Fidel Castros Bruder Raúl übernimmt die Parteispitze und probt schon mal die Marktwirtschaft. Es sollen sogar Autos privat verkauft werden dürfen.

Havanna/Mexiko-City. Nach mehr als 40 Jahren an der Spitze der kubanischen Kommunisten hat Fidel Castro den Posten an seinen jüngeren Bruder abgegeben. Der 79-jährige Raúl Castro wurde am Dienstag bei einem Parteitag in Havanna in das Amt gewählt, wie ein Vertreter der Partei in der Hauptstadt sagte. Der 84 Jahre alte Fidel hatte die Kommunistische Partei seit ihrer Gründung im Jahr 1965 geführt.

Raúl war bislang Zweiter Sekretär der Partei. Bereits im Juli 2006 hatte er die Staatsführung vom erkrankten Revolutionsführer Fidel übernommen. Zum neuen Zweiten Sekretär wurde der 80-jährige José Ramon Machado gewählt. Das neue Politbüro wurde von 19 auf 15 Mitglieder verkleinert, von denen drei erstmals in das Gremium gewählt wurden.

Bei dem ersten Parteitag seit fast 14 Jahren hatten die Kommunisten am Montag zahlreiche von Raúl vorgeschlagene Wirtschaftsreformen gebilligt. Wie die Staatsmedien berichteten, billigten die 1000 Delegierten einstimmig die Vorschläge von Präsident Raúl Castro zur „Aktualisierung des Sozialismus“. Sie sehen unter anderem eine größere Autonomie für Kubas ineffiziente Staatsbetriebe und mehr private Unternehmen vor. Der Vorrang der staatlichen Planwirtschaft bleibt allerdings ausdrücklich bestehen. Im Detail sind die beschlossenen Reformen noch nicht bekannt. Sie beruhen auf 291 Richtlinien, die Castro dem Parteitag vorlegte. Sie wurden jedoch in zweitägigen Diskussionen von den Delegierten modifiziert und erweitert. Besonders ausführlich debattierte der Kongress über die mögliche Einführung des privaten Kaufs und Verkaufs von Immobilien und Autos. Beides ist bisher streng vom Staat reguliert.

Kubas Opposition zeigte sich enttäuscht, da grundsätzliche politische Themen wie Reisefreiheit oder Meinungsfreiheit nicht diskutiert wurden. Die regimekritische Bloggerin Yoani Sánchez gab sich dennoch optimistisch. „Auch die zaghaften Änderungen, die der Kongress in Angriff genommen hat, werden über kurz oder lang zum Zusammenbruch des Systems führen“, schrieb Sánchez. Sie verglich den Zustand Kubas mit demjenigen eines baufälligen Hauses in Havannas Altstadt: „Eines Tages löst jemand eine Schraube in der Tür und das ganze Gebäude stürzt ein.“

Ebenfalls noch nicht bekannt ist die neue Parteiführung, deren Wahl am Montag begann. Erster Sekretär ist bisher Fidel Castro, 84. Der Führer der kubanischen Revolution gab 2006 wegen einer Erkrankung die Staatsführung ab. Formell blieb er seither zwar Parteichef, übte aber auch dieses Amt nicht mehr aus. (afp/epd)