Bundestagsfraktionschefin Renate Künast ist in Berlin zur Spitzenkandidatin der Grünen für die Abgeordnetenwahl nominiert worden.

Berlin. Renate Künast soll die Grünen durch die Berliner Abgeordnetenwahl führen. Die 55 Jahre alte Grünen-Bundestagsfraktionschefin ist offiziell als Spitzenkandidatin für die Wahl am 18. September nominiert worden. Die Herausforderin des derzeit in Berlin Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) erhielt am Sonnabend bei einer Landesmitgliederversammlung 91,3 Prozent der Stimmen. Seit Anfang 2002 regiert in Berlin eine rot-rote Koalition.

Insgesamt stimmten 734 Mitglieder für Künast. 32 votierten mit Nein und 38 Teilnehmer enthielten sich. Mit ihrer Wahl zur Spitzenkandidatin hat Künast die bereits im November angekündigte Bereitschaft zur Kandidatur umgesetzt. Es gab keinen Gegenkandidaten. Der designierte Grünen-Ministerpräsidenten in Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, gab Künast Rückendeckung. Künast sei die Richtige für Berlin, sagte er per Videobotschaft. Er erwarte, dass im September in der Hauptstadt die zweite grün-rote Landesregierung ins Amt komme.

Zuvor hatte Künast in einer kämpferischen Rede den rot-roten Senat scharf attackiert. Die Bilanz nach mehr als neunjähriger Amtszeit von SPD und Linken sei erschütternd. So sei Berlin noch immer bundesweiter Spitzenreiter bei der Arbeitslosigkeit. Es gebe Chaos bei der S-Bahn, unzufriedene Lehrer und keine Initiativen für den Klimaschutz. "Wir haben es satt, von einem uninspirierten, ausgelaugten Senat regiert zu werden, der die Probleme ignoriert“, betonte Künast.

Die Grünen seien dagegen bereit, die Schwierigkeiten anzupacken und zu lösen. Als Kernthemen nannte sie Klima, Arbeit und Bildung. Es gehe um bessere Schulen, 100.000 neue, gute Arbeitsplätze, einen Beitrag zum Klimaschutz oder moderne Mobilität. Berlin müsse zur Klima-Hauptstadt werden. Zugleich betonte Künast, dass bei der Bildung nicht gespart werden solle.

"Wir werden mit Ehrlichkeit, Glaubwürdigkeit und Wertegebundenheit die Köpfe und Herzen der Berliner erreichen“, kündigte Künast an. Die Grünen beschäftigten sich mit den Alltagsproblemen, wollten mit den Menschen aber auch „nach den Sternen greifen“. Im Unterschied zu Rot-Rot hätten sie Visionen, wonach Berlin eine Stadt für alle sein solle, in der alle Chancen hätten und an der Zukunft mitbauen könnten.

Künast zeigte sich überzeugt, dass die Berliner den Grünen bei der Wahl das Steuer übergeben würden und sie ins Rote Rathaus einziehen könnten. „Ich bin sicher, wir können das gewinnen.“ Allerdings werde der Wahlkampf hart.

Die Grünen haben in Berlin gute Chancen, am 18. September stärkste Partei zu werden. Laut jüngster Umfrage liegen sie derzeit mit 28 Prozent vor der SPD, die auf 26 Prozent kommt. Künast will nur in die Landespolitik zurückkehren, wenn sie als Regierungschefin ins Rote Rathaus einziehen kann. Andernfalls bleibt sie auf der Bundesebene aktiv.

Von Christina Schultze