Der US-Präsident und Tausende Landsleute gedachten der sechs Toten des Anschlags. Schütze Jared L. steht vor Gericht, Giffords Zustand kritisch.

Washington/Tucson. Die Vereinigten Staaten trauern: In einer Schweigeminute haben die USA am Montag der Opfer des Anschlags von Tucson gedacht. US-Präsident Barack Obama und seine Frau Michelle traten um 11.00 Uhr (Ortszeit; 17.00 Uhr MEZ) aus dem Weißen Haus und gedachten mit gesenkten Köpfen der Toten und Verletzten der Bluttat. Auch im Kongress wurde die Schweigeminute eingehalten: Hunderte Abgeordnete und Mitarbeiter versammelten sich in Eiseskälte vor dem Kapitol. Die Fahnen in Washington waren auf Halbmast gesetzt, ebenso an Bundesgebäuden im ganzen Land. Zur Schweigeminute Obama selbst aufgerufen.

Unterdessen wurde bekannt, dass Todeschütze Jared Lee Loughner den Anschlag auf die Kongressabgeordnete Gabrielle Giffords, der in ein Blutbad mit sechs Toten und 14 Verletzten mündete, anscheinend gezielt geplant hatte. Bei einer Durchsuchung im Haus des 22-Jährigen fanden die Beamten in einem Safe entsprechende Hinweise. Der Gesundheitszustand Giffords blieb unverändert kritisch.

In den USA konzentriert sich die Debatte auf die Frage, ob das aufgeheizte politische Klima und die Stimmungsmache der Rechten gegen Giffords die Bluttat mitverursacht haben. Der Attentäter ist inzwischen des mehrfachen Mordes und versuchten Mordes angeklagt worden. Am Nachmittag (Ortszeit) sollte er erstmals einem Richter vorgeführt werden. Über die Motive des anscheinend verwirrten Todesschützen, der laut Polizei als Einzeltäter handelte, wird weiter gerätselt. Es zeichnet sich jedoch ab, dass Loughner von Giffords besessen war. Er hatte der Abgeordneten aus nächster Nähe in den Kopf geschossen.

Ihre Ärzte sind „vorsichtig optimistisch“, dass sie überleben wird. Der Chef der Neurochirurgie am Universitätsklinikum in Tucson, Michael Lemole, sagte am Montag, ihr kritischer Gesundheitszustand sei „unverändert“, was angesichts der schweren Verletzung eine gute Nachricht sei. „Aber sie ist noch nicht über den Berg“, so Lemole.

Obama und First Lady Michelle gedachten mit gesenkten Köpfen im Freien vor dem Weißen Haus schweigend der Opfer. Auf den Stufen des Kapitols versammelten sich Kongressmitglieder zum stillen Gedenken. Etliche hatten Tränen in den Augen. Auch in vielen anderen Städten der USA zeigten Menschen ihre Anteilnahme.

Unter den Funden im Haus des Attentäters war ein Briefumschlag mit verschiedenen „Botschaften“ Loughners. Sie enthielten Formulierungen wie „Mein Attentat“, „Ich habe voraus geplant“ und auch den Namen Giffords. Die Polizei entdeckte außerdem ein Schreiben mit dem Briefkopf der Abgeordneten, in dem sie sich für Loughners Teilnahme an einem Wähler-Treffen 2007 bedankte. Bizarre Erklärungen und Videos des jungen Mannes im Internet weisen auf einen wirren politischen Hintergrund hin. Dort warf er der Politik etwa „Gehirnwäsche“ vor oder forderte eine neue US-Währung.

Auch frühere Mitstudenten berichteten von einem äußerst merkwürdigen Verhalten Loughners, das ihnen Furcht eingeflößt habe. Ein ehemaliger Lehrer sagte ebenfalls: „Ich hatte Angst, er könnte eine Waffe ziehen.“ Die politische Diskussion konzentriert sich unterdessen weiter auf die Frage, ob das in den vergangenen zwei Jahren zunehmend aufgeheizte politische Klima mitverantwortlich für das Blutbad ist. Dabei zielen die Vorwürfe der demokratischen Seite, zu der Obama und Giffords gehören, auf die radikalkonservative Tea Party. Deren Leitfigur Sarah Palin war 2008 republikanische Kandidatin für das Amt des Vizepräsidenten.

