Die Linke-Chefin wehrt sich erneut gegen Kritik an ihren umstrittenen Äußerungen. Gysi geht auf Distanz, SPD-Chef Gabriel schließt Rot-Rot aus.

Berlin. Die Vorsitzende des Linkspartei, Gesine Lötzsch, hat sich erneut zu ihren umstrittenen Ausführungen zum Kommunismus geäußert. „Ich bin keine Kommunistin, sondern eine demokratische Sozialistin“, sagte die Parteichefin der Zeitung „Welt am Sonntag“. Die Arbeit für einen demokratischen Sozialismus sei ihr eigenes Ziel und das Ziel ihrer Partei. Der Kommunismus hingegen sei eine „utopische Ideologie“ und sie könne ihn sich „jetzt gar nicht vorstellen“, sagte Lötzsch der Zeitung.

Sie stellte vor diesem Hintergrund klar, dass es innerhalb der Linkspartei eine Übereinstimmung gebe, „dass wir uns von den Verbrechen des Stalinismus und von den Verbrechen, die im Namen des Kommunismus begangen wurden, distanzieren“. Sie lasse sich hinsichtlich dieser Linie „nichts unterschieben“, sagte sie mit Blick auf ihre Kritiker.

Lötzsch war in die Kritik geraten, weil sie in einem Beitrag für die linksgerichtete Tageszeitung „Junge Welt“ geschrieben hatte, die Linke könne nach „Wegen zum Kommunismus“ suchen. Sie stellte aber klar, dass sie nicht den Kommunismus, sondern den demokratischen Sozialismus anstrebe. Sie war dafür parteintern, aber auch über die Linke hinaus kritisiert worden.

Bereits am Sonnabend hatte Lötzsch die Vorwürfe, keine Demokratin zu sein, in Berlin als „Unverschämtheit“ bezeichnet. Zuvor hatte sie bei einer Parteiveranstaltung in Hamburg die Reaktionen „hysterisch“ genannt.

SPD-Chef Sigmar Gabriel erteilte wegen der Kommunismus-Äußerungen einer rot-roten Koalition auch nach der Bundestagswahl 2013 eine Absage. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier schloss eine Koalition für den Fall aus, dass sich Linke-Führungskräfte zum Kommunismus bekennen.Auch in der Partei muss sich Lötzsch weiter Kritik gefallen lassen. Lötzsch hatte in der marxistischen Zeitung „Junge Welt“ geschrieben: „Die Wege zum Kommunismus können wir nur finden, wenn wir uns auf den Weg machen und sie ausprobieren, ob in der Opposition oder in der Regierung.“ Sie bekräftigte am Samstagabend bei der Rosa-Luxemburg-Konferenz in Berlin, sie sei in dem Artikel zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kapitalismus „nicht das Ende der Geschichte ist“ und dem demokratischen Sozialismus die Zukunft gehöre. So stehe es auch im Programmentwurf der Linke, die eine demokratische Partei sei, die das Land mit demokratischen Mitteln grundsätzlich verändern wolle.

Zugleich wehrte sie sich gegen Kritik von Linke-Fraktionschef Gregor Gysi. Er habe zwar Recht, wenn er sagte, dass die Menschen beim Begriff Kommunismus an Stalin und die Mauer dächten. „Gysi hat aber nicht Recht, wenn er meint, dass man den Begriff des Kommunismus nicht mehr verwenden darf“, sagte Lötzsch unter Applaus.

An der Podiumsdiskussion mit der früheren RAF-Terroristin Inge Viett und der Vorsitzenden der Deutschen Kommunistischen Partei, Bettina Jürgensen, nahm sie entgegen ursprünglichen Planungen nicht teil. Gysi hatte mit Blick auf die Veranstaltung im „Tagesspiegel“ (Sonnabend) erklärt: „Man kann mit vielen Leuten diskutieren. Dennoch wäre ich in diesem Fall vorsichtiger gewesen.“

Vor dem Veranstaltungsort demonstrierten rund 40 Mitglieder der Vereinigung der Opfer des Stalinismus. Sie gerieten mit Sympathisanten aus der linken Szene in Streit. Ein Mensch wurde durch einen Faustschlag im Gesicht verletzt, wie die Polizei mitteilte. Drei Menschen wurden festgenommen.

Gabriel sagte der „Süddeutschen Zeitung“ (Sonnabend): „Wer glaubt, den Kommunismus ausprobieren zu müssen, sei es in der Opposition oder gar in einer Regierung, dem kann wohl niemand mehr helfen.“ Er legte unzufriedenen Linke-Mitgliedern, „die diesen Unsinn leid sind“, einen Wechsel zur SPD nahe.

Steinmeier sagte dem „Tagesspiegel“ (Sonntag): „Sollte das Führungspersonal der Linkspartei 2013 den Kommunismus als Ziel ihrer Politik ausgeben, wird sie in der deutschen Politik keine Koalitionspartner finden. Auch nicht die Sozialdemokratie.“ Linke-Fraktionschef Gregor Gysi wiederholte beim Wahlparteitag der Hamburger Linken seine Kritik an den umstrittenen Lötzsch-Äußerungen, nahm die Politikerin aber auch in Schutz. „Man hätte den einen oder anderen Satz anders formulieren können und ein oder zwei Sätze fehlen auch“, sagte er. „Aber ihr etwas zu unterstellen, was sie nicht gesagt hat, ist grob unfair.“ Die Linke habe sich bewusst entschieden, keine kommunistische Partei zu sein.

Linke-Fraktionsvize Dietmar Bartsch sagte im Deutschlandradio Kultur: „Wir haben uns auf den Weg gemacht 1989 und unwiderruflich mit stalinistischen Methoden gebrochen. Das muss ganz, ganz klar sein.“ Als „irre“ wies Bartsch im RBB-Inforadio Forderungen aus der CSU nach einem Verbotsverfahren für die Linke zurück. Der frühere Linke-Bundesvorsitzende und jetzige Saar-Fraktionschef Oskar Lafontaine sagte dem Onlineportal „stern.de“: „In Deutschland werden mit dem Kommunismus der Mauerbau und die Verbrechen Stalins verbunden. Damit hat die Linkspartei nichts am Hut.“

FDP-Chef Guido Westerwelle sagte der „Welt am Sonntag“: „Ich habe mir nicht vorstellen können, dass wir im Deutschen Bundestag eine Parteivorsitzende haben, die ernsthaft dazu aufruft, wieder Wege in Richtung Kommunismus zu probieren.“ Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“: „So lange die SPD mit den Linken in Berlin, Brandenburg oder auch in Nordrhein- Westfalen zusammenarbeitet, ist die Aussage des SPD- Vorsitzenden Sigmar Gabriel nicht glaubwürdig.“ (dpa/afp)