Berlin. Falsch eingeschätzt: Der Gesetzentwurf zum Asylpaket II wurde geändert. Das Familienministerium wusste es, schaut aber nicht genau hin.

Im Streit um das sogenannte Asylpaket II hat das Bundesfamilienministerium einen Fehler eingeräumt. Eine Veränderung im Gesetzentwurf sei dem SPD-geführten Familienministerium zwar aufgefallen, sagte eine Sprecherin am Montag in Berlin. „Aber die Tragweite wurde anders eingeschätzt.“ Diese Einschätzung sei falsch gewesen. Zwar habe die Abstimmung zwischen den Ministerien über den Gesetzentwurf auf Fachebene stattgefunden, die Hausleitung und der zuständige Staatssekretär seien aber informiert gewesen. Letzterer trage letztlich die Verantwortung.

Der Gesetzentwurf zum Asylpaket II, mit dem insbesondere Abschiebungen erleichtert werden sollen, war vergangene Woche vom Kabinett verabschiedet worden. Darin ist vorgesehen, dass Menschen mit einem geringeren Schutzanspruch, die nicht als persönlich verfolgt gelten, für zwei Jahre keine Familienangehörigen nachholen dürfen.

Der Streit dreht sich darum, ob auch minderjährigen Flüchtlingen mit eingeschränktem Schutz verboten werden soll, ihre Eltern nach Deutschland nachzuholen. SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte nach einem entsprechenden Beschluss des Bundeskabinetts mitteilen lassen, das sei nicht mit ihm verabredet gewesen.

Innenminister und Justizminister sollen Problem ausräumen

In die Abstimmung des Entwurfs vor der Kabinettsberatung waren auch Ministerien mit SPD-Führung eingebunden. Ein Sprecher des Innenressorts sagte, man könne davon ausgehen, „dass Gesetzentwürfe aus unserem Haus so gemeint sind, wie sie in die Ressortabstimmung gegeben werden“.

Ausräumen sollen den Konflikt nun Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und Justizminister Heiko Maas (SPD). Bis wann das geschehen soll, blieb offen.

Unklar ist die Zahl der aktuell betroffenen Kinder und Jugendlichen. Im Jahr 2014 erhielten laut Innenministerium 214 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge eingeschränkten (subsidiären) Schutz. 2015 waren es bisher 105 Fälle, allerdings dürfte die Zahl noch wachsen.

Kinderhilfswerk nennt entsprechenden Passus „fatal“

Das Kinderhilfswerk Terre Des Hommes hat die Regelung des Asylpakets II scharf kritisiert. Viele der Kinder und Jugendlichen seien von Krieg und Flucht traumatisiert, sagte Kinderrechtsexpertin Barbara Küppers in einem Gespräch mit dem epd: „Sie sehnen sich nach Mama und Papa. Da wäre es fatal, wenn sie jetzt die Aussicht verlören, ihre Eltern jemals wieder zu sehen.“ Laut Küppers verstößt das Asylpaket II mit diesem Passus gegen die Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention, die Deutschland ratifiziert habe. Sie forderte die Bundesregierung auf, den Gesetzentwurf, über den noch im Bundestag abgestimmt werden muss, entsprechend zu ändern.(dpa/epd)