Der Wahlkreis der 40-jährigen Giffords gehörte zu jenen, die auf Palins Webseite vor der Kongresswahl mit einem Fadenkreuz versehen waren. Die Exgouverneurin von Alaska hatte ihre Gefolgsleute auch aufgerufen: „Zieht euch nicht zurück – ladet nach!“. Derartige „gewalttätige Rhetorik“ trage zu einem vergifteten Klima bei, sagte der demokratische Senator Richard Durbin in einer CNN-Sendung. Nach dem Anschlag veröffentliche Palin auf ihrer Facebook-Seite einen Kondolenzbrief an die Opfer .

Durbins republikanischer Kollege Lamar Alexander warnte hingegen davor, das Attentat mit Tea Party-Äußerungen oder der Rhetorik anderer Gruppen in Verbindung zu bringen. Loughner war am Tatort von Passanten überwältigt worden, bevor er ein noch schlimmeres Blutbad anrichten konnte.

Unter den Todesopfern sind ein hochrangiger Bundesrichter und ein 30-jähriger Wahlkreis-Spitzenmitarbeiter der Abgeordneten. Auch ein neunjähriges Mädchen starb: Geboren wurde die kleine Christina am 11. September 2001, dem Tag der verheerenden Terroranschläge in den USA. Der Attentäter wurde zunächst in fünf Punkten angeklagt, und zwar wegen dreifachen versuchten Mordes und zweifachen Mordes. Dabei geht es um die Opfer, die Bundesbedienstete waren. Dazu gehören Giffords und zwei ihrer Helfer, die überlebten, sowie der getötete Richter und der Wahlkreis-Mitarbeiter.

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Entsetzen in den USA: Mit einem gezielten Kopfschuss hat ein offensichtlich verwirrter Attentäter in Arizona eine Kongressabgeordnete schwer verletzt. Der 22-Jährige feuerte mit seiner halbautomatischen Pistole auch auf weitere Menschen – sechs starben, darunter ein neunjähriges Mädchen, ein hochrangiger Bundesrichter und ein Pastor. Insgesamt 14 Menschen wurden nach offiziellen Angaben vom Sonntag im Kugelhagel teils schwer verletzt. Präsident Barack Obama reagierte erschüttert. Der Schütze wurde noch am Sonntag angeklagt.

Der Anschlag am Sonnabend vor einem Einkaufszentrum in Tucson galt laut Polizei eindeutig der demokratischen Abgeordneten Gabrielle Giffords. Die 40-Jährige hatte das Gesundheitsreformgesetz von Präsident Barack Obama vehement unterstützt und war von radikalkonservativen Gegnern ins Visier genommen worden.

Der am Tatort festgenommene Schütze wurde als Jared Lee Loughner identifiziert und bereits am Sonntag wegen zweifachen Mordes und dreifachen versuchten Mordes angeklagt. Die Klage bezieht sich zunächst auf die fünf Opfer, die Bundesbedienstete waren oder sind. Dazu zählen Giffords, ein getöteter Spitzenmitarbeiter der Abgeordneten und der ermordete Richter. Weitere Anklagen gelten als wahrscheinlich.

Der zuständige Bezirkssheriff Clarence Dupnik machte bereits offen das überhitzte politische Klima im Land und insbesondere in Arizona, dem Ziel vieler illegaler Zuwanderer aus Mexiko, für die Bluttat mitverantwortlich. Auch US-Medien warfen die Frage auf, ob und in welchem Maße die hitzige Ausländerdebatte in dem Staat und die zunehmend vergiftete Atmosphäre insgesamt zum Blutbad beitrugen.

Die Motive des Täters blieben zunächst unklar. Bizarre Erklärungen und Videos des jungen Mannes im Internet deuten jedoch auf einen wirren politischen Hintergrund hin. Ein Mann, der als möglicher Komplize gesucht worden war, hat nichts mit dem Blutbad zu tun, berichtete der Sender CNN unter Berufung auf Polizeikreise.

