Die Konjunktur zieht an, Steuerquellen sprudeln kräftiger, es gibt mehr Jobs. Kassenwart Schäuble hält dennoch am Sparkurs fest.

Berlin. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) stellt die Weichen für den Ausstieg aus den gigantischen Hilfspaketen gegen die Krise. Nach Rekordschulden in diesem Jahr will er in den nächsten Jahren mit deutlich weniger Krediten auskommen als bisher geplant.

Bis zum Jahr 2014 soll die Neuverschuldung auf 24,1 Milliarden Euro gedrückt und damit weit mehr als halbiert werden – gemessen an der für dieses Jahr erwarteten Nettokreditaufnahme von 65,2 Milliarden Euro. Trotz besser laufender Konjunktur tritt der Bund auch bei den Ausgaben kräftig auf die Bremse. Das geht aus dem Entwurf für den Bundeshaushalt 2011 und den Finanzplan für die nächsten vier Jahre hervor.

Mit dem Zahlenwerk, das an diesem Mittwoch vom Kabinett beschlossen werden soll, setzt Berlin nicht nur die Vorgaben der neuen Schuldenbremse im Grundgesetz um. Eingehalten werden auch die Zusagen an die EU-Kommission und die wichtigsten Wirtschaftsnationen der Welt (G20) zum Abbau der Defizite nach der Wirtschaftskrise.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wandte sich trotz verbesserter Steuereinnahmen gegen Abstriche am Sparkurs. „Ich sage dazu ein klares Nein“, sagte sie am Wochenende in einer Videobotschaft.

WIRTSCHAFTSFORSCHER WARNEN VOR SPARKURS

In der Kabinettsvorlage heißt es. „Der Ausstieg aus den in der Krise ergriffenen umfangreichen konjunkturstützenden Maßnahmen ist alternativlos und muss nun vollzogen werden.“

Im Vergleich zum alten, inzwischen völlig überholten Finanzplan der Vorgängerregierung will die schwarz-gelbe Koalition fast 80 Milliarden Euro weniger Schulden machen. Darin spiegelt sich auch das Sparpaket wider. Das größte Sanierungsprogramm in der Nachkriegs- Geschichte sieht bis 2014 Entlastungen von 82 Milliarden Euro vor.

Schäuble profitiert schon in diesem Jahr von unerwartet hohen Steuereinnahmen, geringeren Kosten für den Arbeitsmarkt und Zinsen sowie Milliarden-Erlösen aus dem Verkauf von Mobilfunklizenzen. Auch für die Folgejahre unterstellt die Bundesregierung einen anhaltend positiven Trend bei Wachstum und Beschäftigung.

Gegenüber dem alten Finanzplan fallen die Ausgaben im nächsten Jahr mit rund 307 Milliarden Euro deutlich niedriger aus. Sie sollen in den Folgejahren auf 301 Milliarden Euro sinken.

Grünen-Experte Alexander Bonde kritisierte, mit den Plänen könne die Schuldenbremse nur auf dem Papier eingehalten werden. Wesentliche Vorhaben des Sparpakets seien noch unkonkret und nur Wunschdenken. SPD-Fraktionsvize Joachim Poß sprach von „Luftbuchungen“. Die jetzt bessere Konjunktur gehe auf die Politik der großen Koalition zurück.

Schäuble trifft auch Vorsorge, um das Hartz-IV-Urteil des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen. Bis Ende 2010 müssen die Regelsätze für Kinder von Langzeitarbeitslosen neu bestimmt werden. Dafür sind ab 2011 jährlich 480 Millionen Euro vorgesehen. Daraus lässt sich aber nicht ableiten, wie die Neuregelung im Detail aussehen könnte und ob Hartz-IV-Empfänger mehr Geld bekommen.

Auch für das ehrgeizige Bildungsprogramm können sich die Ressorts noch Maßnahmen „ausdenken“, wie sie 2013 rund 682 Millionen Euro und im Folgejahr 459 Millionen für neue Maßnahmen ausgeben.

Neben diesen reservierten Ausgaben gibt es aber auch unkonkrete Sparvorgaben, die wegen der Schuldenbremse noch erwirtschaftet werden müssen. Für 2014 müssen die Ressorts immerhin noch 4,8 Milliarden Euro erbringen – über weitere Kürzungen oder zusätzliche Einnahmen.

Die bessere Arbeitsmarktentwicklung nutzt der Bund, um der Bundesagentur für Arbeit (BA) wieder ein rückzahlbares Darlehen zu gewähren – statt des einmaligen Zuschusses in diesem Jahr zum Defizitausgleich infolge der Krise. 2011 soll der BA-Kredit mehr als 6 Milliarden Euro umfassen. Ab 2013 dürfte die BA aus Sicht der Bundesregierung Überschüsse erzielen und die Darlehen zurückzahlen.

Der unverhoffte Geldsegen führt schon in diesem Jahr dazu, dass Schäuble mit knapp 15 Milliarden Euro weniger neuen Krediten planen kann. Die angepeilten 65 Milliarden sind immer noch die mit Abstand höchste Neuverschuldung des Bundes. 2011 sollen es 57,5 Milliarden sein. Hinzu kommen noch Milliarden-Schulden in Sondervermögen für den Bankenrettungsfonds SoFFin und das Konjunkturpaket.

Die verbesserte Finanzlage hat auch zur Folge, dass das für die Schuldenbremse entscheidende „strukturelle Defizit“ – die um Konjunktur- und Einmaleffekte bereinigte Lücke – 2010 geringer ausfällt. Durch diese günstigere Ausgangslage reduziert sich der jährliche Sparbedarf nach der Schuldenbremse auf rund 7 Milliarden Euro. Bisher waren 10 Milliarden pro Jahr veranschlagt.