Der dritte Versuch zu Verhandlungen mit Machthaber Assad könnte der letzte sein. Rebellen: Regierungstruppen setzen giftige Gase ein.

Damaskus. Nach mehreren gescheiterten Anläufen gibt der UN-Sonderbeauftragte Lakhdar Brahimi dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad eine neue Chance. Nach Beratungen mit dem Machthaber in Damaskus über eine politische Lösung sagte er am Montag: „Die Lage ist beunruhigend“. Er hoffe aber, dass alle Konfliktparteien einen Weg finden, der dem syrischen Volk dient. Ergebnisse der Beratungen wurden zunächst nicht bekannt.

Es ist der dritte Besuch Brahimis in Syrien, seit er im August sein Amt angetreten hat. In westlichen Diplomatenkreisen wird gemunkelt, dass dies auch seine letzte Reise nach Damaskus sein könnte, falls es keine Bewegung in dem Konflikt gibt. Sein Vorgänger Kofi Annan hatte im Sommer aufgegeben. Im Anschluss an das Treffen mit Assad wollte Brahimi noch mit der von dem Regime geduldeten Opposition zusammenkommen.

Wie aus Diplomatenkreisen verlautete, hat Brahimi bei dem Besuch den syrischen Präsidenten persönlich darum bitten wollen, Repräsentanten des Regimes für eine gemeinsame Übergangsregierung mit der Opposition zu benennen. Ein Großteil der Rebellen lehnt eine Lösung unter Beteiligung des Machthabers aber ab.

Ob Assad zusagte, blieb zunächst offen. Das Staatsfernsehen berichtete, der Präsident unterstütze alle Bemühungen, die im Interesse des syrischen Volks seien und die Souveränität des Landes nicht gefährdeten. Dies hatte der Machthaber aber schon bei den vorigen Treffen stets betont.

Vor gut zwei Wochen hatten die stellvertretenden Außenminister Russlands und der USA mit dem Sonderbeauftragten Brahimi bei einem kurzfristigen Treffen in Genf nach einer politischen Lösung der Krise gesucht und über die Möglichkeit einer Übergangsregierung beraten. Russland gehört zu den wichtigsten Verbündeten des Assad-Regimes, ging aber zuletzt ein wenig auf Distanz zu Damaskus.

Landesweit gingen die Kämpfe am Montag mit unverminderter Heftigkeit weiter. Aktivisten in der Unruheregion Homs gaben an, dass Regierungstruppen bei ihren Luftangriffen jüngst auch „giftige Gase“ eingesetzt hätten. Sechs Rebellen seien erstickt, hieß es. Rund 71 Menschen wurden laut Opposition mit Atemproblemen und Übelkeit in Kliniken gebracht.

Russland schloss einen Giftgaseinsatz des Regimes indes aus. Der Außenminister Sergej Lawrow sagte im englischsprachigen Staatsfernsehen Russia Today: „Ich glaube nicht, dass Syrien Chemiewaffen einsetzt. Das wäre sonst ein politischer Selbstmord der Regierung.“ Meldungen aus Syrien sind wegen der Medienblockade des Regimes von unabhängiger Seite nur schwer überprüfbar.

Auch im Großraum Damaskus eskaliert derzeit die Gewalt. Wegen der heftigen Gefechte rund um die Flughafen der syrischen Hauptstadt hatte selbst Vermittler Brahimi auf dem Landweg von Beirut nach Damaskus reisen müssen. Der blutige Konflikt hat seit Beginn des Aufstandes gegen Assad im März 2011 bereits mehr als 42 000 Menschen das Leben gekostet

Bei einem Luftangriff auf eine Ortschaft in Zentralsyrien waren am Sonntag nach Oppositionsangaben mehrere Dutzend Zivilisten getötet worden. Wie die Organisation syrischer Menschenrechtsbeobachter berichtete, starben dabei vor einer Bäckerei in Halfaya mindestens 60 Menschen. Hunderte hätten vor dem Geschäft angestanden, um nach tagelang ausgebliebenen Mehllieferungen Brot zu kaufen, berichtete der Sender Al-Dschasira. Syrischen Aktivisten zufolge wurden bei dem Luftangriff viele Menschen schwer verletzt, 50 sollen sich noch am Sonntagabend in kritischem Zustand befunden haben.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hatte dem Regime von Präsident Baschar al-Assad bereits im Sommer Kriegsverbrechen vorgeworfen, weil ihre Truppen gezielt Menschen ins Visier nähmen, die wegen der schlechten Versorgungslage häufig in großer Zahl vor Bäckereien warteten.