Der Europarat ist besorgt über autoritäre Tendenzen in Russland. Demokratiedefizite werden offen angesprochen. Moskau reagiert pikiert.

Straßburg. Der Europarat hat nach lebhafter Debatte Russland mit Nachdruck zu demokratischen Reformen aufgefordert. Mit großer Mehrheit stimmten die Vertreter aus den 47 Europaratsländern am Dienstag für eine lange Liste von Forderungen wie Verbesserungen des Parteiengesetzes sowie Schutz der Meinungsfreiheit und der Demonstrationsfreiheit.

In dem umstrittenen Bericht des Schweizer Sozialdemokraten Andreas Gross und des rumänischen Christdemokraten György Frunda wird auf bedenkliche Entwicklungen wie politische Justizverfahren, die Verfolgung Oppositioneller und Einschränkungen des Demonstrationsrechtes verwiesen.

Die Parlamentarier kritisierten das Hafturteil für Mitglieder der Polit-Punkband Pussy Riot als „völlig unangemessen“ und forderten die sofortige Freilassung der Sängerinnen. Dies hätten auch mehr als 120 Bundestagsabgeordnete fraktionsübergreifend in einem Brief an den russischen Botschafter in Berlin geschrieben, sagte die FDP-Abgeordnete Marina Schuster in der Debatte.

Beklagt wurde auch das Gesetz, das Nicht-Regierungs-Organisationen (NGO) mit ausländischen Geldgebern verpflichtet, sich als „ausländische Agenten“ zu registrieren. Verlangt wurde auch die Änderung des NGO-Gesetzes und der Verzicht auf Gewalt gegen friedliche Demonstranten.

Schon vor der Sitzung hatte die russische Regierung verärgert auf den kritischen Russland-Bericht von Gross und Frunda reagiert. Der Vorsitzende der Staatsduma, Sergej Naryschkin, hatte wegen des Berichts seinen geplanten Besuch in Straßburg kurzerhand abgesagt.

Die 18-köpfige Parlamentarierdelegation aus Moskau erschien zur Sitzung in Straßburg. Allerdings stimmten die Russen gegen die Entschließung der Versammlung. „Man hat in Moskau das Gefühl, je mehr wir tun, desto mehr Druck bekommen wir von dieser Versammlung“, sagte Delegationsleiter Alexej Puschkow von der Regierungspartei Geeintes Russland.

Russland ist seit 16 Jahren Mitglied der Staatenorganisation. Der Europarat will die Entwicklung dort so lange im Augen behalten, bis „substanzielle Fortschritte“ erreicht sind. (abendblatt.de/dpa)