Die Städte müssen die Angebote für die Bürger ausdünnen. Die Finanznot hat auch mit Hartz IV und der Grundsicherung für Rentner zu tun.

Berlin. Der Deutsche Städtetag schlägt Alarm. Die Kommunen verbuchten im vergangenen Jahr ein Rekorddefizit und so hohe Sozialausgaben wie nie zuvor. Als Folge müssten die Bürger schlechtere Angebote und höhere Gebühren in Kauf nehmen, beklagte Städtetagspräsidentin Petra Roth (CDU). Die Kommunen appellieren nun an Bund und Länder, den Verfall der finanziellen Basis in Städten und Gemeinden zu stoppen. Die Frankfurter Oberbürgermeisterin Roth bezeichnete 2010 als schwarzes Jahr für die Kommunen. Mit einem Minus von 9,8 Milliarden Euro war das Defizit um 1,4 Milliarden Euro höher als im bisherigen Rekordjahr 2003. Eine deutliche Besserung ist auch 2011 nicht in Sicht. Der Städtetag geht von einem Defizit von 9,6 Milliarden Euro aus.

„Viele Kommunen liegen auf der Intensivstation“, beschrieb Roth die Lage der Städte und Gemeinden. Auch der Aufschwung und die um 8,6 Prozent gestiegenen Gewerbesteuereinnahmen retteten die Kommunen leider nicht. Die schwerste Hypothek seien die weiter wachsenden Sozialausgaben. Die Dynamik der Sozialausgaben sei auch in Zeiten guter Konjunktur ungebrochen gewesen, berichtete der Hauptgeschäftsführer des Städtetages, Stephan Articus. Allein in den vergangenen fünf Jahren seien die Ausgaben in diesem Bereich um 20 Prozent gestiegen. 2010 gaben die Kommunen 42,2 Milliarden Euro für Soziales aus. Das waren zwei Prozent mehr als im Jahr zuvor. 2011 wird mit 43 Milliarden Euro gerechnet. Articus sprach von einem „Teufelskreis“, der nur durch nachhaltige Entlastungen der Kommunen durchbrochen werden könne.

Hilfe erwarten die Städte und Gemeinden insbesondere bei der Grundsicherung für ältere Menschen. Hier haben sich die Ausgaben seit Einführung 2003 auf rund 3,9 Milliarden Euro verdreifacht. In den Vermittlungsverhandlungen zu Hartz IV hatte der Bund angeboten, diese Kosten zu übernehmen. Nach Ansicht von Articus würde der Bund damit deutlich machen, dass die Grundsicherung für Ältere eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei. Die Kommunen setzen zudem dringend darauf, dass die Gewerbesteuer erhalten bleibt und nicht mit der geplanten Kommunalfinanzreform zur Disposition gestellt wird.

Um ihre Finanzlöcher zu stopfen, haben viele Kommunen Sparprogramme aufgelegt, die die Bürger empfindlich treffen. Vielerorts werden Zuschüsse für Sporthallen und Schwimmbäder gekürzt oder Hallen ganz geschlossen. Oft werden auch die Hunde-, Grund- und Vergnügungssteuer angehoben. Beliebtes Mittel zur Steigerung von Einnahmen ist auch die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer. Einige Kommunen reagieren auf die Finanznot zudem mit höheren Parkgebühren, höheren Beiträgen von Eltern für Kitas oder weniger Investitionen etwa in den Straßenbau. Diese Sparbemühungen könnten nicht endlos fortgesetzt werden, warnte Articus: „Sonst gleicht die städtische Infrastruktur in vielen Städten bald einer Schlaglochpiste nach der Wintersaison.“