ende der Bombardierung von Aleppo. © REUTERS | JACKY NAEGELEN

Deutschland und Großbritannien appellierten an Russland, die Zeit bis zu einer Waffenruhe nicht für Angriffe auf gemäßigte Gegner des Assad-Regimes zu nutzen. Vize-Regierungssprecherin Christiane Wirtz sagte: „Den Worten müssen nun aber auch Taten folgen. Hier sieht die Bundesregierung in erster Linie Russland in der Pflicht.“ Frankreichs Präsident François Hollande verlangte ein Ende der russischen Unterstützung Assads. „Wir müssen dafür sorgen, dass Baschar al-Assad die Macht abgibt“, sagte Hollande im französischen Fernsehen.

Bei einem russischen Luftangriff im Zentrum Syriens waren nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten mindestens 16 Zivilisten ums Leben gekommen. Jets der russischen Luftwaffe hätten Orte nördlich der Stadt Homs bombardiert, erklärte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Die Angriffe hätten sich gegen Gebiete unter Kontrolle der Terrormiliz Nusra-Front, der moderaten Freien Syrischen Armee (FSA) und islamistischer Brigaden gerichtet. Ein vor einigen Tagen veröffentlichtes Video zeigt dramatisch die Zerstörung in Homs.

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Moskau dementiert immer wieder, bei seinen Angriffen auch Zivilisten zu treffen. Die Luftangriffe richteten sich nur gegen Terroristen. Moskau unterstützt damit das Regime von Machthaber Baschar al-Assad. (dpa/rtr/law)