Das Buch mit den brisanten Passagen hat Folgen. Helmut Kohl will Heribert Schwan verklagen. Ist ein Streit mit Ehefrau Maike Kohl-Richter der Auslöser für den Zoff?

Hamburg/München. Es ist ein Duell geworden, ein Duell zwischen Altkanzler und Ghostwriter, zwischen Helmut Kohl und Heribert Schwan. Es geht um geheime Protokolle, über 100 Hintergrundgespräche im Keller in Ludwigshafen-Oggersheim in Kohls Bungalow – und am Ende geht es um nicht weniger als die jüngste Geschichte Deutschlands und einen seiner wichtigsten Politiker. Denn Helmut Kohl hat als Bundeskanzler von 1982 bis 1998 Geschichte geschrieben, und diese scheint ihm derzeit etwas zu entgleiten. Zumindest die Deutungshoheit darüber.

Denn der frühere WDR-Journalist Heribert Schwan hat mit dem Sohn von Walter Jens, Tilman Jens, ein Buch herausgebracht, das es so nicht geben dürfte. Schwan hatte als Kohls Ghostwriter für dessen Memoiren über 100 Gespräche mit dem Altkanzler geführt, auf Kassetten aufgenommen und sich nach einem Streit geweigert, diese Kohl auszuhändigen. Ein Gericht zwang ihn dazu. Das tat Schwan auch, doch er ließ die Gespräche abschreiben und gibt sie nun als Buch heraus. Der Streit soll zwischen Schwan und Kohls zweiter Ehefrau, Maike Kohl-Richter entstanden sein.

An diesem Dienstag präsentieren Schwan und Jens das „Vermächtnis. Die Kohl-Protokolle“ in Berlin. Was vorab durchdrang, reicht für großes Kino. Kohl watscht alte Weggefährten wie Richard von Weizsäcker, Angela Merkel, Lothar Späth, Norbert Blüm und andere ab. Merkel habe nicht einmal mit Messer und Gabel essen können, ätzte der Altkanzler nach „Spiegel“-Angaben. Kohl hat das aber nicht autorisiert. Allerdings hat er nach Schwans Angaben einiges noch verschärft. So sollte Ex-Arbeitsminister Blüm in den Memoiren dezidiert als „Verräter“ abgestempelt werden.

Pikant: An diesem Mittwoch will Kohl selbst – bei der Buchmesse in Frankfurt – die Neuausgabe seiner Erinnerungen als Jubiläumsband zum 25. Jahrestag des Mauerfalls herausbringen. Der gesundheitlich stark eingeschränkte Exkanzler will selbst in Frankfurt erscheinen.

Schwans Verlag Heyne will trotz der kohlschen Drohung, gegen das unautorisierte Buch vorzugehen, die Bücher in den Handel bringen. „Wir haben bisher keine Unterlassungsaufforderung bekommen, die Bücher befinden sich in der Auslieferung und sind dann ab morgen sukzessive im Handel erhältlich“, sagte eine Verlagssprecherin.

Kohl will laut „Focus“ juristische Schritte gegen das Buch von Schwan und Jens einleiten, das ursprünglich am 13. Oktober erscheinen sollte. Kohls langjähriger Weggefährte, der Ehrenvorsitzende der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung, Bernhard Vogel, sagte am Montag im Deutschlandfunk, man müsse „unterscheiden zwischen offiziellen Akten, zwischen sogenannten Handakten und einem selbstverständlich auch bestehenden Recht auf private Unterlagen“. „Es geht um nichts weniger als ein historisches Vermächtnis“, schreibt der Heyne-Verlag.

Die Bundesregierung denkt vorerst nicht an die Gründung einer „Helmut-Kohl-Stiftung“, die den historischen Nachlass verwahren und der Forschung zugänglich machen könnte. Hierfür gebe es „keinerlei Planungen“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.

Er verwies darauf, dass derartige vom Bund finanzierte Einrichtungen wie etwa für Ex-Kanzler Willy Brandt (SPD) Gedenkstiftungen seien. Hierfür würden zu Lebzeiten der Persönlichkeiten keine Planungen gemacht. Angesprochen auf im „Spiegel“ zitierte kritische Äußerungen Kohls unter anderem über Merkel sagte Seibert: „Kein Kommentar.