Am Tag nach dem Anschlag zeigten sich die behandelnden Ärzte „vorsichtig optimistisch“ über den Gesundheitszustand der Politikerin. Sie sei ansprechbar gewesen und befinde sich nun in einem künstlichen Koma, sagten die Ärzte Michael Lemole und Peter Rhee vom Traumazentrum des Universitätsklinikums in Tucson (Arizona). Die Abgeordnete sei in der Lage, „einfache Kommandos“ zu befolgen. Das zeige „ein hohes Maß an Gehirnfunktion“.

Das Verbrechen ereignete sich am Sonnabendvormittag, als Giffords Wähler vor einem Supermarkt traf. Es kam zu chaotischen Szenen und widersprüchlichen Meldungen: So hieß es zunächst, auch Giffords sei ums Leben gekommen. Augenzeugen sprachen von einer „Hölle“. Es seien zwischen 15 und 20 Schüsse abgefeuert worden. Der Täter habe die Abgeordnete aus nächster Nähe in den Kopf geschossen.

Dabei ist es anscheinend drei Passanten zu verdanken, dass das Blutvergießen nicht noch schlimmer ausfiel. Eine selbst von einer Kugel getroffene Frau hatte dem Täter mutig das Waffen-Magazin entrissen, als er es wechseln wollte, wie Sheriff Dupnik schilderte. Wenig später wurde der Schütze dann von zwei männlichen Passanten überwältigt.

Medienberichten zufolge wetterte der Täter im Internet gegen die Regierung. In sozialen Netzwerken warf er der Politik „Gehirnwäsche“ vor, beklagte sich über eine hohe Zahl von Analphabeten und forderte eine neue US-Währung. Schriften von Karl Marx und Friedrich Engels zählte er ebenso zu seiner Lieblingslektüre wie Hitlers „Mein Kampf“.

Präsident Obama sprach von einer „unsagbaren Tragödie“. Gewalt dürfe keinen Platz in der Politik haben. Ähnlich äußerten sich auch der republikanische Präsident des Abgeordnetenhauses, John Boehner. Dupnik legte die Finger in die Wunde: Eine aufgeheizte Stimmung wie die in Arizona könne psychisch labile Menschen beeinflussen. „Wir sind zu einem Mekka des Hasses und der Vorurteile geworden“, sagte er. Das Abgeordnetenhaus in Washington sagte alle Sitzungen in der nächsten Woche ab.

Giffords ist seit 2007 Kongressabgeordnete. Sie gilt als moderate, aber kämpferische Demokratin, die nicht immer auf Parteilinie liegt. So trat sie etwa im Widerspruch zu vielen Parteifreunden seit langem für das Recht auf Schusswaffen ein. Vor allem ihr entschiedenes Eintreten für die Gesundheitsreform machte sie zur Zielscheibe der fundamentalistischen Tea Party-Bewegung und anderer Radikalkonservativer. Im Kongresswahlkampf 2010 gehörte ihr Wahlkreis zu jenen, die auf der Webseite der Exgouverneurin von Alaska, Sarah Palin, mit einem Fadenkreuz versehen waren.

Palin sprach der Familie von Giffords und den Angehörigen der Opfer kurz nach dem Blutbad ihre Anteilnahme aus. Sie und ihre Familie beteten für die Opfer „und für Frieden und Gerechtigkeit“.

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Attentat auf Giffords: Rätseln über Motive von Jared L.

„Ich kann es einfach nicht glauben“, sagt eine Frau vor dem University Medical Center in Tucson. Sie ringt um Fassung – drinnen ringt die US-Kongressabgeordnete Gabrielle Giffords mit dem Tod. Fassungslosigkeit herrscht am Sonntag in der Stadt im US-Bundesstaat Arizona, nachdem am Vortag ein junger Mann bei einer Veranstaltung der Demokratin insgesamt 18 Menschen niedergeschossen hatte – sechs von ihnen starben. Und Fassungslosigkeit herrscht auch im politischen Washington. Wie konnte so etwas passieren?, lautet eine von vielen Fragen, die ein Schlaglicht auf eine Nation werfen, deren politische Lager so tief gespalten sind wie lange nicht mehr.

