Berlin. Ralf Jäger stellt sich nach zahlreichen Übergriffen auf Frauen vor die Polizei. Dabei hätte Jäger selbst Schutz bitter nötig.

Nach einer Anhörung im Innenausschuss des Bundestages hat der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger die Polizisten in Schutz genommen, die in der Silvesternacht in Köln Dienst hatten. „Die, die da waren, haben alles gegeben. Aber es waren zu wenige“, sagte Jäger.

Die Fehler lägen bei der Einsatzführung der Polizei, ergänzte der SPD-Politiker. Diese Erkenntnis bekräftigte Jäger in den vergangenen Tagen unter anderem dadurch, dass er Kölns Polizeipräsidenten Wolfgang Albers in den Ruhestand versetzen ließ.

In Köln hatten am Hauptbahnhof in der Silvesternacht Gruppen von Männern Frauen umzingelt, begrapscht und bestohlen. Nach ersten Ermittlungsergebnissen waren es überwiegend Nordafrikaner. Auf die Frage, ob er auch selbst Fehler gemacht habe, antwortete der NRW-Innenminister ausweichend. Er stehe dafür, dass Fehler bei der Polizei offen benannt würden.

Kritik an politischer Führung in NRW auch im Bundestag

Auch in einer Plenardebatte des Bundestag wurden die Übergriffe auf Frauen in Köln und anderen Großstädten an Silvester thematisiert. Die rund eine Stunde dauernde Diskussion folgte im Anschluss an die Sitzung des Innenausschusses mit Ralf Jäger. Einige der Redner schienen Jägers Erklärungen dort nicht ausreichend genug. Von Seiten der CSU etwa gab es indirekte Kritik an dem NRW-Minister. Andreas Scheuer sagte: „Köln war Ort des Versagens“ der politischen und polizeilichen Führung.

CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach kritisierte den Abbau von Polizeistellen in Nordrhein-Westfalen in den vergangenen Jahren und damit ebenfalls die Landesregierung im beölkerungsreichsten Bundesland. Bosbach wies aber auch daraufhin, dass es vorangig eine Fehleinschätzung der Polizeiführung in der Silvesternacht gegeben habe.

Kritik an Lageeinschätzung aus der „warmen Amtsstube“

Bosbachs Parteifreund Thomas Strobl nahm die Polizisten auf der Domplatte und im Bahnhof in Schutz, sagte jedoch auch: „Der Polizist, der am 1. Januar in der warmen Amtsstube eine Pressemitteilung von einer entspannten Lage geschrieben hat, dem kann ein Vorwurf gemacht werden.“ Dass in den folgenden Tagen diese Einschätzung nicht korrigiert wurde, sei der eigentliche politische Skandal.

Die Grünen-Bundesvorsitzende Katrin Göring verwies bei der Frage nach Lehren aus den Übergriffen an Silvester auf das Beispiel Finnland. Dort seien sowohl Integrationsbehörden wie auch die Polizei so gut ausgestattet, dass sie bereits wesentlich früher gewusst hätten, dass gruppenweise Angriffe denkbar seien. So hätten die Behörden die Übergriffe schon im Vorfeld verhindern können.

Nach der Befragung im Innenausschuss des Bundestages droht Innenminister Ralf Jäger auch im Düsseldorfer Landtag eine umfassende Befragung. Für 10 Uhr am Donnerstag ist eine Sondersitzung des nordrhein-westfälischen Landtags zur Kölner Silvesternacht angesetzt. (ac/dpa)