Wirtschaftsminister Philipp Rösler hält die Beratungsfristen in von der Leyens Gesetzesentwurf für zu kurz. Beitragssenkung umstritten.

Berlin. Trotz Nachbesserung stoßen die Rentenreformpläne von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) in der Bundesregierung auf Widerstand: Nur einen Tag nach der Veröffentlichung des Gesetzentwurfs gegen Altersarmut trat Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) auf die Bremse und legte Einspruch ein. Damit ist offen, ob der Entwurf - der auch eine Senkung des Rentenbeitragssatzes von 19,6 auf voraussichtlich 19,0 Prozent verspricht - wie geplant am 27. August auf die Tagesordnung des Bundeskabinetts kommt. Nach dem Willen von der Leyens sollen die umfangreichen Neuregelungen Mitte kommenden Jahres in Kraft treten.

+++ Breiter Widerstand gegen von der Leyens Rentenpläne +++

Ein Sprecher Röslers bestätigte gestern einen Bericht der Tageszeitung "Die Welt" über den Einspruch. Röslers Ressort hält die Beratungsfristen für viel zu kurz und lehnt auch die Verknüpfung von Zuschussrente und Beitragssenkung ab. Eine Senkung des Rentenbeitrags könne auch isoliert erfolgen und müsse in der schwarz-gelben Koalition beraten werden.

Von der Leyen hatte am Mittwoch mit rund halbjähriger Verspätung ihr Gesetzespaket vorgelegt. Herzstück ist ein überarbeitetes Zuschussmodell, mit dem Niedrigrenten von Geringverdienern aufgestockt werden, und zwar auf maximal 850 Euro. Diese Zuschussrente soll es aber nur für jene geben, die jahrzehntelang in die Rentenversicherung eingezahlt und auch privat fürs Alter vorgesorgt haben. Mindestens ein Jahr Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen sollen zusätzliche Vorteile bringen. Bereits im März hatte von der Leyen einen ersten Entwurf vorgelegt, der aber nach Einwänden in der Koalition auf Eis gelegt wurde.

+++ Rösler bremst von der Leyen bei Rentenplänen +++

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte der WAZ-Mediengruppe, auch ihr neues Konzept sei "weder ausreichend noch seriös". "Die Zuschussrente mit all ihren Einschränkungen bleibt ein Tropfen auf dem heißen Stein", sagte Nahles. Auf Kritik stößt zudem das Vorhaben, Erziehungs- und Pflegezeiten stärker zu berücksichtigen. FDP-Generalsekretär Patrick Döring sagte den Dortmunder "Ruhr Nachrichten", die Anrechnung von nicht erbrachten Beitragsleistungen führe zu zusätzlichen Kosten in der Rentenversicherung und höheren Beitragssätzen. Das beste Mittel zur Vermeidung von Altersarmut seien Freibeträge für private und betriebliche Altersvorsorge. So würden eigene Anstrengungen belohnt.

+++ Vereinte Kritik an von der Leyens Rentenplänen +++

DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach bekräftigte unterdessen ihre Forderung, auf die Senkung der Rentenbeitragssätze zu verzichten und die Mittel in die Bekämpfung der Altersarmut zu investieren. Es sei absolut unverantwortlich, die Rücklagen der Rentenversicherung aufzubrauchen "und sie nicht zur Bekämpfung der drohenden Altersarmut einzusetzen", betonte sie. Für die Präsidentin des Sozialverbands Deutschland, Ulrike Mascher, bringt das Vorhaben den heutigen Rentnern "überhaupt nichts". Von einer "Sozialhilfe plus" sprach der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider. Die Hürden für die Zuschussrente seien viel zu hoch.