Der suspendierte Kapitän der “Gorch Fock“, Norbert Schatz, wird wahrscheinlich nicht auf das Segelschiff zurückkehren. Er soll versetzt werden.

Halle/Düsseldorf. Norbert Schatz, vorläufig vom Dienst suspendierter Kommandant des Segelschulschiffs „Gorch Fock“, wird wahrscheinlich nicht auf seinen alten Posten zurückkehren. Wie aus Marinekreisen am Dienstag in Berlin zu erfahren war, werde nach den internen Gepflogenheiten der Bundeswehr ein Offizier, der von seinen Pflichten entbunden worden ist, nach positiver Klärung aller Umstände auf einen anderen, gleichwertigen Posten mit allen weiteren Entwicklungs- und Beförderungsmöglichkeiten versetzt. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums erklärte auf Anfrage, Entscheidungen seien noch nicht gefallen.

Der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ernst-Reinhard Beck (CDU), sagte im dapd-Gespräch, im Lichte des vorliegenden Berichts der Untersuchungskommission, der am Mittwoch von Marineinspekteur Axel Schimpf im Verteidigungsausschuss vorgelegt wird, könne seines Erachtens die Ausbildung auf der „Gorch Fock“ wieder aufgenommen werden. Der vorläufig vom Kommando entbundene Kapitän Schatz sei so weit entlastet, dass ihm keine Nachteile für seine weitere Laufbahn erwachsen würden.

Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hatte Schatz wegen der Zustände auf der „Gorch Fock“ vorläufig suspendiert. Die 25-jährige Offiziersanwärterin Sarah Lena S. war am 7. November vergangenen Jahres im brasilianischen Hafen von Salvador da Bahia aus 27 Meter Höhe aus der Takelage auf Deck gestürzt. Nach ihrem Tod regte sich vehement Widerstand unter den Soldatinnen und Soldaten gegen die Schiffsführung. Die Offizieranwärter hatten ihre Beschwerden über den Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus vorgebracht.

Bei dem Untersuchungsbericht, der vom Chef des Marineamtes, Horst-Dieter Kolletschke, erstellt worden ist, geht es ausschließlich um die Vorfälle, die durch Streitigkeiten zwischen den Offiziersanwärtern und der Stammbesatzung ausgelöst worden sind. In dem nicht öffentlichen Report soll es unter anderem heißen:

„Die im Untersuchungsbericht deutlich gewordenen zwischenmenschlichen Schwierigkeiten bauen sich erfahrungsgemäß im Verlauf der sechs Wochen dauernden seemännischen Basisausbildung mit zunehmender Stehzeit an Bord und insbesondere der gemeinsamen Erlebnisse in See ab. Eine Erfahrung, die dem 3. Törn der Offiziersanwärter durch den Unfalltod (von Sarah Lena S.) am ersten Tag der praktischen Segelvorausbildung nicht vergönnt war. Durch den Abbruch der Ausbildung verfestigten sich für diese Offiziersanwärter nicht nur die noch befremdlichen Eindrücke und Erfahrungen der ersten Tage, sondern wurden durch den als traumatisch erlebten Unfalltod ihrer Kameradin sogar noch verstärkt“.

Beck sagte , es habe sich gezeigt, dass die Besonderheiten der herausfordernden Ausbildung auf einem beengten Segelschiff zu Missverständnissen und verletzten Gefühlen geführt haben. „Disziplinarisch relevant ist so etwas nicht“. Auch politisch müssten daher keine weiteren Konsequenzen gezogen werden, betonte Beck. Neben dem Bericht des Marineamtes soll ein „Havariebericht“ Auskunft über die Unfallursache des Sturzes von Sarah Lena S. geben. Darüber hinaus untersucht die Staatsanwaltschaft Kiel, wohin die „Gorch Fock“ Anfang April zurückkehrt, wer Schuld am Tod der Offiziersanwärterin trägt. (dapd)

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Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold hat die Marine aufgrund des jüngsten Untersuchungsberichts zu den Vorgängen auf der „Gorch Fock“ kritisiert. „Ich habe den Eindruck, dass die Marine hier versucht, weich zu zeichnen“, sagte er der in Halle erscheinenden „Mitteldeutschen Zeitung“ (Dienstagausgabe). Dies gelte vor allem für die Zusammenfassung. „Wenn man den Bericht genau liest, dann stellt man fest, dass es schwerwiegende Fehlentwicklungen gibt“, sagte Arnold. Dagegen wird in der CDU die Forderung nach Wiedereinsetzung des vom zurückgetretenen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) vorläufig suspendierten „Gorch-Fock“-Kapitäns Norbert Schatz laut.

Nach Angaben Arnolds sind Soldaten gezwungen worden, in die Takelage zu steigen, obwohl sie dies nicht wollten. Schikane werde in dem Bericht kleingeredet. Zudem hätten die Unteroffiziere auf dem Schiff „mehr oder weniger das Sagen“ gehabt. Arnold mahnte: „Ich erwarte, dass die Marine diese Fehlentwicklungen abstellt. Das ist nicht Sache der Politik.“ Der Bericht gelangt zu dem Schluss, dass sich die erhobenen Vorwürfe zum großen Teil als „nicht haltbar“ erwiesen hätten.

Dagegen fordert der CDU-Abgeordnete Jürgen Hardt „Gorch Fock“-Kapitän Norbert Schatz so schnell wie möglich zu rehabilitieren. „Ich kann der Marineführung nur dringend anraten, Herrn Schatz wieder in sein Kommando einzusetzen“, sagte der Marineexperte der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“ (Dienstagausgabe).

Nach dem offiziellen Bericht einer Untersuchungskommission habe keiner der Vorwürfe Substanz, die seinerzeit zur Ablösung von Schatz geführt hatten, unterstrich Hardt. „Es wäre schön, wenn die ’Gorch Fock’ in Kiel wieder unter dem Kommando von Norbert Schatz einfahren könnte“, fügte Hardt hinzu.Schatz war im Januar nach Streitigkeiten zwischen Offiziersanwärtern und der Stammbesatzung wegen vermeintlich unzumutbaren Drills auf der „Gorch Fock“ vorläufig suspendiert worden. (dapd)