Der schon mehrfach totgesagte Al-Kaida-Prediger Anwar al-Awlaki wurde im Jemen mit einer Kampfdrohne getötet.

Sanaa/Washington. Der Al-Kaida-Prediger Anwar al-Awlaki, einer der meistgesuchten Terroristen der Welt, ist im Jemen getötet worden. Das meldete das Verteidigungsministerium in Sanaa am Freitag. Nach einem Bericht der Tageszeitung „New York Times“ bestätigte auch die US-Regierung den Tod des 40 Jahre alten Hasspredigers.

Unklar blieb, ob es jemenitische Truppen oder US-Spezialkräfte waren, die ihn und seine Begleiter töteten. Arabische Medien meldeten unter Berufung auf Stammesführer aus der Region, eine US-Kampfdrohne habe am Freitagmorgen eine Rakete auf einen Konvoi im Bezirk Raghwan abgefeuert, an der Grenze zwischen den Provinzen Al-Dschauf und Marib. In einem Auto des Konvois habe Al-Awlaki gesessen, der tödlich getroffen worden sei. Zehn Begleiter seien ebenfalls ums Leben gekommen, darunter Mitglieder der Gruppe Al-Kaida auf der Arabischen Halbinsel, sagte ein saudischer Terrorexperte dem Nachrichtensender Al-Arabija. Bewohner der Region erklärten, die Kampfdrohne habe schon seit drei Tagen über dem Gebiet gekreist.

Al-Awlaki gehörte zu den führenden Predigern des Terrornetzwerkes Al-Kaida. Er soll viele Terroristen zu Anschlägen angestachelt haben. Der Extremist wurde 1971 als Sohn jemenitischer Eltern in den USA geboren, wo er auch studiert hat. Er besitzt die US-Staatsbürgerschaft. In seinen Hasspredigten hatte Al-Awlaki mehrfach zur Tötung von Amerikanern aufgerufen. Die USA führten ihn bisher auf einer schwarzen Liste von Terroristen, die „tot oder lebendig“ gefasst werden sollen und versuchten mehr als einmal erfolglos, ihn aufzuspüren und zu töten. Lokale Medien hatten mehrfach falsch berichtet, Al-Awlaki sei bereits getötet worden.

Al-Awlaki hatte – wie man aus Verhören weiß – Islamisten im Jemen rekrutiert, um Anschläge im Ausland zu verüben. Er soll auch im Kontakt mit dem Amokläufer von Fort Hood gestanden haben, der Ende 2009 auf einem Militärstützpunkt in Texas 13 Menschen getötet hatte. Auch mit dem 23 Jahren alten Nigerianer Umar Farouk Abdulmutallab, der Weihnachten 2009 über Detroit versucht hatte, einen Sprengsatz an Bord eines Passagierflugzeugs zu zünden, soll er laut US-Behörden in Verbindung gewesen sein.

Die Attacke auf Al-Awlaki fällt in eine Zeit großer Unruhe im Jemen. Seit Februar demonstrieren jede Woche Hunderttausende für den Rücktritt von Präsident Ali Abdullah Salih. Der Präsident warnte derweil westliche Regierungen, die in den vergangenen Monaten Verständnis für die Forderungen der Demonstranten geäußert hatten. In einem am Freitag veröffentlichten Interview mit der Tageszeitung „Washington Post“ präsentierte sich der seit 1978 amtierende Präsident als verlässlicher Partner im Kampf gegen das Terrornetzwerk Al-Kaida. „Wir kämpfen in Koordination mit den Amerikanern und den Saudis gegen Al-Kaida in (der Provinz) Abjan“, sagte er.

Salih wandte sich direkt an die Öffentlichkeit in den USA: „Ich möchte eine Frage stellen: Haltet Ihr an Eurer Verpflichtung fest, die Einsätze gegen die (afghanischen) Taliban und Al-Kaida fortzusetzen? Falls ja, dann ist es gut. Aber was wir sehen ist, dass die USA und die internationale Gemeinschaft Druck ausüben, den Prozess der Machtübergabe (im Jemen) zu beschleunigen. Und wir wissen, wo die Macht hingeht. Sie geht zu Al-Kaida.“

Salih lehnte einen Rücktritt erneut ab und stellte stattdessen neue Bedingungen für eine Machtübergabe. Demnach dürften Mitglieder des rivalisierenden Al-Ahmar-Clans nicht bei den Wahlen kandidieren oder politische Ämter übernehmen, sollte er sich aus der Politik zurückziehen.

Der 69 Jahre alte Präsident war erst vor einer Woche nach Sanaa zurückgekehrt. Er hatte sich im Nachbarland Saudi-Arabien von den schweren Verletzungen nach einem Anschlag auf den Präsidentenpalast in Sanaa vor vier Monaten erholt. Die Opposition macht Salih für den Tod von mindestens 650 Demonstranten seit Ausbruch der Proteste im Februar verantwortlich. Viele westliche Länder wie die USA und Deutschland haben an Salih appelliert, die Machtübergabe nicht weiter zu verschleppen.