Der Raketenterror bekommt eine neue Qualität. Auch aus Syrien wurde Israel beschossen. Hat die Diplomatie überhaupt eine Chance?

Tel Aviv/Gaza/New York. Nach fast einer Woche Raketenbeschuss zwischen Israel und der islamistischen Hamas mit rund 170 Toten beginnen nun Vermittlungsbemühungen der Staatengemeinschaft. In der ägyptischen Hauptstadt Kairo kommt an diesem Montag die Arabische Liga zusammen, in New York tagt der Uno-Sicherheitsrat. Auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) reist in die Krisenregion, um eine Waffenruhe im Gazastreifen anzubahnen.

Internationale Friedensappelle waren bislang ungehört verhallt. Die israelische Armee hatte am Wochenende ihre Luftangriffe gegen militante Palästinenser noch ausgeweitet. Erstmals drangen dabei auch Elitesoldaten am Boden in den Gazastreifen ein.

In der Nacht zum Sonntag wurden aus dem Libanon zwei Raketen auf israelisches Gebiet abgefeuert, die dort jedoch keinen Schaden anrichteten. Die israelischen Streitkräfte antworteten mit Artilleriefeuer. Von syrischem Gebiet schlug eine Raketen auf den von Israel besetzten Golanhöhen ein, berichtete der Sender al-Arabija.

Tausende Palästinenser im nördlichen Gazastreifen verließen aus Angst ihre Häuser, nachdem sie von der israelischen Armee mit Flugblättern dazu aufgefordert worden waren. Nach Angaben des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) haben inzwischen über 10.000 Menschen Zuflucht in UNRWA-Einrichtungen in Gaza gesucht.

Israels Streitkräfte haben seit Beginn der Offensive nach eigenen Angaben 1320 Ziele in der Mittelmeer-Enklave angegriffen. Gleichzeitig gingen demnach mehr als 700 Raketen der Hamas auf israelischem Gebiet nieder, rund 160 wurden von der Raketenabwehr abgefangen. Der Gazastreifen ist flächenmäßig etwa so groß wie Köln, allerdings leben dort mit 1,8 Millionen Menschen beinahe doppelt so viele wie in der Stadt am Rhein.

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Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hält sich die Option einer größeren Bodenoffensive offen, sollte der Beschuss aus dem Gazastreifen nicht aufhören. Er bekräftigte am Sonntag in einem Interview des US-Senders CBS: „Wir werden tun, was auch immer nötig ist, um unser Volk zu schützen.“ Auf die Frage nach einer möglichen Feuerpause antwortete er, es sei Israels Ziel, „dauerhafte Ruhe“ zu erreichen.

In der Nähe der Stadt Aschdod hat Israel eine aus dem Gazastreifen kommende Drohne abgeschossen. Es sei das erste Mal, dass im Konflikt mit den Palästinensern ein solches unbemanntes Fluggerät gegen Israel eingesetzt worden sei, teilte das Militär am Montag mit. Die Drohne sei mit einer Patriot-Rakete vom Himmel geholt worden.

Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon hat Israel und die radikal-islamische Hamas erneut zu einer sofortigen Waffenruhe aufgefordert. Es sei im Interesse beider Seiten, unverzüglich Schritte zur Beilegung der Gefechte zu ergreifen, erklärte Ban in New York. Besonders besorgt zeigte er sich über die Auswirkungen der israelischen Offensive auf die Bevölkerung im Gazastreifen. „Zu viele Zivilisten“ seien bereits getötet worden, und eine Bodenoffensive werde ihr Leiden sicherlich erhöhen.

Zum ersten Mal schlug auch ein von Syrien aus abgefeuertes Geschoss auf den besetzten Golan-Höhen ein. Sie traf nur unbewohntes Gelände, doch Israels Armee nahm im Gegenzug Stellungen der syrischen Armee unter Artilleriebeschuss.

In Hamburg wollen an diesem Montag Christen, Muslime und Juden gemeinsam für Frieden in der Nahost-Region beten.