Die internationale Atomenergiebehörde hat den Sicherheitsrat eingeschaltet. Es geht um den Streit um ein geheimes Atomprogramm Syriens.

New York. Die Internationale Atomenergiebehörde IAEA hat im Streit mit Syrien um ein geheimes Nuklearprogramm des Landes den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eingeschaltet. Der aus 35 Staaten bestehende IAEA-Gouverneursrat in Wien beschloss am Donnerstag mit einer Mehrheit von 17 Ländern eine Resolution, die den Streit mit dem arabischen Land wegen fehlender Kooperation Syriens mit den Atomwächtern an das höchste UN-Gremium verweist.

Der syrische IAEA-Botschafter Bassam Sabbagh nannte die Resolution sehr bedauerlich. Syrien habe sich immer zu seinen Verpflichtungen und Aufgaben bekannt und werde das auch weiter tun.

Mögliche Sanktionen des Sicherheitsrats dürften voraussichtlich am Widerstand der Vetomächte Russland und China scheitern, die bei der IAEA gegen die Resolution gestimmt hatten. Auch Aserbaidschan, Ecuador, Pakistan und Venezuela votierten dagegen. Elf Staaten enthielten sich, ein Land fehlte. Hintergrund des Atomstreits mit Syrien sind Zweifel am wahren Zweck eines Gebäudekomplexes in Al Kibar (Dair Alzour), hinter dem viele Länder einen geheimen, im Bau befindlichen Atomreaktor vermuteten. Israel bombardierte die Anlage 2007, bevor deren Nutzen geklärt werden konnte. Auch wenn Syrien die Vorwürfe bestreitet, arbeitet das Land seit Jahren nicht ausreichend mit der IAEA zusammen.

Nach vier Jahren stellte IAEA-Chef Yukiya Amano in seinem Syrien-Bericht im vergangenen Monat erstmals fest, dass Al Kibar „mit großer Wahrscheinlichkeit“ ein geheimer Atomreaktor gewesen sei. „Ich hielt es für angemessen, nun die Mitgliedsstaaten zu informieren, da es im Interesse von niemandem ist, diese Situation ewig in die Länge zu ziehen“, sagte Amano in Anspielung auf die fehlende Kooperation des Landes am Montag.

Damaskus hatte der IAEA in der vergangenen Woche in letzter Minute ein Kooperationsangebot gemacht, wollte dieses aber erst nach der Sitzung des Leitungsgremiums spezifizieren. Syrien habe dem Gouverneursrat mit seiner jahrelang fehlenden Zusammenarbeit keine andere Wahl gelassen, sagte der IAEA-Botschafter der USA, Glyn Davies, nach der Abstimmung: „Die syrischen Absichten in Dair Alzour sind klar; der Reaktor wurde dort für den klaren Zweck der Plutoniumproduktion zur möglichen Nutzung in Nuklearwaffen gebaut.“

„Hier geht es um die Verletzung einer zentralen Verpflichtung aus dem Sicherungsabkommen, dass Syrien mit der IAEA abgeschlossen hat“, sagte Deutschlands IAEA-Botschafter, Rüdiger Lüdeking. Das Land müssen nun ohne Vorbehalte mit der Atombehörde bei der Klärung offener Fragen zu seinem Nuklearprogramm zusammenarbeiten: „Das weitere Vorgehen der internationalen Gemeinschaft hängt davon ab, dass Syrien die Nichteinhaltung seiner Verpflichtungen korrigiert.“

Nach den Gegenstimmen Russlands und Chinas bei der IAEA scheinen Sanktionen des Sicherheitsrats aber unwahrscheinlich. Die Vetomacht Russland hatte sich am Donnerstag auch bei der Niederschlagung der Proteste und Menschenrechtsverletzungen im Land vor einen ihren engsten Verbündeten gestellt. Auch in dieser Frage könnte der Weltsicherheitsrat Sanktionen beschließen. Dies könnte die ohnehin gespannte Lage im Land weiter eskalieren lassen, warnte ein Sprecher des Außenministeriums in Moskau am Donnerstag nach Angaben der Agentur Interfax.

Die IAEA-Resolution sei nicht objektiv und komme zur falschen Zeit, kritisierte Russland vor der Abstimmung. Die umstrittene Anlage sei zerstört und damit keine Gefahr mehr für Frieden und Sicherheit, sagte der russische IAEA-Gesandte Grigory Berdennikov. „Dair Alzour existiert nicht mehr.“ (dpa/abendblatt.de)