Auch die Nachtsitzung von Opposition und Koalition brachte im Streit um die neue Hartz-IV-Reform keine Einigung.

Berlin. Die SPD hat die schwarz-gelbe Koalition dafür verantwortlich gemacht, dass der Hartz-IV-Streit noch nicht beendet ist. „Die Bundesregierung tritt weiter auf die Bremse“, sagte die SPD-Verhandlungsführerin Manuela Schwesig im Deutschlandfunk. In der Nacht zuvor war es Vertretern von Regierung und Opposition in neuneinhalbstündigen Verhandlungen nicht gelungen, einen Kompromiss zu finden. Schwesig sagte, wenn die Kommunen das Bildungspaket für Jugendliche umsetzten sollten, müssten sie auch das Geld dafür bekommen. Ihnen dürfe dafür aber nicht an einer anderen Stellen, nämlich für die Grundsicherung im Alter, etwas weggenommen werden. „Das ist wirklich Taschenspielertrick und Mogelpackung.“

In den weiterhin stockenden Verhandlungen fordert die SPD nun ein Machtwort von Kanzlerin Angela Merkel. Die CDU-Vorsitzende müsse dafür sorgen, dass „jetzt endlich eine gemeinsame Verhandlungsposition gefunden“ werde und der Korridor für die Verhandlungen bestehen bleibe, sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel in Berlin. Gabriel beklagte, CDU, CSU und FDP seien sich völlig uneinig und mit neuen Forderungen in die Verhandlungsrunde am Sonntag gegangen. Der SPD sei gleichwohl an einer Einigung gelegen. „Wir sind bereit und auch in der Lage, zu einem guten Ergebnis zu kommen. Zu einem tragfähigen Kompromiss, der kein fauler ist“, sagte Gabriel nach einer Sitzung der Parteispitze. Es sei durchaus möglich, den Zeitplan noch einzuhalten und das Thema am Freitag durch den Bundesrat zu bringen.

Das Problem für SPD und Grüne sei, dass man es mit drei Verhandlungspartner zu tun habe, „die jeweils mit unterschiedlichen Verhandlungspositionen“ anträten, sagte Gabriel. Von daher sei es gut und zwingend nötig, dass Merkel das Thema zur Chefsache mache. Sie müsse endlich dafür sorgen, dass die Regierungsposition klar sei. Arbeitsminister Ursula von der Leyen jedenfalls habe keine Prokura. Beim Regelsatz für die Hartz-IV-Empfänger, den die Koalition um fünf Euro monatlich, SPD und Grüne dagegen um elf Euro erhöhen wollen, seien auf jeden Fall Korrekturen nötig, sagte die stellvertretende SPD-Vorsitzende. „Aber die Bundesregierung hat den Regelsatz in Granit gemeißelt. Sie sagt, der darf sich gar nicht mehr bewegen.“ Da müsse die Bundesregierung die Auszeit nützen und über diesen Punkt noch einmal nachdenken. Die Gespräche sollen am Dienstag auf höchster Ebene fortgesetzt werden. Die Chancen, dass der Bundesrat, wie ursprünglich geplant, am Freitag über die Reform abstimmen kann, stehen aber schlecht.

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) warnte die Kritiker denn auch vor „Taktieren und Verzögern“. Aber auch die FDP hat kein Interesse daran, vor den Landtagswahlen ihrem Wirtschafts-Klientel ein Signal zu geben, dass man in Sachen Mindestlohn innerhalb der Koalition doch zu Zugeständnissen bereit ist. (dpa/dapd)