Die Vermittlung steht unter keinem guten Stern. Die Verhandlungsführer bei der Neuregelung von Hartz IV werfen sich Erpressung und Blockade vor.

Hamburg. Erpressung oder ausgestreckte Hand? Die Verbalschlacht um Hartz IV, die neuen Regelsätze und das Bildungspaket tobt weiter, während sich die Verhandlungsführer an diesem Freitag auf einen Kompromiss einigen wollen. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sagte: Obwohl die Bundesregierung der Opposition im Vermittlungsausschuss beim Mindestlohn entgegenkomme, rückten SPD und Grüne „kein Jota“ von ihren Maximalforderungen ab. Im Deutschlandfunk sagte sie: „Jetzt sollte man einfach mal die ausgestreckte Hand und das Gesprächsangebot annehmen.“

Die SPD will unter anderem eine Neuberechnung der Hartz-IV-Leistungen und Fortschritte beim Mindestlohn erreichen. Von der Leyen bekräftigte, dass es beim Mindestlohn in der Zeitarbeit eine Einigung geben könne. Einen flächendeckenden Mindestlohn lehnte sie jedoch ab. „Das würde Arbeitsplätze zerstören.“

Zum Streit um die Höhe der Hartz-IV-Regelsätze sagte von der Leyen, umfangreiche Berechnungen des Ministeriums lägen seit drei Monaten auf dem Tisch: „Ich habe bisher ehrlich gesagt noch keine konkrete und plausible Gegenrechnung der Opposition gesehen.“ Sie erwarte, dass die Opposition „jetzt sagt, wie hoch der Regelsatz aus ihrer Sicht sein soll und warum“. Die Hartz-IV-Reform war Mitte Dezember im Bundesrat am Widerstand der SPD-geführten Länder gescheitert. Damit verschiebt sich die Auszahlung der neuen Leistungen, obwohl sie den Hartz-IV-Empfängern von Januar 2011 an zustehen.

SPD-Verhandlungsführerin Manuela Schwesig hat von der Leyen erneut Erpressung vorgeworfen. Die Erhöhung der Regelsätze um fünf Euro und die Leistungen für Kinder könnten schon jetzt ausgezahlt werden, sagte Schwesig in der ARD. Schwesig forderte von der Bundesregierung, sich an den Kosten für mehr Schulsozialarbeiter zu beteiligen. Anstatt sozial benachteiligte Kinder zu fördern, wolle von der Leyen diese von der Arbeitsagentur verwalten lassen. Die CDU-Ministerin dürfe den „Bogen nicht überspannen“.

Niedersachsens Wirtschaftsminister Jörg Bode (FDP) hält Verbesserungen beim Bildungspaket für ärmere Kinder für notwendig. „Bei der Umsetzung müssen wir schauen, ob wir mehr Geld für Kinder und weniger für Bürokratie ausgeben“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Für die Organisation der geplanten Bildungsangebote für Kinder aus armen Familien hat der Bund 1300 Stellen eingeplant. „Es muss einen Weg geben, dass wir nicht noch 1300 Leute bezahlen müssen“, sagte Bode. Er hält es nicht für sinnvoll, zur Umsetzung der Bildungsangebote eine neue Verwaltung bei den Arbeitsagenturen zu schaffen. Aus seiner Sicht sollte die Praxis weitgehend den Kommunen selber überlassen werden.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat Bund und Länder aufgefordert, sich im Streit über die Schulsozialarbeit für Hartz-IV-Kinder aufeinander zu zu bewegen. Der Einsatz von Schulsozialarbeitern zur Unterstützung der betroffenen Kinder aus armen Familien sei ein „entscheidender Schritt zur individuellen Förderung und zur Verbesserung ihrer Bildungschancen“, schreibt die Gewerkschaft in einem offenen Brief an die Mitglieder des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat. Die Ablehnung von Schulsozialarbeit mit dem Hinweis auf die Kulturhoheit der Länder gehe „an der Sache vorbei“, heißt es in dem Brief. Nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz habe der Bund durchaus die Möglichkeit, hier tätig zu werden und Sozialarbeit an Schulen finanziell zu fördern.

Nach Berechnungen des Bundesarbeitsministeriums würde der Einsatz von Schulsozialarbeitern an den 43.000 deutschen Schulen zwischen 1,5 und 2,7 Milliarden Euro im Jahr kosten. Arbeitsministerin von der Leyen hat bisher die Forderungen der Opposition nach Einsatz von Schulsozialarbeitern mit Hinweis auf die mit der Föderalismusreform festgelegte Aufgabenteilung zwischen Bund und Ländern abgelehnt.