Während die Motive des 22-jährige mutmaßlichen Täters Jared Lee L. noch im Dunkeln liegen, ist der Tathergang weitgehend rekonstruiert: Die 40-jährige Giffords hält am Sonnabend vor einem Einkaufszentrum eine ihrer Bürgerbegegnungen ab, die sie seit den für die Demokraten verlorenen Kongresswahlen häufiger veranstaltet. Ihren Sitz im Abgeordnetenhaus hatte die zweifache Mutter am 2. November nur denkbar knapp gegen die ultrakonservative Tea Party-Bewegung behauptet. Die Unterstützerin von Präsident Barack Obamas Gesundheitsreform geriet ins Visier von deren Frontfrau Sarah Palin. Die Republikanerin bezeichnete Giffords Mandat als eines ihrer „Ziele“.

Mit einem gezielten Kopfschuss wird Giffords von dem Täter niedergestreckt. Sechs Menschen, darunter eine Neunjährige und ein Bundesrichter, sterben im Kugelhagel, elf weitere werden verletzt. „Es war wie ein Feuerwerk“, erinnert sich Restaurantbesitzer Tony Martinez, der Einkäufe erledigte. Giffords Körper sei mit einem Tuch bedeckt worden. In Medienberichten ist schnell die Rede von ihrem Tod. Doch dann heißt es, sie lebe – die Ärzte sprechen von einem Durchschuss durchs Gehirn. Chefunfallchirurg Peter Rhee äußert sich zunächst sogar „optimistisch“. Ein anderer Arzt dämpft die Zuversicht aber später: Es sei eine „verheerende Wunde“.

Verheerend für den politischen Diskurs im Land waren in den vergangenen Monaten viele Äußerungen – vor allem von Tea-Party-Vertretern und den ihnen gewogenen konservativen Medien. Obama als Hitler auf Protestplakaten gegen die Gesundheitsreform gehörte zu besonders entwürdigenden Entgleisungen.

Jared Lee L., der laut Polizei vermutlich einen Komplizen hatte, dürfte anfällig gewesen sein für Hasspropaganda. Im Internet ließ er im Sozialnetzwerk MySpace und auf YouTube Blicke in sein Innerstes zu, gab als Lieblingsbücher Hitlers „Mein Kampf“ an, faselte von der der Schaffung einer „neuen Währung“, bezeichnete andere Menschen in Giffords Wahlkreis als „Analphabeten“ und machte seiner Wut über seine Lehrer und seine Schule Luft, von der er rausgeflogen war. Wenige Stunden vor seiner Tat schrieb L., den die US-Armee nicht haben wollte und dem ein psychiatrisches Gutachten bescheinigte, für andere keine Gefahr zu sein: „Goodbye“ und: „Bitte, seid nicht sauer auf mich.“

Giffords bot Menschen wie dem mutmaßlichen Täter viele Angriffspunkte. Die dem konservativen Lager der Demokraten zugehörige Politikerin stimmte für Obamas Gesundheitsreform, die dem Land einen regelrechten Glaubenskrieg bescherte und selbst Obamas Demokraten spaltete. Sie ist zudem die erste jüdische Abgeordnete Arizonas. und sie widersetzte sich den scharfen Einwanderungsgesetzen ihrer republikanischen Gouverneurin Jan Brewer.

Sheriff Clarence Dupnik erinnerte an zwei Vorfälle aus dem Wahlkampf Giffords: Einmal habe einer unter den Zuhörern eine Schusswaffe zum Vorschein gebracht, ein anderes Mal wurden Fenster von Giffords Wahlkreisbüro eingeschlagen. Auch der am Sonnabend getötete Bundesrichter John Roll hatte Drohungen erhalten.

Obama sprach nach dem Blutbad von einer „Tragödie“. Brewer sorgte sich um Arizonas Ruf. Palin teilte mit, sie bete für die Opfer. Und Frank Woerth, ein Augenzeuge, beklagte: Menschen wie L. hörten auf „diese Idioten im Fernsehen und in den Blogs“. Und dann sagt er: „Macht ihm den Prozess, gebt ihm 30 Tage und dann tötet ihn.“

Lesen Sie hierzu auch den Bericht von Terry Tang und Amanda Lee Myers:

Schuldgefühle bei Sarah Palin? Nach dem Anschlag auf die Kongressabgeordnete Gabrielle Giffords in Arizona hat die Galionsfigur der Ultrakonservativen den Opfern und den Angehörigen der schwer verletzten Demokratin ihr Beileid ausgesprochen. Vor den Wahlen im vergangenen November hatte die Frontfrau der erzkonservativen Tea-Party-Bewegung Giffords Mandat als eines der wichtigsten „Ziele“ bezeichnet. Als Grund nannte sie die Unterstützung der Demokratin für die Gesundheitsreform.

