In Tripolis herrscht Endzeitstimmung. Um ein Blutbad zu verhindern, hätten die Rebellen bisher nicht versucht, in die libysche Hauptstadt einzudringen. Derweil soll Machthaber Gaddafi über ein Exil in Südafrika nachdenken.

Bengasi/Istanbul. Letzte Rettung Südarika? Die Rebellen rücken immer weiter vor und gewinnen an Boden. Jetzt will sich der libysche Machthaber Muamma al-Gaddafi neuen Gerüchten zufolge nach Südafrika absetzen. Das verkündete die arabische Zeitung "Al-Sharq Al-Awsat“ am Mittwoch. Angeblich wolle Gaddafi das Land verlassen, um sich medinizinisch behandeln zu lassen. Sein Büroleiter Baschir Salih habe bei seinen jüngsten Gesprächen in Mauretanien, Mali und Tunesien erklärt, sein Chef sei krank.

Nach Informationen der Zeitung soll Gaddafi den südafrikanischen Präsidenten Jacob Zuma gebeten haben, ihn und seine Familie aufzunehmen. Ein Sprecher des südafrikanischen Außenministeriums bestätigte dies nicht. Angeblich soll Gaddafi, um seine sichere Ausreise zu garantieren, auch Kontakt zum britischen Außenministerium und zu einem Mitarbeiter des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy aufgenommen haben.

In Tripolis gab es für diesen Bericht keine Bestätigung. Allerdings herrscht in der Hauptstadt nach Angaben von Einwohnern schon seit Tagen Endzeitstimmung. Die Zahl der Libyer, die noch an ein politisches Überleben des Gaddafi-Regimes glaubt, schrumpft mit jeder Woche. Die Rebellen sind in den vergangenen Tagen weiter auf die Hochburgen der Gaddafi-Anhänger in Tripolis und Sirte vorgerückt. Sie verzeichneten dabei jedoch zum Teil hohe Verluste in den eigenen Reihen.

Warnung vor Schlacht um Tripolis

Unterdessen warnen die libyschen Rebellen vor einer blutigen Schlacht um die Hauptstadt Tripolis. Ein Großteil der Truppen von Machthaber Muammar al-Gaddafi habe sich nach den jüngsten Geländegewinnen der Aufständischen nach Tripolis zurückgezogen, sagte Schamseddin Abdulmola, ein Sprecher des Übergangsrates in Bengasi, am Donnerstag der Nachrichtenagentur dpa in einem Telefoninterview. Es sei zu erwarten, dass diese Truppen bei einem Einmarsch der Rebellen heftigen Widerstand leisten werden.

Um ein Blutbad zu verhindern, hätten die Rebellen bisher nicht versucht, in die Hauptstadt einzudringen. "Wir hoffen, dass das Regime schon bald von innen kollabieren wird“, fügte der Sprecher hinzu. In den vergangenen Tagen hatten sich weitere Stützen des Regimes ins Ausland abgesetzt. Der Vorsitzende des Übergangsrates, Mustafa Abdul Dschalil, sagte der arabischen Zeitung "Al-Sharq Al-Awsat“ (Donnerstag): "Es ist davon auszugehen, dass Gaddafi Tripolis in Brand setzen wird, dass er die Befreiungsschlacht in ein Massaker verwandeln wird und dass er wichtige Gebäude verminen lassen wird.“

Rebellen nicht interessiert an Exil-Lösung für Gaddafi

Der Sprecher des Übergangsrates sagte, die Rebellen hätten trotzdem kein Interesse an Verhandlungen über eine Exil-Lösung für Gaddafi und seine Familie. "Wir befinden uns momentan in einer Position der Stärke, deshalb sehen wir keine Notwendigkeit, zu verhandeln“, erklärte Abdulmola. Nach Gesprächen zwischen einem Mitarbeiter von Gaddafi mit Vertretern Frankreichs und der Vereinten Nationen war durchgesickert, dass der libysche Machthaber über ein Exil in Südafrika nachdenkt.

Nach Angaben des Übergangsrates haben die Rebellen die für den Marsch auf Tripolis wichtige Stadt Al-Sawija unter ihre Kontrolle gebracht. Lediglich rund um die Raffinerie von Al-Sawija gebe es noch Kämpfe, hieß es. Regierungssprecher Mussa Ibrahim stellte die Lage anders dar. Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Jana erklärte er vor der Presse in Tripolis, "die Armee, die Freiwilligenverbände und die ehrenhaften Stämme haben die Situation an allen Fronten unter Kontrolle....Es gibt lediglich hier und dort Probleme.“ (dpa)