Die Anhänger von Karnevalsänger Sweet Micky Martelly protestieren. Haitis Regierungskandidat Célestin geht in die Stichwahl.

Port-au-Prince. In Haiti haben Anhänger des unterlegenen Präsidentschaftskandidaten Michel Martelly am Dienstagabend (Ortszeit) brennende Barrikaden errichtet. Wie Haiti Press Network berichtete, protestierten die Demonstranten in der Hauptstadt Port-au-Prince und zwei weiteren Orten damit gegen das kurz zuvor veröffentlichte Wahlergebnis. Laut Wahlbehörde werden am 16. Januar die Favoritin Mirlande Manigat und der Regierungskandidat Jude Célestin zur Stichwahl um die Präsidentschaft antreten. An dritter Stelle folgt mit 7000 Stimmen Abstand der in Haiti populäre Sänger Martelly, der somit ausscheidet.

Die USA zeigten sich besorgt und äußerten Zweifel an der Richtigkeit des amtlichen Ergebnisses . Es stimme nicht mit den Ergebnissen von nationalen und US-amerikanischen Wahlbeobachtern überein, hieß es in einer Erklärung der US-Regierung. Am Tag zuvor hatte der nationale Wahlbeobachtungsrat eine Stichwahl zwischen Manigat und dem Sänger Martelly vorausgesagt. Martelly ist als Karnevalsänger „Sweet Micky“ sehr beliebt bei den Haitianern. Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon rief alle Beteiligten dazu auf, das Gesetz zu respektieren und weitere Gewalt zu vermeiden.

Bereits die Präsidenten- und Parlamentswahlen am 28. November waren von gewalttätigen Ausschreitungen geprägt. Unabhängige Beobachter kritisierten zahlreiche Unregelmäßigkeiten. Elf der offiziell 19 Kandidaten fordern seither die Annullierung der Wahl, weil sie Betrug vermuten. Die Wahlbeteiligung betrug laut Wahlbehörde 22,9 Prozent. Dabei erhielt Manigat 31,4 Prozent der Stimmen, gefolgt von Célestin (22,5 Prozent) und Martelly (21,8 Prozent).

Bis zum 20. Dezember läuft jetzt eine Frist, in der Einsprüche gegen das vorläufige Ergebnis vorgebracht werden können. Die erste Runde der Wahl am 28. November war chaotisch. Fast alle aussichtsreichen Kandidaten warfen Staatschef René Préval und der Wahlbehörde Betrug vor und erklärten, der Amtsinhaber wolle die Abstimmung zugunsten Celestins beeinflussen. Bei Zusammenstößen zwischen Anhängern rivalisierender Kandidaten gab es mehrere Tote. Bei der Auszählung wurden klar manipulierte Strichlisten entdeckt. Uno-Generalsekretär Ban sagte, die Probleme mit der Wahl seien schlimmer als erwartet gewesen. Uno-Friedenssoldaten und die OAS-Caricom erklärten aber, die Probleme machten die Wahl nicht ungültig. Die Organisation der Abstimmung war auch davon erschwert worden, dass nach dem verheerenden Erdbeben in Haiti vom Anfang des Jahres weite Teile des zu den ärmsten Ländern der Welt zählenden Karibikstaats noch immer verwüstet sind.