Giffords erklärte damals, Palin habe mit dieser Darstellung ihren Bezirk in eine Art Fadenkreuz gerückt. „Wenn Menschen das tun, müssen sie begreifen, dass es für diese Handlung Konsequenzen gibt“, hatte Giffords in einem Interview des Senders MSNBC erklärt. Die Abgeordnete hatte sich bei der Wahl im vergangenen Jahr knapp gegen einen Konkurrenten der Tea Party durchgesetzt. Giffords hat sich vor allem wegen ihrer Unterstützung für die Gesundheitsreform bei rechten Wählern unbeliebt gemacht. Ihr Büro in Tucson wurde im März vergangenen Jahres verwüstet, wenige Stunden, nachdem das Repräsentantenhaus für die Reform gestimmt hatte.

Unterdessen fahndet die Polizei in Arizona nach einem möglichen Mittäter Jared L.s. Der 22-Jährige hatte am Sonnabend vor einem Supermarkt in Tucson die US-Kongressabgeordnete Giffords schwer verletzt und sechs Menschen getötet. Wie der zuständige Sheriff Clarence Dupnik am Sonnabendabend (Ortszeit) mitteilte, suchen die Behörden nach einem möglichen Komplizen „in den Fünfzigern“, der mit dem Schützen zum Tatort gekommen sei, aber keine Schüsse abgegeben habe. Dupnik sagte vor Journalisten weiter, dass die 40-jährige Abgeordnete Giffords das Ziel des Anschlags gewesen sei.

Nach Angaben des Sheriffs schoss der Täter, den Medien als 22-jährigen Jared L. identifizierten, aus einer halbautomatischen Pistole. Insgesamt 19 Menschen hätten Schusswunden erlitten, fünf von ihnen seien noch am Tatort gestorben. Unter den Toten sind neben einem neunjährigen Mädchen auch der wichtigste Bundesrichter aus Arizona sowie ein Mitarbeiter Giffords'. Dupnik zufolge hätte der Täter wahrscheinlich weiter geschossen, hätten ihn nicht zwei „mutige“ Personen am Ort überwältigt.

Dupnik bestätigte, dass der Schütze „geistige Probleme“ und einen „kriminellen Hintergrund“ habe. Einzelheiten wollte er nicht mitteilen, nur, dass es Probleme während seiner Collegezeit und von seiner Seite auch Morddrohungen gegeben habe, allerdings nicht gegen die Abgeordnete.

Dupnik beklagte in diesem Zusammenhang ein hassvolles Klima in Arizona, das – wie er andeutete – unstabile Menschen beeinflussen könne. Wörtlich sagte er: „Wir sind zu einem Mekka des Hasses und der Vorurteile geworden.“

Wie weiter bekanntwurde, hatte sich der Schütze in der Vergangenheit beim Militär beworben, war aber abgewiesen worden. In der Schule sei er ein Einzelgänger gewesen.

Unterdessen befindet sich die Demokratin Giffords weiter in kritischem Zustand. Der Fernsehsender CNN berichtete, Giffords sei operiert worden. Der Arzt Peter Rhee von der Universitätsklinik in der Stadt Tucson habe sich „sehr optimistisch“ über die Überlebenschancen der Demokratin geäußert. „Ich bin ungefähr so optimistisch, wie es in dieser Situation geht“, zitierte CNN den Mediziner. Rhee erklärte, Giffords sei nach dem chirurgischen Eingriff auf die Intensivstation verlegt worden.

Das Blutbad ereignete sich vor einem Lebensmittelgeschäft in einem Einkaufszentrum. Ein Mitarbeiter Giffords', Mark Kimball, beschrieb die Szene während der Schießerei als ein „komplettes Chaos“. Der bewaffnete Täter habe das Feuer auf Giffords und ihren Bezirksdirektor eröffnet. Dann habe er damit angefangen, wahllos auf Mitarbeiter der Demokratin und Menschen zu schießen, die sich angestellt hätten, um mit der Kongressabgeordneten zu sprechen.

