Tripolis. Ein Lastkraftwagen mit Sprengstoff explodierte vor einem Polizeicamp in Libyen. Der Anschlag trägt die Handschrift der Dschihadisten.

Libyen versinkt weiter im Chaos: Bei einem Terroranschlag auf ein Trainingscamp der libyschen Polizei sind mindestens 70 Menschen ums Leben gekommen. Zudem seien mehr als 100 Menschen bei der Explosion eines mit Sprengstoff beladenen Lastwagens in der westlibyschen Stadt Sliten verletzt worden, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Lana unter Berufung auf das örtliche Krankenhaus der Stadt. Zunächst bekannte sich niemand zu der Tat. Auf dem Gelände würden laut Stadtrat der libyschen Stadt Sliten Sicherheitskräfte der Küstenwache ausgebildet. Ein Großteil der Opfer sind vermutlich Rekruten.

Libyen versinkt nach Sturz von Gaddafi im Chaos

Ähnliche Angriffe waren in der Vergangenheit vom libyschen Ableger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) verübt worden. Der IS kontrolliert in dem Land einen Küstenstreifen am Mittelmeer rund um die Stadt Sirte. Sliten, eine vergleichsweise wohlhabende Handelsstadt etwa 160 Kilometer östlich der Hauptstadt Tripolis, ist allerdings nicht dafür bekannt, Zufluchtsort für Dschihadisten zu sein.

„Wir haben Informationen, dass vor zwei Tagen ein Boot in der Stadt angekommen ist, das Fremde an Bord hatte“, sagte ein Sicherheitsmitarbeiter in der Stadt. Am Mittwoch hätten Sicherheitskräfte versucht, alle Menschen ausfindig zu machen, die sich illegal in der Stadt aufhielten. „Aber leider konnten wir dieses Desaster nicht stoppen.“

Frank-Walter Steinmeier verurteilt den Terroranschlag

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) verurteilte das Attentat. „Der Anschlag zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, dass alle Libyer dem Krebsgeschwür des Terrors gemeinsam entgegentreten“, sagte er am Donnerstag in Berlin. Jetzt müsse so schnell wie möglich die geplante Regierung der nationalen Einheit gebildet werden. Auch der UN-Sondergesandte für Libyen, Martin Kobler, verurteilte den Angriff.

Anfang der Woche hatte der libysche IS-Ableger bereits große Ölhäfen nahe seines Einflussgebietes angegriffen. Die Gefechte mit Wachen setzten am Mittwoch zudem sieben Öltanks in Brand.

Zwei Regierungen konkurrieren um die Führung Libyens

Nach dem Sturz von Langzeitmachthaber Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 war Libyen in Chaos versunken. Zwei konkurrierende Regierungen hatten die Führung des Landes jeweils für sich beansprucht – das von Islamisten dominierte Tripolis und die international anerkannte Regierung im ostlibyschen Tobruk.

Politiker der beiden Führungen hatten im Dezember einen UN-Friedensplan für das Land unterzeichnet, der allerdings noch nicht in Kraft ist. Er sieht die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit vor. Auch durch dieses Machtvakuum im Land konnten extremistische Gruppen in Libyen Fuß fassen. (dpa)