Er ist längst tot und liegt wie eine Mumie aufgebahrt auf dem Roten Platz. Wenn Lenin unter die Erde kommt, soll auch Stalins Leiche verschwinden.

Moskau. Es gibt Streit um den vor 87 Jahren gestorbenen russischen Revolutionsführer Wladimir Iljitsch Uljanow, genannt Lenin: Soll der in einem Mausoleum am Roten Platz in Moskau als Touristenattraktion aufgebahrte Leichnam in ein Grab? In der von Regierungschef Wladimir Putin geführten Partei Geeintes Russland mehren sich erstmals Befürworter einer Beerdigung.

Auch im Kreml gebe es viele Funktionäre, die für das umstrittene Vorhaben seien, schrieb die Zeitung „Wedomosti“. Neben den Kommunisten warnen aber auch Regierungspolitiker, dass ein Lenin-Begräbnis zur Spaltung des Landes führen könnte. „Es ist eine dumme, heidnische Mission der Liebe zu Leichen, die wir auf dem Roten Platz haben. Experten wissen, dass nur noch zehn Prozent des Körpers erhalten sind“, sagte der Parlamentsabgeordnete Wladimir Medinski von der Putin-Partei. Der Menschenrechtler Arseni Roginski von der Organisation Memorial bezeichnete Lenin als Begründer des „Staatsterrors“. Auch der ebenfalls an der Kremlmauer beerdigte Sowjet-Diktator Josef Stalin müsse von dort verschwinden.

Die Überführung des bisher für Millionenbeträge erhaltenen Lenin-Leichnams in ein Grab könnte zu einem echten Image-Projekt für Kremlchef Dmitri Medwedew werden, sagte ein Mitarbeiter der Präsidialverwaltung der Zeitung „Wedomosti“. Dabei gehe es vor allem um einen Bruch mit der umstrittenen sowjetischen Vergangenheit und einen Aufbruch in ein modernes Russland, das Medwedew immer wieder ankündige. Ein Sprecher der Kremlverwaltung sagte, dass es derzeit aber keine Pläne für ein Begräbnis gebe.

Wladimir Iljitsch Uljanow (1870-1924), genannt Lenin, gilt vielen Russen auch mehr als 90 Jahre nach der Oktoberrevolution von 1917 und dem damaligen Sturz des Zaren als Nationalheld. Die Debatte um seine Beerdigung gibt es seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion vor 20 Jahren. Der Friedensnobelpreisträger und Ex-Sowjetpräsident Michail Gorbatschow zeigte sich überzeugt, dass der Leichnam über kurz oder lang unter die Erde komme. Das Gehirn des Revolutionshelden wird in einem medizinischen Institut in Moskau aufbewahrt.