US-Präsident Barack Obama nannte das Blutbad „eine Tragödie für Arizona und eine Tragödie für unser gesamtes Land“. Nicht nur Mitglieder der Demokraten äußerten sich über die Geschehnisse in Tucson schockiert. Der neue Präsident des Repräsentantenhauses, der Republikaner John Boehner, zeigte sich erschüttert über den Angriff auf Giffords und ihre Mitarbeiter. „Ein Angriff auf jemanden, der (der Öffentlichkeit) dient, ist ein Angriff auf alle, die dienen“, sagte er.

Senator John McCain aus Arizona erklärte, das Attentat habe die gesamte Nation erschüttert. Die Gouverneurin von Arizona, Jan Brewer, sagte, sie sei todunglücklich über die Geschehnisse in Tucson. Der gesamte US-Staat sei traurig.

Vor Giffords' Büro in Washington wurden mehrere Mitarbeiter des Kongresses dabei beobachtet, wie sie mit Taschen in das Gebäude gingen, einige von ihnen hatten Tränen in den Augen. Vor der Tür zum Büro waren gelbe Blumen niedergelegt.

Der nach dem Anschlag festgenommene Schütze veröffentlichte vor der Bluttat im Internet offenbar einen Abschiedsgruß. Bei dem 22-Jährigen handelt es sich um einen Mann namens Jared L., wie die Nachrichtenagentur AP aus Ermittlerkreisen erfuhr. Auf einer MySpace-Seite von L., die am Sonnabend von den Ermittlern untersucht wurde, heißt es: „Auf Wiedersehen, meine Freunde“. Die Seite wurde am Sonnabend entfernt, kurz nachdem der Bewaffnete von den US-Behörden identifiziert wurde. „Bitte seid mir nicht böse“, schrieb er demnach wenige Stunden vor der Schießerei weiter.

Vor einigen Wochen wurden zudem ein Video auf YouTube veröffentlicht, in dem L. die Erfindung einer neuen amerikanischen Währung beschreibt. Außerdem kritisiert er die hohe Analphabetenrate im Kongressbezirk der Abgeordneten Gabrielle Giffords. Fast alle, die keine genauen Informationen über eine neue Währung hätten, „sind sich nicht über die Methoden von Gedankenkontrolle und Gehirnwäsche im Klaren“, heißt es in dem mysteriösen Text vor dunklem Hintergrund weiter.

Nach der Schießerei fanden die Behörden ein verdächtiges Päckchen in Giffords' Hauptquartier in Tucson. Es habe sich jedoch als ungefährlich erwiesen, teilte ein Sprecher der Polizei später mit. Ein Beamter habe in Giffords' Büro einen seltsamen Gegenstand entdeckt, der einer Kaffeedose geähnelt habe. Der verdächtige Gegenstand wurde von Bombenexperten untersucht.

Giffords, die mit dem NASA-Astronauten Mark Kelly verheiratet ist, wurde im November für den Kongress wiedergewählt und setzte sich knapp gegen einen Bewerber der erzkonservativen Tea Party durch. Zuvor hatte die Demokratin Mandate in Arizona inne. Sie ist als mögliche Bewerberin für einen Senatssitz im Gespräch, außerdem für das Amt des Gouverneurs von Arizona, der im Jahr 2014 neu gewählt wird.

Vor allem wegen ihrer Unterstützung für die Gesundheitsreform machte sie sich bei etlichen rechten Wählern unbeliebt. Ihr Büro in Tucson wurde im März vergangenen Jahres verwüstet, wenige Stunden, nachdem das Repräsentantenhaus für die Reform gestimmt hatte.

Sheriff Dupnik sagte, es gebe eine hasserfüllte politische Rhetorik in den USA. „Der Ärger, der Hass, die Bigotterie, die es in diesem Land gibt“, würden abscheuliche Ausmaße annehmen, sagte Dupnik. „Und bedauerlicherweise glaube ich, dass Arizona die Hauptstadt geworden ist. Wir sind zum Mekka für Vorurteile und Bigotterie geworden.“ (dapd/dpa/abendblatt.de)